Türkei auf dem Weg in die Diktatur
Eine Präsidialmacht in der Türkei für Erdogan zu errichten, ist das Ziel des Referendums am 16. April. Weitreichende Befugnisse, mit Erlassen und Ermächtigungsverfügungen zu regieren, hebeln die Gesetzgebungskompetenzen des Parlaments aus und schaffen einen Alleinherrscher. Über diese Gefahren berichten und diskutieren Gökay Akbulut und Serdar Dervantli auf einer Konstanzer Veranstaltung.
Die Justiz in der Türkei wird heute schon entmündigt und gleichgeschaltet. Das ist das Ende der Gewaltenteilung eines demokratischen Staates und mündet in einem autoritären System, einer Diktatur. Auf diesem Weg befindet sich die Türkei nicht erst seit dem Putschversuch im Juli letzten Jahres. Bereits im Juni 2015, nach dem Einzug der HDP (Halkların Demokratik Partisi/Demokratische Partei aller Völker) ins türkische Parlament, begann Präsident Erdogan seinen Feldzug gegen die Opposition. Der Friedensprozess mit der PKK wurde abgebrochen und kurdische Kommunen mit besonders hohen HDP-Stimmenergebnissen waren heftigen Übergriffen türkischer Polizei und Militärs ausgesetzt.
Mit Neuwahlen im November 2015 versuchte er noch einmal die unerwünschte Opposition auszuschalten, was ihm jedoch nicht gelang – trotz Repressionen gegen die Opposition und massiver Versuche, die Wählerinnen und Wähler der HDP einzuschüchtern. Kurz nach dieser Wahl wurde dann die Immunität der meisten HDP-PolitikerInnen aufgehoben. Ihnen wird die Unterstützung einer terroristischen Organisation und Zusammenarbeit mit der PKK vorgeworfen. Damit begründet er häufig auch die Verfolgung anderer oppositioneller Kräfte von Medien, KünstlerInnen und WissenschaftlerInnen.
In der Endphase seines Wahlfeldzugs hat Erdogan die Gangart noch einmal verschärft. Erneut hat die Staatsmacht tausende Menschen ins Gefängnis geworfen, Referendums-GegnerInnen werden behindert und drangsaliert. Im Südosten des Landes herrscht ohnehin seit langem Ausnahmezustand. Die UN hat der Türkei jüngst in einem Bericht schwere Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen. Sicherheitskräfte hätten zwischen Juli 2015 und Dezember 2016 ganze Stadtteile in Schutt und Asche gelegt und bis zu eine halben Million Menschen vertrieben. Nach UN-Schätzungen hat die Offensive der Sicherheitskräfte 2000 Menschen das Leben gekostet, darunter 1200 kurdische ZivilistInnen.
Um über das Referendum und diese Vorgänge aufzuklären, lädt der Verein demokratischer ArbeiterInnen und Jugendlicher Bodensee am 5. April zu einer Veranstaltung mit der Spitzenkandidatin der Landesliste der Partei DIE LINKE, Gökay Akbulut, Mannheimerin mit kurdischen Wurzeln, und Serdar Dervantli, in Köln lebender Journalist aus der Türkei, ein.
jüg
Veranstaltung mit Gökay Akbulut (Foto) und Serdar Dervantli 5. April 2017, 19:30 Uhr, Kulturzentrum am Münster (Wolkenstein-Saal), Wessenbergstr. 41/43, Konstanz.
Veranstalter ist der Verein demokratischer ArbeiterInnen und Jugendlicher Bodensee e.V. Mitveranstalter: DIE LINKE, Kreisverband Konstanz, seemoz e.V.
Die Türkei ist doch schon de facto längst eine Diktatur!!! Alle Macht ist beim Diktator konzentriert, der willkürlich und nach Gutdünken befiehlt. Alles ist gleichgeschaltet, keinerlei Rechtsstaat, keinerlei Gewaltenteilung, keine Medien- und Pressefreiheit, willkürliche Verhaftungen (vgl. Putins Russland), kein Rechtsschutz, willkürliche Verlängerung des Ausnahmezustands, damit der Diktator weiter alleine per Dekret „regieren“ (befehlen!) kann. Staat, Partei und Diktator sind eins geworden! Keinerlei Kontrollinstanzen! Bis zu 5 Jahre „Untersuchungshaft“ für jeden, der dem Diktator nicht gefällt (siehe Deniz Yücel)! Erdogan führt verbal und aktiv Krieg im Inneren und Äusseren. Er polarisiert und hetzt gegen jeden, der seinen Ein-Mann-Staat kritisiert oder auch nur in Frage stellt! Seine willigen Werkzeuge hier in D spionieren, bedrohen, drangsalieren und schüchtern ein, ganz auf Befehl des Führers! Der Generalbundesanwalt und die Bundesregierung müssen nicht „gegen Unbekannt“, sondern gegen Erdogan ermitteln! Das Referendum ist eine Farce und Makulatur! Es ist in keinster Weise demokratisch legitimiert, sonder im Ausnahme- und Kriegszustand von Erdogan „seinem Volk“ aufoktroyiert worden. Es dient allein der illegitimen „Legitimierung“ von Erdogans fortgesetzdem Machtmissbrauch und Machterhalt! Die Venedig-Kommission des Europarats hegt schon lange Zweifel an der Legitimiät eines solchen „Referendums“ unter den Bedingungen des türkischen Ausnahmezustands und der totalen Einschränkung der Grundrechte! Fazit der Kommission: Es sollte und darf so überhaupt nicht stattfinden. So sehe ich es auch: Das Referendum hat mit „freier Abstimmung“ nichts zu tun, mit einer „Wahl“ schon gar nicht! Erdogan hat schon alle Macht in seinen Händen, der Ausgang des sogenannten „Referendums“ wird ihn „nicht jucken“! Egal ob „evet“ oder „hayir“, Repression und Krieg werden sich verschärfen… Die letzten einigermassen freien Wahlen, trotz Medienhoheit der AKP, im Juni 2015, in der die demokratisch gewählte HDP über 15 Prozent der Stimmen erzielte, konnte Erdogan nicht akzeptieren (sie war von Anfang an gegen ein „Präsidialsystem a la Erdogan!), sondern er fing an Hass, Chaos, Krieg und Unfrieden zu sähen (Abbruch der selbst eingeleiteten und mitgetragenen Friedensverhandlungen und pauschale Denunzierung der HDP-Abgeordneten als „Terroristen“!) Also: Die Türkei hat bereits alle Elemente einer faschistoiden Diktatur, die in einem offenen Bürgerkrieg enden kann! Das Ende der Dunkelheit ist leider noch lange nicht in Sicht…. Für alle demokratischen Kräfte und Gegner der Diktatur in der Türkei verweise ich auf die deutsch-türkische Plattform „özgürüz“ (ozguruz.org/de). Vielen Dank!
Interessant wäre es schon Ihre Meinung dazu zu hören… aber Frau Erikli befindet sich im Mutterschutz :o)
Wo ist eigentlich unsere Grüne Landtagsabgeordnete Nese Erikli abgeblieben?
Hat diese auch eine Meinung zum Referendum, die sie ihren türkischen Mitbewohnern mitteilen möchte?
… und unsere Bundesregierung schaut zu, weil ihr an einem „Schutzwall“ gegen die Flüchtenden gelegen ist.
Erdogan kann rassistisch pöbeln, Menschen entwürdigen, ausspionieren lassen, einsperren, mudtot machen oder ganz umbringen, kurdische Städte dem Erdboden gleichmachen, Lager mit KZ Charakter errichten… , er bekommt weiterhin deutsche und europäische Steuergelder angedient und natürlich Waffen (auch vom Bodensee!!).
Und Mutti Merkel kann sich feinsinnig diplomatisch-zurückhalten – wie schon vielfach bekannt.
Nur der böse Putin ist ein Despot und darum gibt es Sanktionen und die Nato incl. deutscher Soldaten steht fast schon vor St. Petersburg. Und auch das trägt die SPD bisher mit.