Überall „Arisierungsgewinner“

seemoz-stolpersteine Fast schon Tradition: Die Initiative Stolpersteine für Konstanz wird sich auch dieses Jahr am 9. November an einer dezentralen bundesweiten Mahnwache zur Pogromnacht beteiligen. Überdies gibt es am Abend des Gedenktages einen Vortrag von Stadtarchivar Klöckler über „Die Rolle der Konstanzer Stadtverwaltung bei der Entrechtung, Enteignung und Deportation der Juden im Nationalsozialismus“.

Bei der Mahnwache werden am 9. November in der Zeit von 18 bis 18.30 Uhr alle Stolpersteine in der Stadt geputzt und zum Gedenken wird an jedem Stein eine Kerze entzündet, eine Blume niedergelegt und über die Schicksale informiert. Die Mahnwache steht unter dem Motto „Den Toten ehrendes Gedenken und Mahnung für heute!“. Weiterführende Informationen zur Mahnwache in Konstanz unter: www.stolpersteine-konstanz.de.

Klöckler: Radikalisierungsschübe ‚von unten‘

„Juden raus!“ lautete die Maxime kommunaler Politik nach 1933. Das umgehend von der Konstanzer Stadtverwaltung betriebene Marktverbot für jüdische Händler, die Aufstellung eines „Stürmer-Kastens“, das Nutzungsverbot für die städtischen Bäder, alle diese Beispiele legen eine antisemitische Initiative „von unten“ offen. Kommunalverwaltungen haben in der Regel ohne Zeitverzug den vom NS-Regime eingeforderten Antisemitismus in administrative Normalität umgewandelt.

Auch die Konstanzer Verwaltung wurde zum Nutznießer und Profiteur von Emigration bzw. Deportation der Juden. Die Stadt eignete sich Grundstücke an, wie etwa den Synagogenplatz oder die Erweiterungsfläche des jüdischen Friedhofs, und wurde selbst zum „Arisierungsgewinner“. Sie agierte zusammen mit der Landkreisverwaltung und dem Finanzamt bei der Verwertung der Wohnungen und der öffentlichen Versteigerung des jüdischen Hausrats im „Konzil“. Die deutschen Kommunalverwaltungen waren in Zusammenspiel mit dem NS-Verfolgungsapparat wichtige Akteure antisemitischer Politik und zwar als Antreiber und nicht nur als Getriebene.

PM/hpk


Vortrag von Prof. Dr. Jürgen Klöckler: Radikalisierungsschübe ‚von unten‘. Die Rolle der Konstanzer Stadtverwaltung bei der Entrechtung, Enteignung und Deportation der Juden im Nationalsozialismus. 9. November, 19:30 Uhr, Wolkensteinsaal, Kulturzentrum am Münster.

Veranstalter: Initiative „Stolpersteine für Konstanz – Gegen Vergessen und Intoleranz“, Kulturbüro der Stadt Konstanz Mitveranstalter: Aktion Sühnezeichen Friedensdienste – Regionalgruppe, Amnesty International – Gruppe Konstanz, Arbeitskreis Regionalgeschichte Bodensee, Deutsch-Israelische Gesellschaft Bodensee-Region, Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Konstanz e.V. – Bodensee, Katholische Hochschulgemeinde Konstanz, Konstanzer Friedensinitiative, Kulturbüro der Stadt Konstanz, Synagogengemeinde Konstanz, vhs Konstanz-Singen e.V., VVN-BdA – Kreisvereinigung Konstanz