Ellenrieder – neu entdeckt
Am morgigen Samstag, 18. Mai, öffnet in der Wessenberg-Galerie im Konstanzer Kulturzentrum die Ausstellung „Einfach himmlisch! Die Malerin Marie Ellenrieder. 1791-1863“. Doch mit dem Titel tun sich die Ausstellungsmacher keinen Gefallen. Denn die Absicht von Barbara Stark und Tobias Engelsing ist gerade, Marie Ellenrieder vom Image der reinen Heiligenbild-Malerin zu befreien: Sie zeigen in der Schau eine attraktive, selbstbewusste, heute sagt man: emanzipierte Frau. Und eben nicht nur einfach himmlisch
So kongenial wie Tobias Engelsing, Direktor der Städtischen Museen Konstanz, und Barbara Stark, Leiterin der Städtischen Wessenberg Galerie, diese Ausstellung zusammen gestellt haben und auch zeigen werden, so kongenial führen sie bei einem vorzeitigen Pressetermin durch die Schau: Der promovierte Historiker zeichnet die geschichtlichen Zusammenhänge im dörflichen Konstanz des 19. Jahrhunderts nach, die promovierte Kunsthistorikerin beleuchtet die vielfältige Kunstfertigkeit dieser doch wohl großen Malerin.
Da erscheint die größte Konstanzer Künstlerin (s. Selbstbildnis) in neuem Licht: Nicht mehr nur als frömmelnde, leider ledige Provinzmalerin, sondern als weltoffene, für ihre Zeit ungemein selbstbewusste Frau, die sich in der Männerwelt schon damals zu behaupten wusste. Die absichtlich unverheiratet blieb, die geschäftstüchtig genug war, um von ihrer Kunst gut leben zu können, und die trotz aller Widerstände zur bedeutendsten Malerin des 19. Jahrhunderts wurde.
Ellenrieder (1791-1863) schlug einen für ihre Zeit ungewöhnlichen Lebensweg ein: Als erste Frau studierte sie ab 1813 an der Münchner Kunstakademie und wurde in kurzer Zeit zur gefragten Portraitistin für Adel und Bürgertum in Baden und der Schweiz. Erst in späteren Jahren wurde die strenge Katholikin auch gefeierter Star in der religiösen Kunst: Sie war die erste Künstlerin, die Altarbilder für eine katholische Kirche in Deutschland schuf (das muss man sich vorstellen – da steht eine junge, attraktive Frau in unbequemer Kleidertracht monatelang auf einem Gerüst in einer kalten Kirche und malt vortreffliche Bilder – wahrlich gewöhnungsbedürftig für die damalige Männerwelt). Nach einer dreijährigen Italienreise wurde sie 1829 Hofmalerin am Hof des badischen Großherzogs. Hoch verehrt starb sie im Juni 1863 in ihrer Heimatstadt.
Zum 150. Todestag widmen nun die Wessenberg-Galerie und das Rosgartenmuseum der in Konstanz auch durch zahlreiche Namensnennungen geehrten Marie Ellenrieder vom 18. Mai bis 25. August eine umfangreiche Ausstellung mit Gemälden, die teils erstmals gezeigt werden, mit Kartons und Zeichnungen. Und auch der Katalog, mit seinen 190 hochformatigen Seiten eher Kunstband als Begleitheft, zeichnet ein grundlegend neues Bild von Leben und Werk der Marie Ellenrieder. Wie Tobias Engelsing sagt: „Wir haben Marie Ellenrieder neu entdeckt“. Und das können auch Sie in der sehenswerten Ausstellung in der Wessenberg-Galerie und im Richentalsaal im Kulturzentrum am Konstanzer Münster.
Dauer: 18. Mai bis 25. August. Öffnungszeiten: Di-Fr 10-18 Uhr, Sa, So und Feiertag bis 17 Uhr. Eintritt: 5/3 € (Schulklassen und Kinder unter 12 gratis). Kontakt: Tel: +49 (0) 7531 900 921/376; email: StarkB@stadt-konstanz.de; www.konstanz.de.
Autor: hpk