Lauter neue und ungebetene Freunde

seemoz-intern-ausrufezeichenNachdem wir darauf aufmerksam gemacht hatten, dass sich auf den Online-Seiten des Südkurier seit Monaten Rassisten und Ausländerfeinde ungehemmt austoben dürfen, hat der Verlag zurück gerudert und jetzt die übelsten Kommentare gelöscht. Das wiederum versetzte die anonymen Schmutzfinken in höchste Aufregung und sie deckten seemoz postwendend mit wenig schmeichelhaften Äußerungen zu. Der Mob brodelte und erbrach sich auf breiter Front.

Der seemoz-Beitrag „Südkurier Online: Ein Tummelplatz für Rassisten“ führte dazu, dass sich viele LeserInnen bei der Südkurier-Online-Redaktion beschwerten und sie aufforderten, dem volksverhetzenden Treiben unverzüglich ein Ende zu setzen. Es dauerte einige Tage, bis sich die Online-RedakteurInnen des Südkurier zumindest teilweise an ihre eigenen Kommentarregeln erinnerten, in denen unter anderem zu lesen ist: „ (…) Extremismus und Propaganda jeder Art, (…) Diffamierungen, Drohungen, Diskriminierungen (aufgrund von Herkunft, Nationalität, Religion, sexueller Orientierung, Alter, Geschlecht, etc.), Hetze (…) sind in unseren Kommentaren untersagt, auch wenn sie nur angedeutet oder indirekt geäußert werden“.

Ihrer bisherigen Spielwiese beraubt, erreichten uns innerhalb kürzester Zeit über 50 Zuschriften aus der dumpf-völkischen Ecke, vervierfachten insgesamt unsere üblichen Zugriffe auf die seemoz-Seite, zogen ihre Tarn- und Hasskappen bis ganz tief unters Kinn und schossen aus allen Rohren. Als „Meinungsfaschisten“ und „Nachfolger der Mauermörderpartei“ wurden wir tituliert, als „Kopfabschneider-Sympathisanten“ und „michel“ schrieb: „Die einzigen Faschisten seit (!) ihr, unehrenwerte seemoz.de. Das schöne ist, immer mehr Deutsche wachen auf“. „Das rote Eichhörnchen“ wurde deutlich: „Für jeden illegal eingedrungen (!)“ sollte „10 rotgrün deutschfeindlichen Gesinnungs-und Meinungsterroristen“ kurzer Prozess gemacht werden. Seine Empfehlung: „Rübe ab“. Des weiteren übte sich der außer Rand und Band Geratene in historischen Einordnungen. Der kritische seemoz-Artikel über die anonymen Hassprediger auf Südkurier Online sei vom „Chefideologen der Roten Khmer Konstanz“ geschrieben worden und der Autor das „Produkt einer feucht-fröhlichen alt-68ziger Gruppensex-Drogennacht“. Der ist fast schon gut.

Rund zwei Tage lang erreichten uns Zuschriften dieser Qualität. Viele der Absender behaupten unisono, dass mit der Aufnahme von Flüchtlingen die „Kultur der Deutschen“ zerstört werde. Zumindest ein Mindestmaß an Bildung scheint aber an einem Großteil der selbsternannten Kulturbewahrer völlig vorbeigegangen zu sein, denn kaum einer ist in der Lage, einen halbwegs fehlerlosen Satz zu formulieren. So lässt uns „Klardenker“, der auch gerne sein Unwesen auf Südkurier Online treibt, wissen, seemoz berichte „nie über die tausenden Deutschen, die seit 1990 von Ausändern ermordert wurden (…)“. Stimmt, denn das ist dummes Zeug eines Zeitgenossen, der völlig neben der Spur liegt und dem wohl auch kaum mehr zu helfen ist.

Die kurzfristige Löschung diverser „Kommentare“ wurde vom Südkurier sehr halbherzig vollzogen. Immer noch muss man beispielsweise unter einem Beitrag von Redakteurin Sandra Pfanner, die vorletzte Woche über die Flugblattaktion von Neonazis in Konstanz berichtet hatte, rechtsradikale Propaganda ertragen, verfasst unter dem Pseudonym „Graf Stauffenberg“: „Feiges faules deutsches Volk – steht endlich auf! Es ist Euer Land – geht auf die Straße“. Dazu unverhohlene Werbung für Pegida und auch der Link auf „Politically Incorrect“, einer rechtslastigen Internetpublikation, darf weiterhin nicht fehlen. In ihrem gestrigen Kommentar „Digitaler Rassismus“ erklärt die junge Redakteurin Pfanner, dass eine Löschung mancher Zuschriften „in Einzelfällen notwendig“ sei, aber das Problem nicht löse. Richtig, das war letzte Woche auch auf seemoz zu lesen. Niemand aber hindert den Südkurier daran, das zu tun, was bei uns zur Regel geworden ist: Mit wenigen Ausnahmen – wenn uns beispielsweise eine Information aus der Verwaltung erreicht und wir den Absender vor Ungemach schützen müssen – schalten wir fast alle Kommentare nur unter Klarnamen frei. Und das bleibt auch so. Zur Nachahmung empfohlen.

Holger Reile[modal id=“19250″ style=button color=default size=default][/modal]