Schon vergessen: Der „Magier der Elektrizität“

Am 10.Juli 1856 kommt Nikola Tesla in dem kleinen kroatischen Dorf Smiljan auf die Welt. Sein Vater, ein serbisch-orthodoxer Priester, ist davon überzeugt, dass sein Sohn später in seine Fußstapfen tritt. Schon früh versetzt der kleine Nikola jedoch seine Umgebung in Staunen. Er berechnet die kompliziertesten Dinge im Kopf, baut komplexe Apparate und gilt alsbald als „Magier der Elektrizität“. Heute ist das Jahrhundertgenie fast vergessen.

Seine Methode, erinnert er sich später, sei immer gewesen: „ Ich mache mich nicht gleich an die Arbeit. Wenn ich einen Einfall habe, beginne ich, ihn in meiner Vorstellung zu entwickeln. Ich verändere die Konstruktion, nehme Verbesserungen vor und betreibe das Gerät im Kopf“.

Die Schule unterfordert ihn, sein Interesse gilt hauptsächlich dem Physiklabor. Noch im Knabenalter baut er Turbinen, die weitaus effizienter funktionieren als jene, die damals im Gebrauch sind. Aber nicht nur in naturwissenschaftlichen Fächern beweist Nikola Tesla sein Genie. Er ist enorm belesen und lernt im Laufe seines Lebens zehn Sprachen. Vater Tesla sieht ein, dass sein hochtalenter Filius besser an einer Universität aufgehoben sein würde als in einem Priesterseminar. Nikola Tesla ist gerade neunzehn, da geht er nach Graz und studiert Maschinenbau. Er sucht nach einer Möglichkeit, mit Wechselstrom Energie zu übertragen. Ein für jene Zeiten revolutionäres Projekt, denn man hatte sich weltweit auf Gleichstrom eingeschworen.

Die Idee vom Wechselstrom

1881 begibt sich Tesla nach Budapest und tritt dort in die Dienste einer Telefongesellschaft. Bei einem Spaziergang im Park wird ihm plötzlich klar, wie seine Idee mit dem Wechselstrom umgesetzt werden könnte. Kurz darauf baut Tesla den ersten Wechselstrom-Motor der Welt und stellt die damalige Technik auf den Kopf. 1884 geht Tesla auf Empfehlung der Edison-Niederlassung nach New York, um dort eng mit dem berühmten Thomas Alva Edison zusammen zu arbeiten.

Doch die beiden Naturwissenschaftler konnten gegensätzlicher nicht sein: Hier Edison, der gerissene Geschäftsmann, der mit seinen Erfindungen viel Geld machen will, auf der anderen Seite Tesla, der selbstlose Idealist, dessen Idee es ist, der Menschheit einen kostenlosen Zugang zu Energie zu ermöglichen. Zum endgültigen Bruch kommt es, als Edison sich weigert, Tesla für seine Mitarbeit ein versprochenes Honorar zu bezahlen.

Teslas Wechselstrom-Motor geht 1888 in Serie und mit ihm ist es erstmals möglich, Strom über weite Strecken und ohne große Verluste zu übertragen. Bereits ab 1896 werden in allen größeren Städten weltweit nur noch Wechselstromanlagen installiert.

Der einsame Visionär

Der geniale Erfinder hält ab 1890 vor großem Publikum viel beachtete Vorträge und fasziniert seine Zuhörer. Fortan gilt er als „Magier der Elektrizität“. Sein Erfindungsreichtum ist gigantisch: Zwischen 1985 und 1927 meldet er über 100 Patente in den USA an. Bevor die Industrie die Leuchtmittel entdeckt, hat Tesla sein Labor schon mit Leuchtstoffröhren ausgestattet. Er erfindet die Tesla-Spule, die heute noch Grundlage für die Fernsehtechnik ist und entdeckt als erster die Gefährlichkeit der Röntgenstrahlen. Bereits Anfang des 20.Jahrhunderts schreibt er einen vorausschauenden Artikel über das Problem der Verbrennung von fossilen Brennstoffen. Sein bahnbrechender Appell an die Wissenschaft gipfelt in der Forderung, die Forschung im Bereich der erneuerbaren Energien zu verstärken, um die Ausbeutung unseres Planeten zu stoppen.

Nikola Tesla ist zeitlebens ein Visionär geblieben, dem Reichtum nichts bedeutete. Das Geld mit seinen Erfindungen machen andere. Er gerät langsam in Vergessenheit. Irgendwann zwischen dem 6. und 8.Januar 1943 stirbt der wohl selbstloseste Erfinder der Geschichte einsam und verlassen in einem New Yorker Hotel. Nach seinem Tod konfisziert das FBI Teslas Nachlass und erklärt ihn für streng geheim. Erst 1957 wird er an Jugoslawien übergeben, wo er im Tesla-Museum in Belgrad auch zu besichtigen ist.

Jahrzehntelang stand eine Tesla-Statue in der Nähe seines kroatischen Geburtsortes, die aber während des Jugoslawienkrieges von kroatischen Nationalisten zerstört wurde. Ihnen passte Teslas frühere Erklärung nicht, dass er stolz auf seine kroatische Heimat sei, aber auch auf seine serbische Herkunft.

Autor: H.Reile