Yes, we can again

20121123-190830.jpgHat er also das Ruder nochmal rumgerissen und darf nun samt Familie weitere vier Jahre das Weiße Haus zu Washington hüten. Barack Obama heißt der alte und neue US-Präsident und in Europa brach umgehend große Erleichterung aus. Dabei, sind wir mal ehrlich, kam Obamas Erfolgsliste so üppig nicht daher. Meint unser Hegau-Kolumnist Franz Holz. Hier sein Rückblick auf ein Wahlspektakel, das fast zwei Milliarden Dollar verschlungen hat

Die Arbeitslosenzahlen sind weiterhin exorbitant hoch und wie er der Wirtschaftskrise und der damit einhergehenden wachsenden sozialen Verelendung einen Stopp verordnen will, bleibt vorerst sein Geheimnis. Gespannt darf man auch darauf sein, wie Obama das ideologisch zerrissene Land wieder notdürftig flickt und kittet, damit der Laden nicht völlig auseinander bricht. Von der infrastrukturellen Verwahrlosung ganzer Landstriche mal ganz abgesehen.

Als er zum ersten Mal gewählt wurde, galt er als Hoffnungsträger und diese zutiefst menschliche Sehnsucht nach einer Art Heilsbringer hat sogar dazu geführt, dass man ihm quasi als Dreingabe den Friedensnobelpreis verlieh. Ein gewagtes, ja grenzwertiges Unternehmen, denn an fast allen internationalen Kriegsfronten waren auch US-Amerikaner unermüdlich im blutigen Einsatz. Daran konnte auch die honorige Auszeichnung bis auf den heutigen Tag nicht viel ändern. Wenn sie damals an Obama vergeben wurde in der Hoffnung, der Mann rüste darauf hin hurtig ab und gebärde sich fortan wie die geballte Reinkarnation von Martin Luther King und Mahatma Gandhi, dann kann man nur nüchtern konstatieren: Die ganze Geschichte ging gewaltig nach hinten los – sehr zur Freude der feixenden Profiteure von EADS & Co.

Sollte man Obama erneut den Friedensnobelpreis verleihen, damit er um das aktuelle Schlachtfeld Syrien einen großen Bogen schlägt, seine ferngesteuerten Drohnen über Afghanistan, Pakistan und sonstwo vom Himmel holt und endlich den Terror- und Folterknast Guantanamo dicht macht? Information am Rande: Die Attacke mehrerer US-amerikanischer Bischöfe aus der Katholenabteilung hat Obama unbeschadet überstanden. Die hohen Würdenträger drohten ihren Schafen mit dem Verlust des Seelenheils für den Fall, dass sie Obama wählen sollten. Klappte nicht, eine Mehrheit der Katholiken votierte dennoch für ihn. Bereits in der Wahlnacht versprach der strahlende Wahlsieger: „Das Beste kommt noch“. Dann warten wir mal leicht skeptisch ab, was genau er damit meint.

Aber es hätte schlimmer kommen können, und zwar deutlich schlimmer. Kaum auszumalen die Vorstellung, der neue US-Präsident würde Mitt Romney heißen. Der Millionär und als Angehöriger der Maroni-Sekte eh schon gehandicapte Präsidentschaftskandidat scheiterte klar und ersparte dem Rest der halbwegs aufgeklärten Welt plötzlich einsetzenden Brechdurchfall. Romney und seine Anhänger suhlten sich während des Wahlkampfs in weitgehend rassistischen und übel dünstenden Tümpeln. Sie und ihre Beiboote von der Tea-Party stehen mit ihrer reaktionären Herrschaftspolitik für ein Menschenbild, das rückständiger kaum sein kann. Schon während seines Wahlkampfs bemerkte Romney mehrmals, er hätte wohl bessere Chancen, wenn seine Eltern Einwanderer gewesen wären. Sein Programm war durchsetzt mit frauenfeindlichen und homophoben Inhalten und hatte nichts anderes im Sinn, als ausschließlich die weißen Eliten zu bedienen. Diese wollen einfach nicht einsehen, dass ihre Zeiten längst vorbei sind. Die schlichten Geister vom rechten Rand ließen während der vergangenen Wahlkampfwochen keine Gelegenheit aus, das US-amerikanische Volk in „Makers and Takers“ einzuteilen.

Auf der einen Seite also die BürgerInnen, die etwas leisten zum Wohle des Landes, und auf der anderen Seite diejenigen ( vor allem schwarze Sozialhilfeempfänger und Arbeitslose), die laut Romney und seiner Mischpoke dem Staat unverschämterweise auf der Tasche liegen. Sozialfaschisten denken ähnlich. Den Frauen wollten die Hardliner nicht nur das Recht auf Abtreibung versagen, auch Verhütung sollte nach ihrem Wahlerfolg geahndet werden. Aber nicht nur das: Mehrmals behaupteten Aktivisten aus dem Romney-Lager allen Ernstes, eine Schwangerschaft als Folge sexueller Gewalt sei „gottgewollt“ und legitimierten somit Vergewaltigungen. Schließen wir halbwegs erleichtert dieses Fass voller Gülle und wenden uns anderen Könnern zu.

Wer es irgendwie gar nicht so richtig können kann, soll die greise Tante SPD kommenden Herbst zum Sieg über Merkels Angela führen. Peer Steinbrück, forsch angetreten, wird sich, und für diese Einschätzung reicht der durchschnittliche Menschenverstand, gewaltig überheben. Sprang ab als kraftstrotzender Alleskönner und landete ziemlich schnell wieder als Teppichvorleger aus der Billigabteilung. Seit Wochen ist der Kanzlerkandidat damit beschäftigt zu erklären, wann, warum, wo und wieviel Honorar er bezogen hat für Vorträge, die kein Mensch braucht. Schon hüsteln sogar Parteifreunde zwischen Flensburg und Konstanz ziemlich verlegen, wenn die Sprache auf Steinbrück kommt. Andere sind da ein wenig weiter und merken an, noch sei ja Zeit genug, um sich einen geeigneteren Kandidaten zu schnitzen. Aber auch das kann bei deren Personal eigentlich nur schief gehen. Anzumerken wäre hier noch: Die scheinheilige Debatte um Vortragshonorare wurde befeuert von Heckenschützen aus anderen Parteien, denen Moral und Ethik ebenfalls völlig aus dem Gesichtsfeld geraten sind.

Kunst käme von können, sagen ganz Schlaue. Denn käme Kunst von wollen, dann müsste man dieses Konstrukt wohl Wunst nennen. (Bemühter Einschub, frei nach Karl Valentin). Hat zwar nichts mit Lance Armstrong zu tun, über den ich aber dennoch zwei, drei dürre Sätze verliere. Also der kann eigentlich nur noch hoffen, dass seine Sponsoren, die ihm im Laufe seiner Karriere Millionen in die Satteltaschen geschoben haben, die Kohle nicht zurück haben möchten. Denn ernsthaft konnte niemand daran zweifeln: Der radelnde Ehrgeizling war jahrelang gedopt. Seine sieben Siege bei der Tour de France wurden ihm nun endlich aberkannt. Die Idee, diese Titel dem jeweils Nächstplatzierten zu verleihen, wurde schnell verworfen. Denn unter den zehn besten Tourpedalisten sind im Schnitt zwölf ebenfalls vollgepumpt bis unter den Fahrradhelm. Doch nächstes Jahr, dann feiert das größte Radrennen der Welt seinen 100. Geburtstag, wird alles vergessen sein. Darauf wettet eine Überdosis leistungsförderndes Schildkrötenblut

Ihr Wahlkampfberater und Hobbyradler

Franz „Yes, I can“ Holz