Literaturwochenende am Untersee
Zum „4. Literaturwochenende am Untersee“ werden fünf Lesungen in den Wohnzimmern historischer Häuser stattfinden. Von Tägerwilen bis Steckborn lassen sich die Besucher der beliebten Veranstaltung bereitwillig entführen in die Fantasie- und Lebenswelten bekannter Autoren. Am 17. und 18. September lesen Schauspieler und Autoren vorwiegend eigene Texte, aber auch Texte der Weltliteratur. Und Zeit für die Diskussion ist auch…
Am Samstag, 17. September, um 17.00 Uhr kommt Christoph Nix, Intendant des Theaters Konstanz, ins Schlösschen Breitenstein in Ermatingen. Der stimmgewaltige und gestenreich agierende Theaterchef wird mit einem Meisterwerk der französischen Romantik, »Der Glöckner von Notre Dame« von Victor Hugo, einen furiosen Auftakt setzen. In den großartigen historischen und polemischen Passagen lässt Victor Hugo die Zeit um 1482 lebendig werden: Der bucklige Glöckner Quasimodo verliebt sich unsterblich in die schöne Zigeunerin Esmeralda und setzt alles daran, um sie vor den Schergen der Inquisition zu retten. Übrigens: Im Sommer 2012 wird »Der Glöckner von Notre Dame« als Freilichttheater auf dem Konstanzer Münsterplatz aufgeführt.
Um 20.15 Uhr liest der in Bern geborene Matthias Zschokke im »Alten Debrunner-Haus« in Ermatingen aus seiner 2008 erschienenen Erzählung »Auf Reisen«. Zwischen 1999 und 2005 verfasste der in Berlin lebende Autor Reisereportagen für den Zürcher Tagesanzeiger, die er zu einer einzigen Erzählung zusammen fügte. Als Flaneur, der literarischen Figur von Walter Benjamin ähnlich, streift der Erzähler durch die Städte Weimar, Amman, New York, Budapest und kehrt immer wieder nach Berlin zurück. Der fernwehsüchtige Reisende erzählt zuweilen kritisch von seinen Erlebnissen, aber auch auf eine vergnüglich komische, liebenswerte Art.
„Wurzelsteine“, ein ungewöhnlicher Titel für eine Erzählung, denn Steine schlagen für gewöhnlich keine Wurzeln. Die Autorin, Katja Fusek, wird um 20.15 Uhr im „Haus zum Gries“ in Berlingen lesen. Sie ist in Prag geboren und im Alter von zehn Jahren mit Mutter und Schwester in die Schweiz emigriert. Sie hat erlebt, wie es ist, keine Wurzeln mehr zu haben – fremd zu sein in einem fremden Land. Erstaunlicherweise schreibt sie ihre Texte nicht in ihrer Muttersprache, sondern auf Deutsch.
Am 27. Juli 2011 ist die ungarisch-schweizerische Schriftstellerin, Ágota Kristóf, gestorben. Astrid Keller, Schauspielerin und Regisseurin, hat die 2004 erschienene autobiographische Erzählung, »Die Analphabetin«, für ihre Lesung zur Matinée im Haus »Zur Rosenau« in Tägerwilen am Sonntagvormittag, 18. September, um 11.00 Uhr ausgesucht. In elf kurzen, prägnanten Kapiteln schildert Kristóf die Geschichte ihrer Herkunft. Die wohlbehütete Kindheit im ungarischen Elternhaus endet mit der Verhaftung des Vaters und der Einweisung der kleinen Ágota in ein staatliches Internat. Im November 1956 flieht sie zusammen mit ihrem jungen Ehemann in die Schweiz. Sie spricht kein Wort Deutsch und beginnt in einer Uhrenfabrik zu arbeiten, um der „kulturellen Wüste“ der Sprachlosigkeit zu entkommen.
Die Sonntagnachmittag-Lesung im »Turmhof« in Steckborn um 17.00 Uhr gestaltet die Schaffhauser Schauspielerin und Sprecherin Laura Lienhard. Sie liest aus dem schmalen Essayband, »Eigensinn macht Spaß«, des Literatur-Nobelpreisträgers Hermann Hesse sowie einen Text aus dem Erzählband »Klippenflieger« der in Ermatingen lebenden Autorin Margit Koemeda: »Eine Handvoll Rubine« .
Wer nach der Lesung noch bleiben will, kann mit den KünstlerInnen ins Gespräch ?kommen. Die gestaffelten Anfangszeiten ermöglichen den Besuch von mehreren Lesungen, die jeweils etwa eine Stunde dauern. Die Veranstalter freuen sich auf eine rege Diskussion bei einem Apéro.
Kartenbestellung: Montag, 05. bis Freitag, 16. September, Sekretariat: heike.dietrich@tele2.ch oder: 0041-71-660 07 33, ab 14.00 Uhr. Ab Freitag, 16.09., 20.00 Uhr: Reservation direkt bei den Gastgebern. Die Platzzahl ist beschränkt. Eintritt: Fr. 20,-, Euro 15,-, Studenten: Fr. 15,-, Euro 12,- (inkl. Apéro). Ermäßigung für 4 Lesungen: Fr. 20,-