„Bankrotterklärung für den Klimaschutz“
Die Landesregierung will das bestehende Klimaschutzgesetz überarbeiten, um den Ausstoß von Treibhausgasen im Ländle zu reduzieren. Die Vorschläge, die jetzt das Umweltministerium dafür vorgelegt hat, haben Klimaschutz-Organisationen nicht gerade vom Hocker gerissen. Die Novelle verpasse es, wichtige Weichen zu stellen. Insgesamt seien die Gesetzespläne als „Armutszeugnis für den Klimaschutz“ zu werten.
In einer Stellungnahme bündelt Fridays for Future Baden-Württemberg, zusammen mit der Deutschen Umwelthilfe, Scientists for Future Stuttgart, der Jugend des Deutschen Alpenvereins Baden-Württemberg sowie dem Verein zur Förderung kommunaler Stadtwerke e.V., die Kritikpunkte an der Novelle. Ihre Mitteilung dazu im Wortlaut.
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Nach rund fünf Jahren Vorbereitungszeit und Verhandlungen mit dem Koalitionspartner veröffentlichte das Umweltministerium Baden-Württembergs Ende Mai die Novelle des Klimaschutzgesetzes, welches das bestehende baden-württembergische Klimaschutzgesetz fortschreibt. Kern des neuen Gesetzes ist die Zielsetzung, den Treibhausgasausstoß bis 2030 um 42% gegenüber 1990 zu reduzieren. Um diese Zielsetzung zu erreichen, soll die Novelle des Klimaschutzgesetzes unter anderem die rechtlichen Grundlagen für die notwendigen Maßnahmen zum Klimaschutz setzen. Diese Maßnahmen sollen im Zuge des Klimaschutzkonzept (IEKK) im Herbst verabschiedet werden. Zum Ende der Verbändebeteiligung reichte ein Bündnis von Fridays for Future, Deutscher Umwelthilfe, Scientists for Future, der Jugend des Deutschen Alpenvereins und dem Verein zur Förderung kommunaler Stadtwerke eine gemeinsame Stellungnahme zum Gesetzentwurf ein. Darin stellen sie der Landesregierung ein „Armutszeugnis“ aus, da das Gesetz „nicht darauf abzielt, die Erderhitzung auf 1,5 Grad zu beschränken.“ Denn dafür reiche die Zielsetzung von 42% bei Weitem nicht aus. Damit eine Chance besteht, die Erderhitzung auf unter 1,5 Grad zu begrenzen, müsse Baden-Württemberg bereits bis 2030 klimaneutral werden. Der bloße Verweis auf „unzureichende“ Bundesziele sei angesichts der dramatischen Konsequenzen nicht hinnehmbar.
„Baden-Württemberg verabschiedet sich mit dem Gesetz offiziell von der überlebenswichtigen 1,5-Grad-Grenze und dem Pariser Klimaschutzabkommen. Das ist eine Bankrotterklärung für den Klimaschutz. Wir stehen an einem Punkt an dem wir uns entscheiden müssen, ob wir weiter so machen wie bisher und damit akzeptieren, dass die Ära der hochentwickelten Gesellschaft vorbei ist, oder wir beginnen wirklich Dinge zu verändern und Klimaschutz an der Notwendigkeit zu orientieren“, so Manuel Oestringer von Fridays for Future zur „unzureichenden“ Zielsetzung.
Neben der Zielsetzung kritisiert das Bündnis, dass mit den angedachten Gesetzesänderungen die nötigen Treibhausgasemissionsreduktionen nicht erreichbar seien. Zur Zielerreichung müssten deutlich weitreichendere Veränderungen gestartet werden. So fordert das Bündnis in seiner gemeinsamen Stellungnahme beispielsweise im Bereich der Wärmewende die Einführung einer verpflichtenden Gebäudesanierung, wobei die Gebäudebesitzer*innen vom Land entsprechend finanziell unterstützt werden müssten. Außerdem müsse das Land die Kommunen dazu befähigen, eine klimaneutrale Wärmeversorgung bis 2030 zu realisieren. Dies bedeute unter anderem, dass Kommunen in die Lage versetzt werden auch Projekte mit langen Amortisierungsdauern umzusetzen.
Die im Gesetz geplanten Veränderungen bewerten sie als zu zögerlich und schwach. Die Einführung einer Photovoltaikpflicht für Nichtwohngebäude sei sinnvoll, aber letztlich „nur ein Tropfen auf den heißen Stein.“ und müsse sowohl auf alle Neubauten als auch auf bereits bestehende Dachflächen ausgeweitet werde. Auch die Einführung einer Wärmeplanung für die 102 größten Städte in Baden-Württemberg sei ein zu zögerlicher Schritt und müsse auf alle Städte ausgeweitet werden. Darüber hinaus kritisierte das Bündnis, dass viele wichtige Themenbereiche, wie z.B. der Ausbau der Windkraft oder die Verkehrswende im Klimaschutzgesetz nicht oder kaum angesprochen werden.
„Baden-Württemberg torpediert den Kampf gegen die Klimakatastrophe vor allem im Verkehrsbereich. Die Stuttgarter Dieselkonzerne diktieren der Landesregierung eine aufs Auto fixierte Mobilitätspolitik. Wir fordern landesweit 365 Euro Tickets im Nahverkehr, Fahrverbote für schmutzige Diesel und Umwidmung von Straßenflächen in geschützte Fahrradwege. Vor allem aber ein Ende der Produktion für fossile Klimakiller-Neufahrzeuge bis spätestens 2025“, kommentierte der Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe Jürgen Resch die Novelle des Klimschutzgesetzes.
MM/red (Foto: F. Müller, Pixabay)