HighNoon Reload: Der Gegenwart aufs Maul gelauscht

Auch die musikalische Avantgarde erwacht wieder aus dem inneren und äußeren Corona-Exil. Am Sonntag, 26. Juli, erlebt „HighNoon“ (wie gewohnt um 12.00 Uhr) seinen Neustart mit Werken der jüngeren Vergangenheit und allerjüngsten Gegenwart. Der Bogen spannt sich vom auch in Konstanz höchst populären Fazıl Say bis hin zum Litauer Vytautas Germanavičius. Für Ihren Neustart haben die VeranstalterInnen ein Programm aus leidlich Vertrautem und in Konstanz weitgehend Unerhörtem zusammengestellt.

Einmal tief durchgeladen, die unspielbaren Noten unerbittlich aufgeklappt, dem feindseligen Publikum mürrisch in die schreckgeweiteten Augen geschaut – und dann wacker drauflos, denn jetzt gilt’s: Am Sonntag ist wieder HighNoon.

[the_ad id=“70230″]

Das erste Konzert nach der großen musikalischen Verdunkelung bietet Erinnerungen wie Entdeckungen. Auf dem Programm stehen zwei Stücke, die schon einmal bei „HighNoon Musik 2000+“ zu hören waren: „Space Jump“ (2013) für Violine, Violoncello und Klavier von Fazıl Say (zum ersten Mal bei HighNoon im Dezember 2017 im Studio der Südwestdeutschen Philharmonie) und „Synonyme“ (2014) für Flöte, Cello, Akkordeon und Vibraphon/Schlagwerk von Ralf Kleinehanding (uraufgeführt im Dezember 2014 in der Spiegelhalle).

Rasselbande

Einige andere Werke erklingen zur mittäglichen Stunde wohl zum ersten Mal überhaupt in Konstanz. Etwa das Duo „Cadenza“ (2002) für Violine und Akkordeon des litauischen Komponisten Vytautas Germanavičius (*1969). Das Werk lotet die Klangmöglichkeiten beider Instrumente aus und zählt zu jener postavantgardistischen Moderne, die selbst kurze Ausflüge in die Tonalität und Anflüge von Minimal Music nicht scheut – mag man diese nun ironisch verstehen oder auch nicht. Der Mann hat jedenfalls Unterhaltungswert, und den kann man in noch höherem Maße auch dem Stück „Temazcal“ (1984) für Maracas und Zuspielband aus der Feder des mexikanischen Komponisten Javier Álvarez (*1956) bescheinigen. Maracas sind jene Instrumente, die wir als Kleinkinder so gern gespielt haben, bis die erzürnten Eltern entnervt drohten „ihr Rasselbande, wir ziehen euch gleich den Hosenboden lang!“, und mit „Temazcal“ könnte eine aztekische Dampfsauna gemeint sein. Aber keine Angst, am meisten schwitzt bei diesem swingenden Werk immer noch der Mensch an den Rasseln.

Außerdem steht der „Cantus 6 – Le rappel des oiseaux“ (2017) von Xavier Dayer (*1972) auf dem Programm, ein eher virtuoses Werk für Akkordeon. Natürlich weckt der Titel sofort Assoziationen an Oliver Messiaen, aber bei diesem Werk stand für einmal nicht der Altmeister Pate, sondern es wurde hörbar den Vögeln direkt abgeschaut. Natürlich wird auch der traditionelle musikalische Aperitif an diesem Mittag nicht fehlen und das Konzert einläuten.

Ausführende sind Christina Burchardt, Ina Callejas, Berenike Derbidge, Peer Kaliss, Ralf Kleinehanding, Kristín Kristjánsdóttir und Julia Stocker.

MM/Harald Borges (Bild: HighNoon – Freunde Neuer Musik e.V.)


Wichtiger Hinweis

Diese Veranstaltung ist inzwischen ausverkauft.

Was: Konzert HighNoon Reload. Wann: Sonntag, 26. Juli, 12.00 Uhr plus Wiederholung um 14.30 Uhr. Wo: Wolkensteinsaal des Kulturzentrums am Münster, Wessenbergstraße 43, 78462 Konstanz.