Ein Klassiker der jiddischen Literatur

Susanne Klingenstein präsentiert ihre Neuübersetzung des Romans „Die Reisen Benjamins des Dritten“ von Scholem Jankew Abramowitsch. „Ein großer Klassiker, eine herrliche Satire, ein jüdischer Don Quijote“, so kündigt der Hanser-Verlag das berühmteste und jetzt von Susanne Klingenstein neu übersetzte Werk „Die Reisen Benjamins des Dritten“ von Scholem Jankew Abramowitsch an. Zu Gast ist sie damit kommende Woche in Konstanz und Singen.

Der ostjüdische Schriftsteller, der heute als ein Klassiker der jiddischen Literatur gilt, wurde 1835 in Kopyl bei Minsk geboren und starb 1917 in Odessa. Zu seinem Werk zählen Romane wie „Der Wunschring“ (1865), „Väter und Söhne“ (1867) und „Der lahme Fischke“ (1869).

Zum Inhalt des Romans: Der Held Benjamin lebt in einem ukrainischen Nest. Er hasst die Enge seines Dorfes und seiner Ehe, liebt alte Reiseberichte und träumt von einer eigenen triumphalen Reise auf den Spuren Alexanders des Großen, von der er berühmt und als Erlöser der russischen Juden zurückkehren wird. Er überredet seinen Freund Senderl, mit ihm auszubüchsen, und zusammen reisen sie wie Don Quichote und Sancho Pansa, von Missgeschicken verfolgt, durch die jüdische Provinz.

Als der witzige Roman 1878 in Wilna erschien, erkannten jiddische Leser sofort, dass es sich hier um eine riskante politische Satire handelte. Das Nachwort von Susanne Klingenstein skizziert das historische und literarische Umfeld und zeigt, warum Abramowitsch zu den großen Autoren europäischer Literatur gehört. Die in Baden-Baden geborene und mit dem Bodensee vertraute Literaturwissenschaftlerin studierte Literatur, Geschichte und Philosophie in Mannheim und Heidelberg sowie ab 1987 an der Harvard University. Von 1993 bis 2015 lehrte sie am Massachusetts Institute of Technology sowie an der Harvard Medical School. Heute lebt sie als Autorin mit ihrer Familie in Boston/USA.

Abramowitsch beschäftigt Klingenstein schon seit längerem. 2014 erschien ihre vielbeachtete Studie „Mendele der Buchhändler. Leben und Werk des Sholem Yankev Abramovitsh. Eine Geschichte der jiddischen Literatur zwischen Berdichev und Odessa, 1835-1917“ auf Deutsch. Das kolossale Werk wurde seinerzeit in Überlingen erstmals einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt. Martin Walser hat, angeregt durch Klingensteins Buch, über Abramowitsch den Essay „Shmekendike blumen“ veröffentlicht – die luzide Erkundung einer vernichteten Lebenswelt und eine emphatische Einladung an das Publikum, sich in diesen wieder entdeckten Landstrich der Literatur zu begeben. Aus der gemeinsamen Lesereise wiederum entstand das Klingenstein-Buch „Wege mit Martin Walser“ (2016), das die Autorin in Konstanz und Singen einem begeisterten Publikum vorstellte.

In beiden Städten stellt Susanne Klingenstein nun auch wieder ihr neues Buch vor: am Dienstag, den 3. September, 19 Uhr, in der Stadtbücherei Konstanz (Kulturzentrum am Münster) und am Mittwoch, 4. September, 20 Uhr, in der Singener „Färbe“. Beide Male moderiert Waltraut Liebl-Kopitzki. Die Literaturwissenschaftlerin und ehemalige Amtsleiterin ist Vorstandsmitglied der literarischen Gesellschaft „Forum Allmende“, mit der die Stadtbüchereien in Singen und Konstanz den Literaturabend gemeinsam veranstalten.

Manfred Bosch (Bild: Hanser Verlag)