Wer steckt hinter der Krise in der Ukraine?
Der Waffenstillstand zwischen der ukrainischen Regierung und den Aufständischen im Osten des Landes ist offenbar das Papier nicht mehr wert, auf dem er steht. Doch wer steckt hinter der Krise in der Ukraine? Der Journalist und Osteuropa-Kenner Reinhard Lauterbach (s. Foto) gibt auf einer Veranstaltung am morgigen Donnerstag in Konstanz einige Antworten auf viele Fragen
Seit dem Wochenende haben ukrainische Truppen eine massive Offensive unter anderem im Raum Donezk gestartet. Laut einem Berater von Präsident Poroschenko mit dem Auftrag, mit allen verfügbaren Mitteln die Positionen der Separatisten zu beschießen. Wenige Tage zuvor starben bei einem Anschlag auf einen Reisebus im Südwesten des Landes erneut Zivilisten. Die ukrainische Regierung machte die Aufständischen dafür verantwortlich, diese beschuldigten die ukrainische Armee.
Mehr als 4000 Menschen sind nach Schätzungen der Vereinten Nationen seit Beginn der bewaffneten Auseinandersetzungen im April letzten Jahres getötet worden, darunter viele ZivilistInnen. Rund eine Million Menschen mussten aus ihren Wohnorten in den Regionen Donezk und Lugansk fliehen, fast ein halbe Million Flüchtlinge suchte Schutz im Ausland.
Wer hierzulande versucht, sich ein objektives Bild von den bedrückenden Geschehnissen in und um die Ukraine zu machen, der stößt auf eine beängstigend gleichförmige Berichterstattung der etablierten Medien. Statt nüchtern abwägender Nachrichten und Analysen dominiert ein Schwarz-Weiß-Bild, in dem Russland und sein Präsident Wladimir Putin dämonisiert, die prowestliche Regierung in Kiew dagegen verklärt und die Fakten entsprechend selektiert und verdreht werden.
Der Konflikt in der Ukraine wirft zahlreiche Fragen insbesondere nach der Rolle und den Absichten der beteiligten Akteure auf. Welche Ziele verfolgen die tief in den Konflikt verstrickten USA und die Staaten der Europäischen Union auf der einen Seite, welche Interessen hat der russische Staat auf der anderen?
Diesen Fragen soll auf einer Veranstaltung der Rosa-Luxemburg-Stiftung Baden-Württemberg am 29. Januar in Konstanz nachgegangen werden. Als Referent eingeladen ist der Journalist und Osteuropa-Kenner Reinhard Lauterbach, der die Ukraine mehrfach bereist hat – zuletzt im Oktober 2014. Lauterbach ist freier Osteuropakorrespondent unter anderem für die Tageszeitung „junge Welt“, das Magazin „Hintergrund“ und „Radio LoRa“ in Zürich. Bis vor wenigen Jahren berichtete er als Korrespondent für den ARD-Hörfunk über die Staaten Osteuropas.
Veranstaltung der Rosa-Luxemburg-Stiftung Baden-Württemberg: Donnerstag, 29. Januar, 19 Uhr, Konstanz, Treffpunkt Petershausen (Georg-Elser-Platz 1).[modal id=“19250″ style=button color=default size=default][/modal]
Autor: PM/hpk
Weiterer Text zum Thema:
16.01.2015: Die Ukraine auf dem Weg in die Barbarei
@antares
Sie haben hier zwar jetzt länglich über „Zensur“ geklagt und Ihre – schon früher geäusserte Ablehnung mehrerer AuslandskorrespondentInnen wiederholt – aber meine Frage haben Sie nicht beantwortet: Wo haben all die ihre Informationen her, die hinsichtlich des Ukraine-Konflikts nicht die Meinung der angeblich zensierenden und „auf Linie“ getrimmten deutschen/westlichen Medien vertreten? Anscheinend bekommt man trotz dieser angeblichen Meinungsgleichheit doch unterschiedliche Informationen – vorausgesetzt, man hört und schaut zu. Da werden z.B. durchaus die Auswirkungen der sozialen Härte beschrieben und gezeigt, da werden ukrainische Aussagen genauso in Zweifel gezogen wie russische (teilweise sogar stärker).
Aber was viele unserer „Verschwörungstheoretiker“ wollen, ist ja nicht ein Zweifeln an Aussagen beider Seiten. Sie sind ja meistens genauso einseitig, wie sie es den angeblich so bösen Medien vorwerfen – nur einfach auf der anderen Seite des Zaunes. Es ist doch genauso einseitig, die gesamte Kiewer Regierung samt den dortigen Wählern als „Faschisten“ zu bezeichnen – wie Sie es tun – wie, sie alle als lupenreine Demokraten zu bewerten. Zudem ist es doch ziemlich naiv, „Zeitlinien“ von „Aktion und Reaktion“ aufstellen und als sakrosankte Wahrheit verkaufen zu wollen. Auch solche Meldungen kommen jeweils von einer Seite – und je nachdem, wer sie zusammenstellt, sehen sie anders aus. Wer alt genug ist, kennt diese Art des Beweises noch aus dem Geschichtsunterricht, wo es jeweils um die Gründung der beiden deutschen Staaten ging (noch Ältere werden noch ganz andere Beispiele haben.
Noch was am Rande: Ich kann dieses Geschwätz über „Gleichschaltung“ und „unter Hugenberg“ nur schwer ertragen, weil die heutige Situation mit jener des Staates, der Gesellschaft und der Presse zur Zeit Hugenbergs und der Gleichschaltung unter den Nazis nicht vergleichbar sind. Dieser ständige Versuch, alle, die anderer Meinung sind, als Faschisten zu brandmarken ist a) unhistorisch, b) der Faulheit geschuldet, sich mit anderen Inhalten als der eigenen Meinung auseinanderzusetzen und c) dem Ziel dient, sich selbst als politisches Opfer zu deklarieren. Als ob ein nicht veröffentlichter Leserbrief mit einer Inhaftierung in einem KZ vergleichbar wäre, wie sie z.B. „Weltbühne“-Autoren erleiden mussten.
@frieda
Sie sollten sich mal die wegzensierten (JAWOLL, EINE ZENSUR FINDET STATT) Leserkommentare von http://meta.tagesschau.de zeigen lassen.Vielleicht wäre das ein Weg, die Objektivität der öffentlich-rechtlichen Rundfunk- und Fernsehanstalten zu überprüfen. Was sich Golineh Atai, dem Bataillon Asow oder Udo Lielischkies in den Weg stellt, wird ausgemerzt. Da wird umgehend zurückgeschossen, nicht gezaudert bis 5:45 Uhr.
Die einflußreichen Massenmedien sind in der Frage gleichgeschaltet wie zu Hugenbergs Zeiten. Klar, in Nischen wie Nachdenkseiten u. ä. werden die Informationsangebote ehrlicher wahrgenommen. Aber der unbedarfte Leser läuft auch Gefahr, rechten Propagandisten auf den Leim zu gehen.
Die ARD hat sich, dem Rundfunk-Staatsvertrag zum Trotz, zur Flüstertüte
– Barrosos,
– Merkels,
– Rasmussens (jetzt Stoltenberg),
– Nulands und der ehrenwerten Herren
– Poroschenko und
– Jazenjuk
gemausert. Zu erwähnen wären noch die Konrad-Adenauer-Stiftung, die CIA und die Fracking-Experten von Chevron.
Versuche, mit chronologischen Auflistungen Aktion und Reaktion der jeweils handelnden Parteien aufzuzeigen, werden wegzensiert, sobald sie sich (notgedrungen) gegen die Faschisten aus Kiew wenden. Was kann neutraler, umfassender, ausgewogener, kurz: den journalistischen Tugenden entsprechend sein, als gerade so eine Zeitlinie?
Verabschieden Sie sich vom Traum, aus den „Qualtitätsmedien“ hierzulande objektiv, umfassend und nicht manipulativ mit Informationen versorgt zu werden. Das lokal/regionale Beispiel vor Ort (sprich: der Südkurier) und die aufgeführten Fälle sollten genügen, hierüber ein Urteil zu fällen.
Wenn doch die Berichterstattung westlicher Medien angeblich so völlig gleichförmig und einseitig ist: Woher haben dann alle die ihre Informationen, die eine andere Meinung vertreten? Russische Medien dürften ja wegen fehlender Sprachkenntnisse für die meisten ausscheiden. Schauen alle die deutsche Ausgabe Russia Today, weil die ja sicher total objektiv berichtet? Oder ist es nicht evtl. doch so, dass man via westliche Medien durchaus in der Lage sein kann, differenzierte Informationen zu bekommen? Abgesehen davon gilt nicht nur für die Ukraine der alte Spruch, wonach das erste Opfer eines Krieges die Wahrheit ist. Propaganda betreibt jede Seite eines solchen Konfliktes – nicht nur die westliche.
Den Fragen, denen auf der Veranstaltung nachgegangen werden soll, wären noch einige anzufügen. Zum Beispiel eine Frage ganz praktischer Natur: Von wem endlich und wie kann die dringendst benötigte humanitäre Hilfe für die Zivilbevölkerung im Donbass auf den Weg gebracht werden? Hier ist Hilfsbereitschaft gefordert! Diese allein reicht aber nicht, denn Krieg ist eine Ausnahmesituation und bedarf außer politischen Analysen und Entscheidungen auch organisatorisch flexibles Handeln im Bereich der humanitären Hilfe. Hilfslieferungen an offizielle ukrainische Stellen/Adressen würden die Menschen im Donbass niemals erreichen. Korruption in unglaublichem Ausmaß, Mafiastrukturen und nicht zuletzt eine faschistisch durchsetzte ukrainische Regierung, die die von ihr als Untermenschen bezeichnete russischsprachige Bevölkerung im Donbass am liebsten aushungern lassen möchte, sorgen dafür dass jegliche Hilfe sehr schwierig zu organisieren ist. Ich stelle in diesem Konflikt ein Versagen sämtlicher Welthilfsorganisationen fest!
Wir zählen die Toten, die Statistik spricht von ca. 5.000. Darin sind die Hungertoten nicht eingerechnet und alle die aufgrund unterschiedlicher Auswirkungen der sozialen Härte eines Krieges ihr Leben verloren haben.
Politischer Druck sollte entstehen gegenüber den politischen Entscheidern in diesem Land, um zumindest humanitäre Hilfe im Donbass möglich zu machen.
Die medialen Propagandaschlachten, da braucht man sich keiner Illusion hingeben, werden in den nächsten Wochen eher noch zunehmen. Die deutsche Regierung wird von ihrer Unterstützung des ukrainischen Regimes so schnell nicht wegbewegt werden können.
Meine Hoffnungen setze ich aber nicht in Regierungen sondern in Menschen, die noch Empathie empfinden.
Konstanz ist bunt? Das will ich mir gerne zeigen lassen!
Stefan Frommherz