Wundertüte Centrotherm: Platz für 2000 Pygmäen

Als „Jahrhundertchance“ wurde und wird das geplante Veranstaltungshaus am Seerhein bezeichnet. Rund 17 Millionen Euro sollen fließen für Kauf, Umbau und Ausstattung des Centrotherm, das angeblich auch ein Haus „für alle Konstanzerinnen und Konstanzer“ werden soll. Doch schon tauchen erste Zweifel am Sinn des teuren Vorhabens auf. Damit diese nicht größer werden, tritt der Südkurier auf den Plan und gebärdet sich als Konfliktbereiniger

Bei der letzten Sitzung des Centrotherm-Planungsbeirats zog sich manch` gemeinderätliches Gesicht besorgniserregend in die Länge. Einige legten sogar ihre Stirn in Falten und verschwanden darin. Hatte ihnen doch der an der Planung beteiligte Unternehmensberater Michel Mauge gerade erklärt, dass im großen Saal bei einer Reihenbestuhlung lediglich 750 Plätze zur Verfügung stünden. Das hatte man sich anders vorgestellt und ein lautes Klagelied durchzog den Raum. Man ging von mindestens 1000 Sitzplätzen aus und nun diese Hiobsbotschaft! Da könne man ja gleich im Konzilgebäude bleiben, da sei auch nicht weniger Platz. Als Mauge die RätInnen auch noch wissen ließ, dass der von vielen herbeigesehnte Konzertsaal auf dem Gelände nebenan weit über 20 Millionen Euro zusätzlich kosten würde, wurde es ziemlich still.

In den vergangenen Tagen scheinen die Telefone innerhalb der Stadtverwaltung geglüht zu haben. Und es dauerte nicht lange, bis der staunenden Öffentlichkeit mitgeteilt wurde, dass das Veranstaltungshaus nun doch Platz für 1200 sitzende Gäste böte. Dazu, quasi ein Angebot für zielgruppenorientierte Veranstalter: Bei Events, die für Kinder und Pygmäen gedacht seien, könne man sogar bis zu 2000 Kleinwüchsige mit atemberaubender Sicht auf den Seerhein stapeln. Aufatmen auch bei Armin Nissel, Geschäftsführer von Koko Entertainment: „Eine auch für uns wunderbare Nachricht, das erleichtert unsere Veranstaltungspläne“.

In der ursprünglichen Berechnung von Michel Mauge, so eine Pressemitteilung der Stadt, habe sich „ein Versehen bei der Übertragung des Maßstabs eingeschlichen“. Da kann man nur hoffen, dass den Planern bei der Finanzierung des Centrotherm nicht auch der richtige Maßstab abhanden gekommen ist. Kann ja mal vorkommen: Statt 18 Mios eventuell 25? Soll es alles schon gegeben haben.

Höchste Zeit also für Jörg-Peter Rau, Lokalchef des Südkurier, in voraus eilendem Gehorsam beschwichtigend in die Tasten zu greifen. Rau, schon zu KKH-Zeiten ein begeisterter Trommler für das dann gescheiterte Projekt, zimmerte eiligst eine Entwarnung zusammen. Nun ja, die Planer hätten sich „verrechnet“, aber zur „Affäre“ tauge „der Vorfall nicht“. Der „Zeitdruck, der auf dem Vorhaben lastet“, sei eben enorm, das Vertrauen „in die Kompetenz der Planer“ aber weiterhin ungebrochen. Und ja, da wo gearbeitet werde, „passieren Fehler“. Diese würden den Gegnern der so oft zitierten „Jahrhundertchance“ leider „in die Hände spielen“, merkt Rau zähneknirschend an. Zwischen seinen Zeilen ist unschwer heraus zu lesen, dass er eben mit diesen Gegnern, die ihm schon das KKH versaut haben, noch ein ziemlich fettes Huhn zu rupfen hat. Da freuen wir uns also auf weiterhin kritische und unabhängige Berichterstattung der Tageszeitung vor Ort.

Autor: Holger Reile