Filmmogul und Menschenretter
Carl Laemmle wurde am 17.Januar 1867 im oberschwäbischen Laupheim als zehntes Kind in eine jüdische Familie hinein geboren. Sein Vater war ein erfolgreicher Geschäftsmann, Sohn Carl wandelte auf seinen Spuren und machte eine kaufmännische Lehre. Schon in seiner Jugendzeit verschlang Carl Laemmle Literatur über den Wilden Westen. Gerade 17-jährig bestieg er im Januar 1884 mit einem Schulfreund in Bremerhaven das Segeldampfschiff „Neckar“ und rund zwei Wochen später ging Carl Laemmle in New York von Bord.
Doch da blieb er nicht lange, er zog nach Chicago weiter, wo sein älterer Bruder Joseph wohnte. Vom Tellerwäscher zum Millionär – das war auch Carl Laemmles Vision von einem besseren Leben. Zuerst hielt er sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser. Dann brachte er es innerhalb kürzester Zeit zum Geschäftsführer einer Textilfirma. 1906 machte er sich selbstständig und kaufte ein kleines Kino, in dem man für fünf Cent von früh bis spät Kurzfilme anschauen konnte. Schnell merkte der schwäbische Auswanderer, dass dieser neue Geschäftszweig außerordentlich boomte und es dauerte nicht lange, da gehörten ihm bereits 50 Kinos.
Doch das war erst der Anfang der schier unglaublichen Erfolgsgeschichte des Carl Laemmle. 1909 gründete er seinen Filmverleih „Independent Motion Picture Company“ und verlegte seinen Produktionsort an die amerikanische Westküste, nach Kalifornien. Der clevere Geschäftsmann kalkulierte: Dort sind die Löhne niedriger und das Wetter besser, beides verringert die Herstellungskosten. Der umtriebige Unternehmer landete kurz darauf seinen größten Coup. Im kargen Hinterland von Los Angeles, heute bekannt als Hollywood, kaufte er eine Hühnerfarm und ließ auf dem Gelände das moderne Filmstudio „Universal City“ errichten. Zu der feierlichen Eröffnung 1915 wurde viel Prominenz mit einem Sonderzug angefahren. In den Jahren darauf produzierte Laemmle Filme wie „Das Phantom der Oper“, die Horrorfilme „Dracula“ und „Frankenstein“, oder „Der Glöckner von Notre Dame“.
Seiner alten Heimatstadt Laupheim blieb Carl Laemmle innigst verbunden. Oft war er auf Besuch und jedesmal wurde der „reichen Onkel aus Amerika“ groß gefeiert. Laemmle war spendabel, unterstützte die jüdische Gemeinde, richtete eine Armenstiftung ein, half finanziell beim Bau einer Turnhalle und spendierte der Stadt ein Bad. Die Laupheimer Stadtväter revanchierten sich, benannten eine Straße nach ihm und machten ihn zum Ehrenbürger. Mit dem Erstarken der Nationalsozialisten änderte sich die Stimmung aber schlagartig.
Als Laemmle 1930 für seinen Antikriegs-Film „Im Westen nichts Neues“ mit dem Oscar ausgezeichnet wurde, schmähte ihn die NS-Propaganda umgehend als „Filmjuden“. Das führte dazu, dass „Im Westen nichts Neues“ in Deutschland verboten wurde. Außerdem entzog man Laemmle die Ehrenbürgerschaft seiner Geburtsstadt Laupheim und die nach ihm benannte Straße bekam 1933 den Namen eines Nationalsozialisten.
Weltwirtschaftskrise und zunehmende Konkurrenz auf dem Filmmarkt veranlassten Carl Laemmle, sein Imperium 1936 für viel Geld zu verkaufen. Meriten hat er sich fortan auf einem ganz anderen Feld erworben. Er stellte Bürgschaftserklärungen, sogenannte Affidavits, für mehrere Hundert jüdische Familien aus Laupheim, Nürnberg, Berlin und vielen anderen Städten aus. Damit übernahm er als amerikanischer Bürger die Garantie, für die Versorgung der jüdischen Familien aufzukommen, die sich dem Zugriff der braunen Mordbanden entziehen konnten. Auf diese Weise rettete Carl Laemmle viele Menschen vor dem sicheren Tod in den Konzentrationslagern. 1939 starb der mutige Mann in Beverly Hills.
Erst sehr viel später hat sich die Stadt Laupheim wieder an ihren wohl bekanntesten Sohn erinnert. Das örtliche Gymnasium trägt seinen Namen, dazu eine Straße und ein Brunnen. An seinem Geburtshaus wurde eine Gedenktafel angebracht und im Museum zur Geschichte von Christen und Juden in Laupheim gibt es einen eigenen Laemmle-Trakt.
Autor: Archiv/hr