Wofür brennst Du? Glaubenskongreß gibt Antworten

„Loslassen“, sagt Gunter Lange aus Konstanz, der seit Jahren das Indianer Inuit Filmfestival in Stuttgart organisiert, „Loslassen – das habe ich bei den Indianern in Nordamerika und Kanada gelernt. Wir sind ja eher eine Kultur, die festhält.“ Gunter Lange gehört zu denjenigen, die der Aufforderung von Universität und Theater folgen, von dem zu erzählen, was sie im Innersten bewegt, wovon sie überzeugt sind, wofür sie brennen oder, kurz, woran sie glauben.

Glaube – das ist nicht nur der religiöse Glaube an Gott oder Geister, sondern wir bezeichnen mit diesem Wort die Überzeugungen, die nicht verhandelbar sind. Glaube bezeichnet den Ort, wo man steht und, wie Martin Luther sagte, nicht anders kann. Psychotherapeutinnen und -therapeuten hassen Glaubenssätze wegen ihrer Unverhandelbarkeit. Und sie lieben Glaubenssätze, denn sollte es gelingen, nur eine dieser, tief in der Psyche angelegten Überzeugungen zu verändern, dann ändert sich buchstäblich: alles.

Die Glaubenssätze, von denen die Psychotherapie spricht, unterscheiden sich natürlich von anderen, etwa politischen. Das Experiment der basisdemonkratischen kurdischen Autonomieregion Rojava, sagt der Mathematikstudent Florian Griebling, sei für ihn ein Modell freiheitlicher politischer Ordnung. Auch Griebling wird als Vertreter der Hochschulgruppe „Kurdische Rose“ seine Überzeugung beim Glaubenskongreß vorstellen.

Die Veranstaltung ist von Universität und Theater als Versuch eines neuen Formates der Begegnung und des Austausches von Kunst, Wissenschaft und Gesellschaft gedacht. Es ist weder ein reines Diskursformat, wie man es von anderen ‚Kongressen‘ kennt, bei denen hauptsächlich Vorträge gehalten werden, noch ist es ein rein szenisches Format, wie es im Theater üblich wäre. Tatsächlich werden die diskursiven Einlassungen aus Religion, Ästhetik, Politik und Wissenschaft durchbrochen von Szenen aus Stücken der langsam zuende gehenden, dem Thema Religion und Glauben gewidmeten Spielzeit des Theaters.

Einmal noch kann man Dramenfiguren dabei beobachten, wie sie ihre Konflikte bearbeiten und uns dabei vielleicht einen Spiegel vorhalten oder vielleicht eine Bewegung, sei es eine innere, sei es eine äußere, in Gang setzen, die sich aus dem umschützten Raum der Bühne in den offenen Raum unseres täglichen Handelns fortsetzt. Wir treffen das in Haßliebe einander verbundene Paar Penthesilea und Achill und den an sich selbst und seinem Heilsauftrag verzweifelnden Judas. Wir sehen die Flüchtlingsfrau Rut und den rasenden Chor aus Elfriede Jelineks Stück „Wut“. Wir sehen Betrunkene und andere verlorene Seelen, die im Rausch Vergessen oder Klarheit suchen.

Und wir treffen dazwischen Figuren, die in Austausch treten mit den Theaterfiguren: Den japanischen Maler Itsuki Yanai, der verzweifelt 30 Jahre seines Lebens damit zubrachte, den Isenheimer Altar zu kopieren, um an sich und dem Leben zu scheitern. Wir hören den Brief, den der vietnamesische Mönch Thich Nhat Hanh 1963 anlässlich der Selbstverbrennung buddhistischer Mönche an Martin Luther King schrieb. Und wir begegnen dem Feuer- und Kulturbringer der griechischen Mythologie, Prometheus, einem listigen Dieb und Trickster, der den Willen des Göttervaters Zeus, die Menschheit zu vernichten, hinterging und dafür bitter zahlen musste: Zeus ließ ihn an die Felsen des Kaukasus schmieden. Tag für Tag fraß ein Adler von seiner Leber, die über Nacht nachwuchs.

Für welche unserer Überzeugungen sind wir bereit zu bluten? Der Glaubenskongreß bietet die Möglichkeit, ausführlich miteinander ins Gespräch zu kommen, vielleicht mit Menschen und Überzeugungen, denen man sich in anderen Rahmen nicht stellen würde. Schauen Sie rein, auch wenn Sie nicht den ganzen Tag lang Zeit haben.

MM

Ihr sollt brennen!
Glaubenskongreß am 27. Mai, 14-19 Uhr, in der Spiegelhalle Konstanz
Offenes Kommen und Gehen über den Nachmittag ist erlaubt und erwünscht!

Mehr zum Thema:
13.03.18 | Ihr! Sollt!! Brennen!!!