Wenn das Wegschauen tötet
Geht es noch aktueller? Seit letzten Donnerstag ist der Bericht des NSU-Bundestags-Ausschusses veröffentlicht: Komplettes Behördenversagen auf 1000 Seiten, nachzulesen auf der Bundestag-Homepage. Fünf Tage darauf, am 27. 8., berichtet in Konstanz eine Insiderin über die Hintergründe: Katharina König ist Mitglied im Untersuchungsausschuss in Thüringen, der sich ebenfalls um die Aufklärung der NSU-Morde kümmert
Der Kreisverband der Linken lädt am 27. August zu einer Veranstaltung mit Katharina König (s. Foto) zu den Hintergründen faschistischer Umtriebe, der NSU und der Rolle staatlicher Geheimdienste ein. Die Referentin sitzt für die Linke im thüringischen Landtag und ist Mitglied im dortigen Untersuchungsausschuss, der sich mit der Aufklärung der NSU-Morde befasst.
Die Referentin ist im Jena der 90er Jahre aufgewachsen – Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe sind ihr ebenso wie Ralf Wohlleben, Andre Kapke, Tino Brandt und viele andere bereits von damals bekannt. Übergriffe auf beispielsweise das Jugendzentrum JG-Stadtmitte, aber vor allem auf antifaschistisch engagierte Menschen, durch die Thüringer Naziszene erlebte sie teils persönlich mit.
Seit Monaten versucht der Untersuchungsausschuss in Thüringen, sich der Atmosphäre der 90er Jahre anzunähern und das Versagen der Zuständigen aufzuklären. Katharina König will nicht nur über die 13 Jahre des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ und die bisherigen Ergebnisse der Aufklärung reden. Sie wird auch über das bundesweite Netz, das diese Verbrecher unterstützt hat, ebenso berichten wie über die Verstrickung von Verfassungsschutz, Militärischem Abschirmdienst sowie Landes- und Bundeskriminalamt. Und sie wird aufzeigen, dass die Vertuschungsaktivitäten deutscher Behörden weiter gehen: Akten, die den Untersuchungsausschüssen zur Verfügung gestellt werden müssen, sind bis zur Unkenntlichkeit geschwärzt, plötzlich verschwunden oder geschreddert.
Katharina König wird die gesellschaftliche Entwicklung aufzeigen, in welcher Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe politisch sozialisiert wurden und in der rechte Netzwerke entstehen konnten, aus denen diese Mordserie resultiert.
Die Veranstaltung: Dienstag, 27. August, 19 Uhr, im Hotel Barbarossa, Konstanz.
Autor: PM/hpk
Wegschauen ist beschissen, denn Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen.
Innerhalb der Deutschen Friedensgesellschaft wird schon lange über die Gräueltaten neonazistischer Gruppen informiert. Nur hier in der scheinbar heilen Provinz wird es geduldet beziehungsweise tatenlos und erstaunt wahrgenommen, wenn ein schwarzer Block an Fasnacht sich unters Volk mischt.
Die Entschuldigung lautet: Warten wir mal ab, was im nächsten Verfassungsschutzbericht steht. Und wenn da keine Aufdeckung nachzulesen ist, Pech gehabt.
Jetzt da in Berlin fremdenfeindliche Pro Deutschland Gruppen gegen Asylsuchende polemisieren und gleichzeitig Protestcamps der Flüchtlinge darum kämpfen, akzeptiert zu werden, fällt die gesamte intolerante Asylpolitik der Europäischen Union auf.
Aufnehmen statt abschieben klingt dahingegen sehr gut, nur muss dies auch konsequent gewollt und gehandhabt werden und nicht nur schamlos zerredet oder verschoben werden.
Was wohl geht, ist die Aufnahme billiger Arbeitskräfte mit saisonalem Ticket. Schnell angeheuert, aber ohne gewerkschaftliche Vertretungsrechte.
Eine rechtsstaatliche Konsequenz in Bezug auf das systematische Vertuschen permanenter Pannen beim Verfassungsschutz, wäre die Auflösung der Verfassungsschutzbehörde in ihrer heutigen Form.
Die 40 Reformdetails, die der parlamentarischen Untersuchungsausschuss vorschlägt, sind nicht anderes als Teelichter in der dunkelsten Höhle der Geheimdienste.
Fremdenhass und Rassismus gehören in den Mülleimer der Geschichte, dafür treten doch alle demokratischen Kräfte ein.
Nur wo bleiben sie, wenn ein Wohnhaus in Schutt und Asche niederbrennt und dabei Familien umkommen?
Wo bleibt die Empörung, wenn Asylsuchende mit weniger Wohnraum als Hunde auskommen müssen?
Wo bleibt die politische Entwicklung hin zu mehr Demokratie quer Beet über die Parteigrenzen hinaus?
Die Mitglieder des NSU-Untersuchungsausschusses gaben eine gemeinsame Erklärung zur Verbrechens-Aufarbeitung ab. Leider blieben noch einige weiße Flecken bezüglich der Ku-Klux-Klan Umtriebe in Schwäbisch-Hall.
Mit Spannung darf deswegen geschaut werden, was Katharina König über die Verstrickung der Geheimdienste zu sagen hat.