Premieren im Theater Konstanz April bis Juni 2021
Es sind Meldungen, von denen man nicht mehr glaubte, sie je wieder sehen zu können. Das Konstanzer Theater hat für den Fall, dass alles nach Plan läuft, die Premieren für April bis Juni 2021 angekündigt – sollten dann Kulturbetriebe unter Auflagen wieder Publikum empfangen können. Die entsprechenden Ankündigungen hier sind also unter Vorbehalt, aber dennoch ein Licht, wenn schon nicht am Ende des Tunnels, dann doch zumindest in dessen Mitte.
Auch wenn Kulturtreibende in Sachen pandemiebedingter Unterstützung und Perspektiven von der Politik eher stiefmütterlich behandelt worden sind, hat das Theater Konstanz unter Hygieneauflagen seinen Probenbetrieb aufrechterhalten. Denn gerade in Zeiten gesellschaftlicher und politischer Krisen braucht es Visionäre, Wolkenkuckucksheime und Räume für Ideen. Und es braucht eine laute Gegenstimme gegenüber rechtsesoterischer, verschwörungstheoretischer Idiotie und stattdessen fundierte und produktive Kritik an der Situation, mit der wir uns gerade konfrontiert sehen. Theater war vielleicht selten so wichtig wie jetzt.
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Laut aktuellem Stand kann das Theater ab April wieder eingeschränkt für ein Publikum spielen. Für ein entsprechendes Hygienekonzept wird dann gesorgt sein (Mindestabstand, Frischluftaustausch sowie personalisierte, nachverfolgbare Ticket). Entsprechend kann das Theater für diese Zeit ein Premierenprogramm vorstellen.
Bis dahin gibt es auf der Website des Theaters [[www.theaterkonstanz.de]] Kulturprogramm in Form von Streams und Podcasts zu erleben, um diese Zeit wenigstens etwas zu versüßen. Und natürlich aktuelle Informationen hinsichtlich des generellen Betriebs in nächster Zeit.
Das Licht im Kasten (Straße? Stadt? Nicht mit mir!)
April 2021, Stadttheater Konstanz
Die Modeindustrie tut sich bekanntlich immer wieder durch Menschenrechtsverletzungen und Umweltschweinereien hervor. Doch die Marketing- und Produktionsmaschinerie machen auch etwas mit den Leuten, die die ganzen Klamotten am Ende auch kaufen und daraus ihre ganze Identität konstruieren sollen. Das Stück der Literaturpreisträgerin Elfride Jelinek divergiert zwischen Faszination und Abscheu über den Modekosmos. Sprachlich stimmgewaltig changiert es zwischen verschroben heiterer Liebeserklärung an den Konsum und bitterböser Abrechnung in einer künstlichen Welt zwischen Schein und Sein. Denn die modische Maskierung dient auch als Metapher für die eigene Vergänglichkeit. Die Regie übernimmt Susanne Schmelcher, auf der Bühne: Hanna Eichel, Dominik Puhl und ChrisTine Urspruch
Feuersturm
April 2021, Werkstatt des Theater Konstanz (deutschsprachige Erstaufführung)
Humorvoll und bösartig zeichnet David Paquet seine skurrilen Figuren auf ihrer vergeblichen Suche nach dem Glück. Er gestaltet das große Menschheitsdrama Familie in pointierten Dialogen zwischen griechischer Tragödie und schwarzer Komödie. Deutsch von Frank Weigand, es inszeniert Regisseurin Sarah Kurze.
rEVOLution
April 2021, Spiegelhalle
Drei junge Menschen, die genug haben. Die sich wehren wollen gegen Diktaturen, Korruption, Menschenrechtsverletzungen, Terror und Gewalt. Ein musikalischer Aufschrei von Punk, Politik und Pussys, inszeniert von Hausregisseurin Franziska Autzen. Gemeinsam mit der Konstanzer Band The Sound Monkeys entsteht ein performatives Punk-Projekt auf Grundlage der Geschichten von mutigen Menschen wie Nadja Tolokonnikowa (Pussy Riot), Carola Rackete (Umwelt- und Menschenrechtsaktivistin) und Amina Bile (Bloggerin und Autorin) und vielen mehr, die sich auch unter widrigen Umständen für eine gerechtere Zukunft einsetzen.
Bär im Universum
April 2021, Werkstatt des Theater Konstanz
Eisbär Benny droht seine Eisscholle unter dem Hintern wegzuschmelzen, außerdem gibt es aufgrund des Klimawandels in seiner näheren Umgebung keine weiteren EisbärInnen mehr. Also zieht er hinaus in die weite Welt und trifft dort in Pollinesien das Huhn Polly, das mit ihm via Kontaktanzeige auf FreundInnensuche geht. Rosmarie Vogtenhuber inszeniert das erste Stück der vielfach ausgezeichneten Dramatikerin und Romanautorin Dea Loher für ein junges Publikum. Darin beschreibt sie so humor- und fantasievoll wie eindrücklich die Nöte der Tiere im Klimawandel und damit auch die Auswirkungen unserer Lebensweise auf die Umwelt.
Wer hat Angst vor Virginia Woolf?
April, Spiegelhalle
Edward Albee hält in seinem Klassiker-Stück das Beziehungsgeflecht seiner Figuren die ganze Zeit in Bewegung und stellt die Brüchigkeit menschlichen Verhaltens in den Vordergrund, den fortdauernden Kampf um Macht und Deutungshoheit. Eine Afterparty, die völlig aus dem Ruder läuft … Regie führt Kristo Šagor, Autor, Hausregisseur des Theater Konstanz und Künstlerischer Leiter des Jungen Theater Konstanz.
Farm der Tiere
Mai 2021, Freilichtspiel auf dem Konstanzer Münsterplatz
Leandro Kees inszeniert die dystopische Fabel nach George Orwell. Auf der Farm des tyrannischen Mr. Jones proben die Tiere erfolgreich den Aufstand und versuchen sich an ihrer Version der revolutionären, freien Gesellschaft. Dabei lässt sich George Orwells Satire nicht ausschließlich als Metapher auf die kommunistische Revolution von 1917 lesen, die später in die Stalin-Diktatur abdriftete. Die Farm der Tiere gilt mittlerweile als Sinnbild für all jene Revolutionen, deren Motivationen ins Gegenteil kippen, weil die Machtmechanismen auch nach der Revolution die gleichen sind.
Tot sind wir nicht
Mai 2021, Werkstatt des Theater Konstanz
In ihrem Debutstück lässt Autorin Svenja Viola Bungarten ihre Figuren in absurd-komischen Dialogen über Altern, Armut und Sterblichkeit nachdenken. Der Abend erzählt phantasievoll von unserem gesellschaftlichen Umgang mit Tod und mit Sehnsüchten, die generationenübergreifend sind. Regie führt Swen Lasse Awe.
Hin und Her
Juni, Spiegelhalle
Das neu gegründete Stadtensemble erarbeitet gemeinsam mit den Regisseurinnen Anne-Stine Peters und Tanja Jäckel ein Stück auf der Grundlage von Ödön von Horváths Hin und Her. Die Komödie spielt auf einer Brücke, die über einen Grenzfluss führt und zwei Staaten miteinander verbindet. Hier im Niemandsland ist Ferdinand Havlicek gestrandet, der weder hüben noch drüben einreisen kann. Horváths Grundidee ist bestechend: Die Brücke ist der ideale Spielort und die Grenze auf der Landkarte wie auch in den Köpfen liefert damals wie heute Stoff für neues Denken. Denn in Zeiten von sogenannten Flüchtlingskrisen und Rechtsruck sind die historischen Entstehungskontexte des Stücks in den 30er Jahren so aktuell wie seit Jahren nicht.
Dosenfleisch
Juni 2021, Spiegelhalle
Matthias Kaschig inszeniert auf Grundlage von Ferdinand Schmalz eine Art stationäres Roadmovie für das Theater. Das für den Mülheimer Dramatikerpreis 2016 nominierte und am Burgtheater Wien uraufgeführte Stück erscheint vordergründig als absurd-komischer Thriller über Menschen auf der rastlosen Fahrt in ihren Blechbüchsen. Es ist aber auch die kluge und sprachlich raffinierte Erzählung von der Sehnsucht nach dem Ankommen und der Suche nach Heimat – auch in anderen. Schmalz’ Figuren sind Raststätten-Philosophen, die über nichts so leidenschaftlich nachdenken, wie über das Leben innerhalb und außerhalb seiner Leitplanken.
Viel Lärm um nichts
Juni 2021, Freilichtspiel auf dem Konstanzer Münsterplatz
Bei den Freilichtspielen auf dem Konstanzer Münsterplatz entführt Shakespeares Komödie in die flirrende Welt des sommerlichen Siziliens und wartet mit einem der amüsantesten und unkonventionellsten Paare der Weltliteratur auf: der schlagfertigen Beatrice und ihrem wortgewandten Gegenspieler Benedikt. Regie führt Susi Weber, die unter freiem Himmel auch schon für das ETA Hoffmann Theater in Bamberg, die Tiroler Volksschauspiele in Telfs und die Luisenburgfestspiele in Wunsiedel inszenierte.
MM/jh (Bild: Ilja Mess, Theater Konstanz)
Weiter Informationen: https://www.theaterkonstanz.de/programm/premieren