Linke kritisiert unsoziales Grundsteuermodell

Auf heftige Kritik der Linkspartei sind die Ende Juli bekanntgewordenen Pläne zur Umsetzung der Grundsteuerreform in Baden-Württemberg gestoßen. „Das ist die unsozialste aller Möglichkeiten“, erklärte Heidi Scharf, Mitglied des geschäftsführenden Landesvorstands der baden-württembergischen Linken: „Unter dem Vorwand der Bürokratievermeidung schafft die grün-schwarze Landesregierung noch mehr Ungerechtigkeit bei der Grundsteuer als zuvor. Ein Skandal erster Güte.“

Das Bundesverfassungsgericht forderte im April des Jahres eine Reform der Grundsteuer, die mit einem Volumen von etwa 14 Milliarden Euro (2018) zu den wichtigsten Einnahmequellen der Kommunen gehört. In ihrer jetzigen Form, so das Urteil der VerfassungshüterInnen, sei die auf rund 35 Millionen Grundstücke in Deutschland erhobene Abgabe „überholt“ und führe zu „Ungleichbehandlungen“.  Der Bundestag entwickelte daraufhin ein im Oktober 2019 verabschiedetes Steuermodell, in das neben Grundstücksfläche und Bodenrichtwert auch noch Immobilienart, Nettokaltmiete, Gebäudefläche und Gebäudealter mit einfließen. Zugleich hat indes eine Mehrheit im Bundestag durchgesetzt, dass jedes Bundesland bei Erlass eines eigenen Grundsteuergesetzes mit diesen Optionen machen kann, was es will. „Und prompt hat sich Baden-Württemberg für die bequemste und ungerechteste aller Optionen entschieden“, bemängelt Heidi Scharf.

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Denn von dieser Möglichkeit will jetzt die grün-schwarze Landesregierung Gebrauch machen und ein sogenanntes modifiziertes Bodenwertmodell einführen. Demnach sollen die Grundstücksfläche und der Bodenrichtwert die Grundlage für die künftige Berechnung sein. Für die Bewertung würden beide Werte miteinander multipliziert und mit einer gesetzlich festgelegten Steuermesszahl bereinigt – modifiziert nach der Nutzung des Grundstücks. Für überwiegend zu Wohnzwecken genutzte Grundstücke soll es einen Abschlag geben.

Selbst der nicht eben für linke Positionen bekannte Landesvorsitzende des Bundes der Steuerzahler, Zenon Bilaniuk, kritisierte den unsozialen Charakter des Gesetzes. Die Landesregierung bekunde zwar, eine aufkommensneutrale Lösung anzustreben, gelingen könne sie aber nur, wenn dabei die Gemeinden bei der Festlegung der neuen Hebesätze ab 2025 mitziehen. „Dies dürfte wegen der langwierigen Folgen der Corona-Krise eher ein Wunschdenken sein“, so Bilaniuk laut Stuttgarter Nachrichten. Der Steuerzahlerbund fürchtet deshalb erhebliche Mehrbelastungen der BürgerInnen als Folge der grün-schwarzen Gesetzespläne. Treffen würde das neben kleinen EigenheimbesitzerInnen vor allem MieterInnen, auf die die Steuer als Teil ihrer Nebenkosten umgelegt wird.

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Linke-Politikerin Scharf schliesst sich der Kritik des Steuerzahlerbunds an und macht deutlich: „Es ist absurd, wenn nun die Besitzer eines kleinen renovierungsbedürftigen Häuschens genauso viel Grundsteuer bezahlen wie die Besitzer einer luxuriösen Villa auf einem Grundstück gleicher Größe. Damit werden die alten Ungerechtigkeiten nur durch neue, größere Ungerechtigkeiten ersetzt.“

MM/jüg (Foto: Die Linke Baden-Württemberg)