Proteste gegen das geplante Atommüll-Endlager
„Auch wir in Baden-Württemberg sind von der Entscheidung der Schweiz betroffen. Wir müssen nun über die möglichen Auswirkungen auf die Menschen und Natur sowie die geplanten Sicherheitsvorkehrungen sprechen.“ So Nese Erikli, Landtagsabgeordnete der Grünen. Auch ihr Kollege Hans-Peter Storz (SPD) kritisiert das geplante Vorhaben und fordert ein Mitbestimmungsrecht für die angrenzenden deutschen Kommunen.
Die Schweizer Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle (Nagra) teilte am vergangenen Samstag mit, dass das neue Endlager für Atommüll in der Region Nördlich Lägern errichtet werden soll. Der Standort befindet sich in unmittelbarer Grenznähe zu Baden-Württemberg und insbesondere dem Landkreis Waldshut. Aber auch die Kreise Konstanz, Lörrach und der Schwarzwald-Baar-Kreis liegen nicht weit entfernt.
„Aus diesem Grund sind auch wir in Baden-Württemberg von dieser Entscheidung betroffen. Wir müssen nun über die möglichen Auswirkungen auf Menschen und Natur sowie die geplanten Sicherheitsvorkehrungen sprechen“, sagt Nese Erikli, Landtagsabgeordnete des Wahlkreises Konstanz-Radolfzell.
In dem Endlager sollen etwa 9300 Kubikmeter hochradioaktiver sowie 72 000 Kubikmeter mittel- und schwach radioaktiver Abfälle entsorgt werden. Die Abfälle stammen aus Schweizer Atomkraftwerken, der Medizin und der Industrie. Die Endlagerpläne werden nun von Baden-Württemberg vertieft geprüft. „Unsere Landesregierung wird sich mit den betroffenen deutschen und schweizerischen Behörden über die Standortwahl und ihre Risiken austauschen“, erklärt Nese Erikli.
„Da sich das künftige Endlager in einem Gebiet mit einem der wichtigsten Grundwasserströme Europas befinden wird, ist es insbesondere wichtig herauszufinden, wie der Atommüll das Grund- und Tiefenwasser in Baden-Württemberg beeinflussen könnte. Unser Trinkwasser darf in keinem Fall gefährdet werden.“
Viele weitere Fragen sind noch offen. Auch ist zum Beispiel unklar, wo die Verpackung zur Endlagerung stattfinden könnte oder wie die Abfälle transportiert werden sollen. Die Nagra wird voraussichtlich bis 2024 ein entsprechendes Baugesuch einreichen.
Auch der SPD-Landtagsabgeordnete Hans-Peter Storz meldet in einer Pressemitteilung Bedenken gegen das Schweizer Endlager an. „Deutsche Gemeinden sind unmittelbare Nachbarn des geplanten Atommüll-Endlagers in der Schweiz. Sie benötigen gleiche Mitwirkungs- und Beteiligungsrechte in der weiteren Projektplanung wie die Kommunen in unserem Nachbarland“, und das gelte „auch für die vorgesehenen Ausgleichszahlungen für die Schweizer Standortkommunen.“ Zudem merkt Storz an: „Das Atommüll-Lager ist ein Gewerbebetrieb, der nicht unerhebliche Belastungen durch umfangreiche Lieferungen von hochgiftigem Material auslöst. Dies macht ein entsprechendes Verkehrskonzept erforderlich, das das Ziel verfolgt, Anlieferverkehr zu minimieren“. Und: „Die Entscheidung der Schweiz darf das deutsche Auswahlverfahren zur Suche nach dem optimalen Standort für den deutschen Atommüll nicht vorherbestimmen,“ so Storz und fordert: „Die Standortentscheidung muss wie beschlossen nach objektiven wissenschaftlichen Kriterien erfolgen“. Zu beachten sei auch, „dass die deutsch-schweizer Grenzregion in Südbaden aufgrund der Schweizer Beschlüsse eine höhere Last als andere Gegenden in Deutschland tragen wird. Auch diese Belastungen müssen im Auswahlverfahren angemessen berücksichtigt werden.“
Text: Pressemitteilungen von Nese Erikli (Grüne) und Hans-Peter Storz (SPD)
Bild: Pixabay
@Helmut Reinhardt: nicht nur dass keine Anlage dauerhaft dicht ist, wir verlagern die Probleme immer wieder nur von A nach B. Was nämlich niemanden (aktuell) interessiert ist was mit dem Dreck aus Kölliken passiert. Mit Milliarden Aufwand wird der Dreck verladen und selbst in den Waggons herrscht dauerhaft Unterdruck. Am Ende wird der Dreck wieder verbuddelt, dieses mal in den Niederlanden weil es dort andere gesetzliche Bestimmungen gibt. Ob die Menschen dort über die Herkunft des Drecks informiert sind wage ich zu bezweifeln.
Sollte es um Standorte für ein Endlager auf deutscher Seite gehen, kann diese Informationsquelle hilfreich sein:
„Ihr Wohnort ist als Teilgebiet für ein Endlager ausgewählt worden. Die geologischen Daten dahinter sind aber nicht frei verfügbar. Dann richten Sie Ihre Fragen an die Sachverständigen des Nationalen Begleitgremiums.“
https://www.nationales-begleitgremium.de/SharedDocs/Artikel/DE/Aufruf_Fragen_an_Sachverständige_5_1_2020.html
„Welche Rolle spielen die Kommunen bei der Endlagersuche?“
https://www.nationales-begleitgremium.de/SharedDocs/Termine/DE/NBG-Termine_Veranstaltungen/NBG-Veranstaltung_Kommunen_20_9_2022.html
„Marcos Buser, Geologe und ehemaliges Mitglied der Eidgenössischen Kommission für nukleare Sicherheit (KNS), kritisiert schon seit mehr als 40 Jahren das seiner Meinung nach intransparente Vorgehen der Nagra bei der Standortsuche…“
https://www.srf.ch/news/schweiz/endlager-in-noerdlich-laegern-der-entscheidungsprozess-ist-voellig-intransparent
Eine ausführlichere Stellungnahme von Marcos Buser dazu:
„..Dass die mit der Tiefenlagerung betraute Nagra in der Schweiz möglichst schnell eine Lösung für die Endlagerung haben will, ist verständlich. Auch in anderen Ländern wird ein Zeitdruck aufgebaut. Die Energiewirtschaft muss mit der Kernenergie irgendwann zu einem Ende kommen. Es ist aber abzusehen, dass die Kosten für die Entsorgung explodieren werden. Das spielt jedoch nur eine sekundäre Rolle. Wichtig ist es, dass die Sicherheit der Entsorgung gewährleistet wird, kurz- wie langfristig. Ich habe als Geologe genug Fehlschläge erlebt, wenn es darum ging, Abfall loszuwerden. Es gibt keine konventionelle Deponie, die nicht früher oder später undicht wurde. Die symbolträchtige Sondermülldeponie Kölliken im Kanton Aargau ist nur eine der vielen traurigen Hinterlassenschaften unserer Industriegesellschaft. Auch in diesem Fall hat man zunächst nur gespart. Heute kostet die Sanierung solcher Altlasten Unsummen. Das bezahlen wir alle und vor allem unsere Kinder und Kindeskinder. Der Umgang des Menschen mit seinem Abfall ist ein Desaster. Wenn ich noch keine grauen Haare hätte, würden sie mir wachsen, wenn ich daran denke, wie wir Menschen mit unserem Planeten umgehen.“
https://www.mensch-und-atom.org/index.php/de/meinungen/zukunft/139-marcos-buser-geologe-und-sozialwissenschaftler-schweiz
Marcos Buser
Wohin mit dem Atommüll?
Das nukleare Abenteuer und seine Folgen
Ein Tatsachenbericht
https://rotpunktverlag.ch/buecher/wohin-mit-dem-atommull