Der FC Bayern in der Nazizeit

War der FC Bayern ab 1933 ein lupenreiner Nazi-Verein? Hatte er sich, wie manche behaupten, während des Dritten Reichs als besonders williger Vollstrecker des Regimes hervorgetan? Der Fußballkenner Dietrich Schulze-Marmeling geht dieser Frage in zwei Veranstaltungen während der Jüdischen Kulturwochen Bodensee nach.

Der Verdacht liegt nahe: Ein Fußball-Club mit einer so CSU-nahen Führungsspitze wird sich doch wohl auch früher rechtsaußen bewegt haben. Doch die Fakten, die Schulze-Marmeling in seinem Buch „Der FC Bayern, seine Juden und seine Nazis“ präsentiert, ergeben ein differenziertes Bild. Bis zur Machtübergabe an die Nazis war der FC Bayern auch eine Heimat für Münchens Juden und Jüdinnen gewesen: Er hatte die erste deutsche Meisterschaft unter einem jüdischen Präsidenten (Kurt Landauer) und einem jüdischen Trainer (Richard Dombi) gewonnen.

Der Verein, so Schulze-Marmeling, pflegte bis 1933 eine liberale Fussballkultur. Gewiss: Der FC Bayern hatte sich – wie viele andere süddeutsche Fußballclubs – im April 1933 verpflichtet, „in der Frage der Entfernung von Juden aus den Sportvereinen“ mit den neuen Machthabern zusammen zuarbeiten. Doch per se antisemitisch eingestellt war der FC nicht, so Schulze-Marmelings These, die er mit vielen Fakten untermauert: Die Vereinsführung hatte sich lange gegen die Machtübernahme der Nazis gewehrt.

Wie der Nazifizierungsprozess verlief, warum nach 1945 jüdische Fußballfans in den Verein zurückkehrten, wie der FC Bayern die Entnazifizierung betrieb – all‘ das schildert der Autor („einer der besten Kenner der Fußballhistorie“, FAZ) in seinem mittlerweile neu aufgelegten und erweiterten Buch. Schulze-Marmeling schreibt seit langem über die politischen und kulturellen Aspekte des Mannschaftssports. 1992 war von ihm das damals wegweisende Buch „Der gezähmte Fußball. Zur Geschichte eines subversiven Sports“ erschienen, dem Monografien über Borussia Dortmund, Manchester United, FC Barcelona, Celtic Glasgow und eine zweibändige „Bayern-Chronik“ folgten – ebenso Bücher über Spieler und Trainer (Pep Guardiola, George Best, Johan Cruyff oder Lew Jaschin). Dazu hat er sich intensiv mit historischen Ereignissen und Entwicklungen befasst („Davidstern und Lederball“, „Hakenkreuz und rundes Leder“, „Geschichte der Fußballnationalmannschaft“) und zur Kommerzialisierung und Globalisierung des Sports publiziert. Es gibt derzeit wohl keinen besseren Experten auf diesen Gebieten.

Dietrich Schulze-Marmeling liest im Rahmen der Jüdischen Kulturwochen Bodensee am Mittwoch, den 25. April, im Bürgersaal Konstanz (Beginn: 19.30 Uhr) und am Donnerstag, den 26. April, im Augustinum Theatersaal Meersburg (ebenfalls 19.30 Uhr). Der Eintritt ist frei. Platzreservierung per Mail: juedischekulturwochenbodensee@yahoo.com

pw (Foto: www.schulze-marmeling.com)