Kerzenmeer auf dem Bodensee
In der Nacht vom 5. auf den 6. August sollen Lichter auf dem Bodensee schwimmen. Die Friedens-Initiative Konstanz will damit an die Opfer des Atombomben-Abwurfs vor 55 Jahren im japanischen Hiroshima erinnern. Solche Feiern finden in jenen Stunden in tausenden Städten weltweit statt – ein Appell zur Ächtung von Atomwaffen überall auf der Welt.
Am 6. August 1945 um 8:15 morgens (0:15 europäischer Sommerzeit) warf das amerikanische Bomberflugzeug Enola Gay die US-amerikanische Atombombe Little Boy über Hiroshima ab. Bei diesem ersten Kriegseinsatz einer Atomwaffe wurden ungefähr 80 % der bis dahin unbeschädigten Stadt zerstört und zwischen 90.000 und 200.000 Menschen sofort getötet. Ebenso so viele Menschen leiden bis heute an den Spätschäden. Und drei Tage später folgte der zweite Atombombenabwurf auf die japanischen Stadt Nagasaki.
Seit dem 6. August 1957 gedenkt Hiroshima alljährlich der Opfer dieses Kriegsverbrechens: „Lichter für Hiroshima“ heißt das Motto – schwimmende Kerzen sollen an jene Menschen erinnern, die nach der atomaren Explosion vergeblich Abkühlung im Meer gesucht hatten. Die Zeremonie geht auf die Geschichte der kleinen Sadako zurück.
Sadako Sasaki hatte überlebt. Sie war zwei Jahre alt und eine Meile entfernt, als die Bombe abgeworfen wurde. Zehn Jahre später erkrankte sie viele andere Überlebende an Leukämie, verursacht durch die Strahlung der Bombe. Während ihres Krankenhausaufenthalts begann Sadako, papierene Origami-Kraniche zu falten. Nach einer japanischen Legende bekommt derjenige, der 1000 Origami-Kraniche faltet, von den Göttern einen Wunsch erfüllt. Sadako wünschte sich nur, weiter leben zu können, und faltete 1800 Kraniche.
Am 25. Oktober 1955 verabschiedete sich Sadako Sasaki, sie verstarb im Alter von 12 Jahren. Seitdem sind gefaltete Lampions ein Symbol der internationalen Friedensbewegung und des Widerstandes gegen den Atomkrieg. Solche Kerzen auf dem Wasser schwimmen zu lassen, entspricht einem japanischen Brauch – die Lichter sollen den Verstorbenen auf seiner Reise ins Totenreich begleiten.
Auf dem Bodensee werden 2010 keine 100000 Lichter schwimmen wie in Hiroshima, sondern höchstens 100, und sie werden, wenn Wetter und Seegang es zulassen, auch nicht frei schwimmen, sondern – wie vor fünf Jahren schon einmal – von einem Paddelboot durchs Wasser gezogen werden. Die Friedens-Initiative plant, Boot und Lichter auf Höhe des Konzilbaus zu Wasser zu lassen und dann, am Inselhotel vorbei, die Seestraße anzusteuern, bevor die Lichterkette unter Rhein- und Fahrradbrücke hindurch, das Ufer des Herosé-Geländes erreicht. Wenn, ja wenn, Wind und Strömungsverhältnisse mitspielen.
Autor: hpk