Nach rassistischem Rathauserlass: LLK will Städtepartnerschaft mit Lodi aussetzen
Skandal um Lodi, Teil zwei: Nicht nur das Fährschiff gerät in die Schlagzeilen (siehe hier), auch die Namensgeberin macht in übler Weise von sich reden. Dazu hat die LLK eine klare Meinung, die sie in einer aktuellen Mitteilung an die Medien formuliert. Im Wortlaut:
Die Linke Liste Konstanz fordert eine Grundsatzdiskussion über die Zukunft der Städtepartnerschaft mit Lodi. Anlass ist das Vorgehen der von der Lega-Bürgermeisterin Sara Casanova regierten Gemeinde, Flüchtlingskinder von der Schulkantine auszuschließen. Die rechte Politikerin verlangt, mit ausdrücklicher Rückendeckung des rechten Innenministers Salvini, von allen Eltern mit ausländischen Wurzeln die Offenlegung ihres Vermögens. Wie nicht anders zu erwarten, sind gerade Flüchtlinge kaum in der Lage, dieser migrantenfeindlichen Forderung nachzukommen. Im Ergebnis wurde etwa 300 Kindern der Kantinenbesuch untersagt, auch den Schulbus dürfen sie nicht mehr nutzen.
Die Linke Liste bezeichnet diese Regelung, mit der Lodi italienweit für Empörung sorgt, als rassistisch. „Im Stil rechter Hetzjagden wird den Familien mit Wurzeln im Ausland unterstellt, sie hätten außerhalb Italiens Staatsgrenzen Vermögen gehortet, aus denen sie jederzeit genügend Geld aufbringen könnten, um den Höchstsatz der nach Einkommen gestaffelten Essenspreise zu zahlen“, kritisiert LLK-Stadträtin Anke Schwede die Politik der rechten Hardliner. Das seien Praktiken, die an Apartheidpolitik erinnerten; die betroffenen Kinder müssten „nicht nur über Mittag hungern, sie werden damit aus ihren Freundeskreisen ausgeschlossen und zu Schüler*innen zweiter Klasse degradiert“, so Schwede weiter.
Solch eine „menschenverachtende Politik“ könne nicht geduldet werden, erklärt ihr Ratskollege Holger Reile. „Die Linke Liste Konstanz fordert die Stadtverwaltung auf, klare Kante zu zeigen und den Partnern in Lodi unmissverständlich zu verstehen zu geben, dass sie damit die Grundlage für eine dauerhafte Städtepartnerschaft aufkündigen“, so der LLK-Rat. Die zwischen europäischen Kommunen geschlossenen Partnerschaften sollten Zeichen setzen für Frieden, Völkerverständigung und Toleranz. Gegen diese Grundsätze verstoße die Rechtspolitikerin Casanova gröblich. Reile weiter: „Erst am 5. Oktober hat sich die Stadt mit Geflüchteten solidarisch erklärt. Oberbürgermeister Burchardt wird beweisen müssen, dass er die Schirmherrschaft der beeindruckenden Demonstration gegen die Rechtsentwicklung nicht nur zum Schein übernommen hat.“
Zur Tagesordnung könne man nach den beunruhigenden Entwicklungen in der Partnerstadt nicht übergehen. Die LLK will deshalb, dass sich Stadt und Gemeinderat grundsätzlich mit dem Thema befassen. Als Konsequenz müsse die Städtepartnerschaft ausgesetzt werden, solange sich kein Kurswechsel abzeichne, fordern die Stadträt*innen der Linken Liste. „Freundschaft mit Fremdenfeinden ist für uns ausgeschlossen!“ Konstanz müsse stattdessen Solidarität mit den tausenden BürgerInnen in Lodi und Italien üben, die gegen den Erlass auf die Straße gegangen sind und binnen weniger Tage zehntausende Euro für die ausgegrenzten Kinder gesammelt haben. „Dass der Erlass nun zumindest entschärft wurde, ist den Menschen zu verdanken, die sich gegen die menschenfeindliche Politik gestellt haben“, betont Anke Schwede.
Linke Liste Konstanz
Foto: Protest am 16.10. auf der Piazza Broletto in Lodi gegen die rassistische Schulpolitik der Lega (Quelle: Partito della Rifondazione Comunista SE – Regione Lombardia).
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„Eine Städtepartnerschaft (auch Gemeindepartnerschaft oder Jumelage) ist eine Partnerschaft zwischen zwei Städten oder Gemeinden mit dem Ziel, sich kulturell und wirtschaftlich auszutauschen. Die meisten Partnerschaften bestehen zwischen Städten in verschiedenen Ländern.“ (Heinrich Böll-Stiftung)
Ob man die laut obigem Artikel teilweise erfolgreichen Anstrengungen der Bevölkerung in Lodi gegen den Erlass dadurch unterstützt, indem man jetzt die Städtepartnerschaft ausschließlich auf die politische Ebene hebt, möchte ich bezweifeln.
Hingegen: sollte der kulturelle und wirtschaftliche Austausch zwischen den Städten Konstanz und Lodi sowieso (fast) nur noch auf dem Papier bestehen, dann wiederum wären die Ansichten und Vorschläge von Dennis Riehle zu teilen bzw. zu unterstützen.
Es gibt keinen Zweifel: Nach solch einem Vorgehen muss die Städtepartnerschaft mit Lodi auf den Prüfstand. Das rassistische Vorgehen der dortigen Rathausspitze ist ein Schlag ins Gesicht derer, die die Freundschaft mit dem italienischen Partner zu pflegen vermögen. Der Ausdruck der Verbundenheit, er kann nicht länger aufrecht gehalten werden, solange Lodi mit einem Erlass Diskriminierung und Denunzierung betreibt.
Ein erster Schritt sollte eine deutliche Aussprache des Entsetzens von Seiten des Konstanzer Gemeinderates und des Oberbürgermeisters sein. Denn tatsächlich passt es nicht zusammen, wenn hierzulande auf den Straßen für Toleranz und Freiheit demonstriert, gleichzeitig aber die Partnerschaft mit einer Stadtspitze gepflegt wird, die sich zutiefst menschenverachtend verhält.
Die Ereignisse und Meldungen aus Italien, sie müssen uns mit großer Sorge erfüllen. Denn überall im Land scheinen die Hardliner am Werk zu sein, den Gedanken eines weltoffenen Europas mit Füßen zu treten. Eine zunehmende Überheblichkeit der Regierung ermutigt nun offenbar auch immer mehr die dortigen Kommunen, mit abstoßenden Entscheidungen die rechte Ideologie des Nationalismus durchzusetzen. Bisher hatte man gehofft, dass es nicht so weit kommen möge, doch nach den Nachrichten, die „seemoz“ dankenswerterweise verbreitet, muss Konstanz reagieren und Haltung bewahren. Die hiesige Politik ist jetzt gefordert!