Offener Brief #UnsereGenerationUnserJob

Über 400 Politikerinnen und Politiker, Prominente, WissenschaftlerInnen und Intellektuelle aus NGOs, Kultur, Religionen und Wirtschaft haben einen Offenen Brief an Bundeskanzler, Abgeordnete und Konzernvorstände veröffentlicht. Oberbürgermeister Uli Burchardt zählt zu den Erstunterzeichnern. Die Petition zu unterzeichnen steht übrigens allen Interessierten offen. Hierzu eine Medienmitteilung der Stadt sowie einige Reaktionen.

Die Stadt teilt mit

Anlässlich des jüngsten Weltklima-Berichts, des Aufweichens des Klimaschutzgesetzes und der anhaltenden Klimaproteste mahnen die Unterzeichnenden bei den Verantwortlichen unsere gemeinsame Handlungs-Verantwortung als erste und letzte Generation an, die den Klimakollaps noch aufhalten kann. Unter dem Motto „Unsere Generation – unser Job“, rufen sie zu einer gemeinsamen, parteiübergreifenden historischen Leistung auf.

„Es war für mich eine Selbstverständlichkeit, dass ich den Offenen Brief #UnsereGenerationUnserJob des Strategienetzwerks Klima unterzeichne. Hier besteht dringender Handlungsbedarf und mit dem Nachdruck der Vielzahl bekannter UnterzeichnerInnen können wir etwas bewegen. Ich freue mich über jede und jeden, der die Chance nutzt und die Petition auch noch unterzeichnet“, so OB Uli Burchardt.

Erst am 20. März hatte der Weltklimarat seinen sechsten Sachstandsbericht veröffentlicht und festgestellt, dass dringender denn je gehandelt werden müsse. Für eine 1,5-Grad-kompatible Welt müssten die CO2-Emissionen weltweit bis zum Jahr 2030 fast halbiert werden. Deutschland kommt den dafür nötigen Pflichten bei weitem nicht nach.

Zu den ErstunterzeichnerInnen des Offenen Briefs „Unsere Generation – unser Job: Aufruf zur gemeinsamen Generationenverantwortung!” gehören neben OB Uli Burchardt u.a. PolitikerInnen wie Ruprecht Polenz (CDU), Hans-Josef Fell, Katja Dörner (Grüne), Klaus Mindrup (SPD) und Lorenz Gösta Beutin (Linke), Intellektuelle wie Sarah Wiener, Konstantin Wecker und Hannes Jaenicke, NGO-VertreterInnen wie Kai Niebert, Jürgen Resch und Silke Stremlau, WissenschaftlerInnen wie Wolfgang Lucht, Claudia Kemfert, Maja Göpel und Volker Quaschning und Religionsvertreter wie Aiman A. Mazyek, Jörg Alt und Frank Hensel.

Die Initiative zu diesem Offenen Brief ist im Strategienetzwerk Klima entstanden, einem Zusammenschluss von mittlerweile über 70 StrategInnen aus Klima-NGOs wie GermanZero, KlimaUnion, Brand New Bundestag u.a. sowie Klimabewegungen wie Fridays for Future, Extinction Rebellion und Psychologists for Future. Vereint in dem Anliegen, mehr Paris-konforme Klimapolitik voranzubringen, entstand der Wunsch, der Dringlichkeit von Klimaprotesten, wie sie u.a. durch die Letzte Generation vorangetrieben werden, angesichts der realen politischen Entwicklungen gesellschafts- und parteiübergreifend mehr Rückhalt zu verleihen und unsere gemeinsame Generationenverantwortung in den Vordergrund zu rücken. Innerhalb weniger Tage sind nach der Veröffentlichung des neuen IPCC-Berichts und dem Schleifen des Klimaschutzgesetzes mehrere Hundert Unterschriften eingegangen.

Hier finden sich der Offene Brief im Wortlaut mit der Option, ihn selbst zu unterzeichnen.

So weit die Mitteilung der Stadt.

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Einige Reaktionen

Von Klimaaktvist*innen ist bisher vor allem Zustimmung zu diesem offenen Brief zu vernehmen, zumal etwa auch Fridays for Future oder Extinction Rebellion hinter diesem Schreiben stehen. Auch dass sich der OB klar positioniert, wird begrüßt, denn es ist klar, dass es einen verstärkten politischen Drucks bedarf, wenn das Klima noch gerettet werden soll.

Dass der Brief sich an Bundeskanzler Scholz, die Berliner Ministerinnen und Minister, die Damen und Herren Abgeordnete im Deutschen Bundestag, dem EU-Parlament und in den Landtagen der Bundesländer sowie an die Damen und Herren deutscher Konzerne und Unternehmen richtet, lässt natürlich den Gedanken an Greenwashing aufkommen: Hier fehlen die auf kommunaler Ebene Verantwortlichen als Adressaten. Der Brief richtet sich an Stuttgart, Berlin und Brüssel, nicht aber an Konstanz, das sich auch nicht gerade mit Rum bekleckert hat.

Nur um es nicht zu vergessen: Bereits am 2. Mai 2019 rief Konstanz den Klimanotstand aus, also vor annähernd vier Jahren. Ende Januar 2023 veröffentlichte die Stadt Konstanz ihren siebten Klimaschutzbericht. „In ihm hat die Stadtverwaltung viele Daten zusammengetragen, die zeigen, wo Konstanz beim Klimaschutz steht. Das Ergebnis ist verheerend und bestätigt die seit langem geäußerte Kritik, dass die Stadt nahezu keine Fortschritte erzielte“, resümierte Manuel Oestringer auf seemoz.

Natürlich kann die Stadt Konstanz allein die Welt nicht retten. Aber wenn der OB einen flammenden Appell an andere Akteure aus Politik und Wirtschaft richtet, sich endlich um das Klima zu kümmern, stellt sich die Frage, warum die Stadtverwaltung Konstanz denn nicht mehr getan hat, um ihre eigenen Ziele zu erreichen.

Deshalb riecht das alles nach Greenwashing: Man zeigt mit dem Finger auf andere und fordert von ihnen entschlossenes Handeln. Die bisherige Reaktion nach mehreren Jahren des Konstanzer Klimanotstandes war ja etwa nicht ein radikales Umdenken in der städtischen Politik und Verwaltung, ein Umlenken etwa des Verkehrs auf weniger klimaschädliche Verkehrsmittel. Stattdessen wurde eine kaum überschaubare Vielzahl an Netzwerken, Bündnissen, Kampagnen usw. aufgelegt, die sich gegenseitig auffordern, jetzt endlich mal „in die Umsetzung zu kommen“, wie das im Planer*innen-Neusprech heißt. Viel davon hört sich nach heißer Luft an.

Aber davon werden wir in den nächsten Jahren ja ohnehin mehr als genug bekommen, wenn es so weitergeht.

Text: MM/red, Bild: Pit Wuhrer