Schöne Tage…

…wünscht seemoz all seinen LeserInnen und Sympathisanten aus nah und fern und natürlich auch seinen Anzeigenkunden und Sponsoren, die dazu beitragen, dass unser Dreimaster immer noch flott im Wind segelt. Die nächsten Tage lassen wir es etwas gemächlicher angehen, aber ein seemoz- Notdienst bleibt an der Tastatur.

Das Jahr war in jeder Hinsicht bunt und schillernd und das nächste bringt, da muss man kein Hellseher sein, allerlei Überraschungen. Einige davon werden uns sauer aufstossen. Turbulenzen allerorten sind im Anmarsch und einige schielen schon um die Ecke. seemoz wird sich weiterhin einmischen, Debatten anstossen, Stimmungen ausloten – kritisch, informativ, aber auch widerborstig und aufmüpfig. Versprochen.

Ein Dank an dieser Stelle noch denjenigen, die ihr weihnachtliches Füllhorn auch über seemoz öffneten. Nachahmenswert. Die Spendeneuros sorgten dafür, dass unser Steuerberater nun doch davon ablassen will, ein Entmündigungsverfahren gegen uns einzuleiten. Wir atmen auf.

Weiterhin gilt für seemoz ein leicht abgeändertes Achternbusch-Motto: Wir mögen diese Stadt und diese Gegend und wir schreiben so lange, bis man es ihr anmerkt. Wie auch immer: Bleibt uns gewogen.

Redaktion seemoz

Als kleine Zugabe hier ein etwas anderes Weihnachtsmärchen von Peter Grohmann aus Stuttgart.

Es lebte ein König in fernen Zeiten …

Es lebte ein König in fernen Zeiten, der nannte 1000 Weinberge sein Eigen und ebenso viele Olivenbäume. Die Zahl seiner Kamele übertraf sogar die seiner Untertanen. Wenn ein Jahr sich dem Ende neigte, waren unzähliger seine Boote durch die Meere der Welt gesegelt, hatten Stürmen getrotzt und Kunde gebracht von alten und neuen Ländern, Botschaften von der Sehnsucht, Grüße von der Gerechtigkeit.

Und jedes Mal, wenn ein Jahr dem Ende sich neigte, versammelte der König die Kinder seines Volkes um sich, um ihren Rat zu hören. Denn nichts, so wusste der König, geht über den Rat von Kindern. Auch die Kapitäne der Schiffe, die die Meere der Welt durcheilt hatten, kamen zuerst zu den Kindern, noch ehe die Ladung gelöscht war, um zu berichten, was sie gesehen hatten auf ihren weiten Reisen. Die Kinder waren es, die um die Klugheit der Mayas wussten, von der Schönheit der Mädchen in Podgorica und Tivat. Sie hörten von der Kunst der Heiler im Fernen Osten, staunten über die grünen Oasen im Sand der Wüsten, und die heißen Quellen im Norden, die fliegenden Fische im Süden. Doch auch von untergehenden Reichen, Trockenheiten, grausamen Eroberern und Hungersnöten hörten sie mit Trauer.

Einzig die Kinder wussten, dass es nicht nur die 1000 Kamele des Königs gab, sondern auch 1000 Geheimnisse, 1000 Unwägbarkeiten und tausendmal Glück.

Doch es kam der Tag, an dem es dem König langweilig wurde mit seinen Kindern. Als sie anklopften zur rechten Zeit am Tor des Palastes, ließ er sich verleugnen. Stattdessen erließ er einen Aufruf an sein Volk, um alles um sich zu versammeln, was wirklich Rang und Namen hatte. Er lud zu einem großen Silvesterball im abendländischen Festzelt, gesponsert von der Deutschen Bank, Siemens und BILD.

Als erstes kam die Armut, gestützt von der Wohlfahrt. Der Armut folgte humpelnd der Hunger, von der Ohnmacht begleitet. Dann trat der Krieg ein – nicht zu erkennen, obwohl in schmucker Uniform. Ruhe und Ordnung folgten ihm auf dem Fuße. Großer Beifall brandete auf, als die Demokratie eintraf – „etwas spätbürgerlich zurechtgestutzt“, wie der König schmunzelnd anmerkte. Irgendetwas fehle noch. Alles grübelte. Endlich hörte man: Das große Geld ist vorgefahren, an seiner linken den Rohstoffmangel, rechts den Aktienmarkt. „Und wo bleiben Profit und Marktwirtschaft?“ fragte der König. „Oh, die treffen sich noch kurz mit dem Klimaschutz und dem Emissionshandel…“. Dann aber war das Fest bald in vollem Gange. Plötzlich kam Unruhe auf. Die Demokratie zog unwillig ihre Braunen hoch. Tatsächlich – da: Am Eingang des jahreszeitlichen Gemengegelages wartete die Kritik, zickig, unangemessen, leicht übertrieben -sie war natürlich nicht eingeladen worden. Die alten, erfahrenen Herren des Saalschutzes hatten längst ihre Videokameras aufgebaut und Ackermanns Feuerlöscher in Position gebracht. Unruhig auch die Pferde der sechs Berittenen, voller Vorfreude auf Böller und Bengalen, bereit zur Attacke.

Da freilich hob der König seine Rechte, sah sich um im weiten Kreis der Sponsoren und fragte dann, mit dem berühmten Augenzwinkern: „Wolle mer ’se rei’ lasse?“

Das Volk brüllte und johlte. Der Krieg klopfte sich auf die Schenkel. Die Berittenen wieherten. Die Habgier bekam fast keine Luft mehr vor Lachen.

Unter großem Hallo hieß man die Kritik willkommen zur Silvesterfeier 2008.

Und die Kinder? Abgewiesen von den großen Festen des Volkes, hatten sie das Weite gesucht, Abschied genommen vom Hafen der Einfalt. Dort kaperten sie ein Schiff, eine alte Schaluppe, wollten auslaufen in Richtung Sehnsucht und Glück. Doch als sie die Anker lichteten, als sie die Segel setzen wollten, sahen sie, dass das Tuch, das die gute Gesellschaft gewebt hatte, sehr fadenscheinig geworden war. Der kleinste Wind der Zeit würde es zerfetzen.

Nachdenkend erinnerten sie sich an die alten Geschichten, an Sagen und Märchen, an die vergessenen Nachrichten von Utopia. In der Not fielen ihnen schließlich ihre alten Freunde ein: Die Schmetterlinge! Wie hatten sie die vergessen können?! Zunächst, da die Tage noch kühl waren, hörten den Ruf der Kinder nur hundert und hundert. Doch die Kinder hatten Geduld. Als dann die ersten Strahlen der Sonne ins Land fielen, waren es bald tausend und tausend. Und die Schmetterlinge breiteten ihre Flügel aus, hundertmal tausend mal tausend, Flügel in den herrlichsten Farben, und sie ersetzen Segel und Masten der alten Schaluppe.

Es war, glaubt mir das, eines der prächtigsten Segel, dass je gesetzt wurde.

Es glitzerte und glänzte in allen Farben, und es war groß genug, das alte Schiff der Menschen mit den neuen Botschaften über die Meere zu tragen.

Botschaften von der Sehnsucht, Grüße von der Gerechtigkeit.

Autor/In: Redaktion / Peter Grohmann