Konkurs- und Regresshaus: Jetzt seid Ihr dran!

Fast alles wurde gesagt und geschrieben, was zum Thema KKH gehörte. Die verbleibenden Tage bis zum Bürgerentscheid wird sich voraussichtlich nichts Neues hinzugesellen. „Argumente“ und Argumente wurden ausgetauscht. seemoz hat sich von Anfang an eindeutig positioniert und empfiehlt seinen LeserInnen, zu wählen und mit NEIN zu stimmen.

Keine andere Debatte hat die Stadt in den zurückliegenden Wochen so beschäftigt wie jene um das KKH auf Klein-Venedig. Verständlich, denn wird das Projekt durchgewunken, könnte das fatale Konsequenzen für die Stadt haben. Bleibt zu hoffen, dass die Wahlbeteiligung hoch und das Ergebnis eindeutig ist. Der frühere IHK-Hauptgeschäftsführer und Freizeitjazzer „Jenseits von“ Haro Eden nannte die KKH-Gegner „Ewiggestrige“. Da taucht dann schon die Frage auf, ob Dixieland im Rentenalter das zentrale Nervensystem angreift. Das wird tatsächlich in Musikerkreisen seit Jahren diskutiert. Immerhin wünscht sich auch Eden eine hohe Wahlbeteiligung und verweist auf die Situation im Irak. Dort seien die Menschen trotz vieler Risiken zur Wahl gegangen. Aha. Ein schöner Vergleich, der Mann hat Niveau und bietet sich sogar als Pensionär mit üppiger Tagesfreizeit für höhere Aufgaben an.

Die KKH-Befürworter scheinen mir, je näher die Abstimmung rückt, etwas derangiert. Nicht nur, weil sie sich mit albernen Aktionen ohne Not zum Affen machen. Die Tatsache, dass auf der Unterschriftenliste der Konstanz-gibt-den-Tonangeber auch Personen aufgeführt sein sollen, die schon länger nicht mehr unter uns weilen, ist doch eine putzige Lachnummer. Wie aus gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen zu erfahren war, ließ Stadtmarketing-Chef Hilmar Wörnle umgehend einen weltweit anerkannten Reinkarnationsspezialisten einfliegen, um den peinlichen Vorgang noch bis zum Wochenende irgendwie zurecht zu biegen. Wir drücken die Daumen.

Bei ihrem Bemühen, mit mehr oder weniger prominenten Konstanzern in letzter Minute noch zusätzlich  Stimmung für die Hutschachtel zu machen, haben die Befürworter bislang eher zurückhaltende Zeitgenossen zusammen gekratzt. War KoKo-Geschäftsführer Armin Nissel Ende 2008 noch der Meinung, dass ein Konzerthaus unter 2000 Plätzen für sein Geschäft untauglich sei, lässt er sich jetzt zusammen mit seinem Partner Dieter Bös vor den Karren der keuchenden KKH-Trommler spannen. Also, ehemalige Mitstreiter aus längst vergangenen Zeiten: Juckt Euch rein gar nicht, dass diese Stadt, in der auch Ihr seit Jahrzehnten lebt, vorrangigere Probleme hat und sich das „Schmuckkästchen“ schlichtweg nicht leisten kann? Alles vergessen? Schade.

Schon früh und sehr deutlich für das KKH auf Klein-Venedig hat sich das Stadtblatt „Südkurier“ ausgesprochen. Am 18.4.2008 las sich das noch völlig anders an: „Die Konstanzer wollen ein Konzerthaus, aber an einem anderen Standort. Klein Venedig? Auf keinen Fall“. Kaum ein halbes Jahr später titelte Lokalchef Rau in einem Kommentar: „Konstanz, habe MuT“. Das Projekt segelte damals unter der Flagge „Musik- und Tagungshaus“. (Ein Etikett, das man sich bewahren sollte, wenn eventuell nach dem Bürgerentscheid eine abgespeckte Version an einem anderen Standort zur Debatte steht). Wer gedacht hatte, hier würde ausgewogene Berichterstattung betrieben, lebt wohl auf einem sehr fernen Planeten. War doch klar, dass einige Wochen vor dem Bürgerentscheid auch die Gegner zu Wort kommen, damit der Schein gewahrt wird. Das war es dann aber. Und ehrlich: Ich kann das Gejammer über das Blatt nicht mehr hören. Dann bestellt den Käse doch ab, spart über´s Jahr gerechnet runde 300 Euro und überweist einen Teil davon auf das magere seemoz-Konto. Die dürren SK-Geschichtchen bekommt Ihr auch online und für umme.

Ärgerlich ist, dass der Verlag mit dem Thema KKH die dicke Kohle zieht. Eine Art Kriegsgewinnlertum. Die Befürworter bewerben ihren KKH-Traum seitenweise im „Südkurier“ und auch im „Konstanzer Anzeiger“. Da gehen schätzungsweise mehrere zehntausend Euro über den Tisch. Beruhigend aber auch: das Wedeln mit den großen Scheinen kommt in der Stadt nicht gut an. Sogar in ganz normalen Weinstuben ist da von „großkotzigen“ Aktionen die Rede und von „Geldsäcken“, die sich aber ihren elitären Tempel gerne von anderen bezahlen lassen wollen.

Lassen wir es gut sein und hoffen darauf, dass die Vernunft siegt. Am Samstag wird es voraussichtlich noch ein Anti-KKH-Bürgerfest auf Klein-Venedig geben, für dessen zahlreichen Besuch wir hier schon mal vorab werben. Einen Tag später wissen wir dann, wohin die Stadt treibt.
Also: Jetzt seid tatsächlich Ihr dran!

AutorIn: H. Reile