Erneut im Theater: „Der Reichsbürger“

Mit großem Erfolg spielte Ralf Beckord in der letzten Spielzeit in der Werkstatt des Theater Konstanz „Der Reichsbürger“. Ein Stück auch mit lokaler politischer Brisanz. Denn auch hier sind sie schon mitten unter uns – Reichs­bürger, Menschen, die die grund­gesetz­liche Ordnung der Bundesrepublik Deutschland ablehnen. Hat man die Szene vor einigen Jahren noch eher belächelt, sind die Reichsbürger, auch als „Selbstverwalter“ bezeichnet, mittlerweile fester Bestandteil der militant-rechtsradikalen Bewegung.

In ihrer Denkwelt wurde das Deutsche Reich nie aufgelöst, Deutschland sei weiterhin ein besetzter Staat und sie selbst sehen sich unter anderem in der Rechtsnachfolge des Kaiserreichs. Für viele von ihnen besteht das Deutsche Reich in den Grenzen von 1937 fort, oder sie bezeichnen die Bundesrepublik als GmbH. Gesetze haben für sie keine Gültigkeit, sie zahlen keine Steuern, stellen eigene Pässe und Dokumente aus und sind mit gefälschten Autokennzeichen unterwegs. Anfangs hielt man diese seltsame Spezies schlichtweg für bekloppt und völlig abgedreht. Eine unmittelbare Gefahr, so hieß es noch vor nicht allzulanger Zeit, gehe aber nicht von ihnen aus.

Doch das hat sich geändert. Bis dato unauffällige Zeitgenossen erklärten ihre Vorgärten zu Königreichen, behängten sich mit Orden und kürten sich und ihren engeren Freundeskreis zu Staatssekretären oder Ministern. Doch sie sind weit mehr als nur schrullige Sonderlinge – unter ihnen befinden sich nach neuesten Erkenntnissen Sektierer, irregeleitete Esoteriker, unberechenbare Psychopathen, Rechtsradikale und rassistische Hetzer. Sie alle glauben an eine Weltverschwörung gegen das deutsche Volk und bekämpfen diesen vermeintlichen Feind. Und sie sind auch eine Gefahr – bei Reichsbürgern wurden mehrfach Waffen und sogar Sprengstoff gefunden. Sie stellen mitunter eigene Polizeieinheiten auf und fördern so den Nährboden für ausgrenzendes und oft antisemitisches Gedankengut.

Alleine in Baden-Württemberg schätzt man ihre Zahl auf rund 3.200 Personen und sie hat sich somit seit 2017 mehr als verdreifacht. Bundesweit soll es derzeit knapp 20.000 Reichsbürger/Selbstverwalter geben.

Annalena und Konstantin Küspert beleuchten in ihrem Stück die Psyche eines Reichsbürgers, verfolgen die Gedanken und Hintergründe und fragen vor allem: Wie viel Reichsbürger steckt in uns?

MM/hr (Foto: Theater Konstanz/Bjoern Jansen)


Nochmalige Aufführung: Freitag, 22.11. um 20 Uhr in der Werkstattbühne/Stadttheater Konstanz.

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