Wahlgesetz an Corona-Bedingungen anpassen

Mehrere nicht im Landtag vertretene Parteien haben gestern bei einer Landespressekonferenz in Stuttgart Änderungen beim Wahlgesetz gefordert. Sie kritisieren die in ihren Augen unfairen Zulassungshürden zur Landtagswahl im kommenden März. Claudia Haydt, Geschäftsführerin der Linkspartei, nannte insbesondere die hohe Zahl erforderlicher Unterstützungsunterschriften in Corona-Zeiten inakzeptabel. Gegen die Regelung wird ihre Partei gemeinsam mit Freien Wählern, Piraten, ÖDP und Die Partei Organklage vor dem Verfassungsgerichtshof des Landes erheben.

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In keinem anderen Bundesland müssen so viele Unterschriften gesammelt werden wie in Baden-Württemberg, um zur Landtagswahl zugelassen zu werden, begründete Haydt den gemeinsamen Vorstoß der Kleinparteien. Das Landeswahlgesetz verlangt von jeder bislang nicht im Landtag vertretenen Partei 10.500 Unterschriften von UnterstützerInnen. „Unter den pandemiebedingten Einschränkungen und durch das weiterhin hohe Infektionsrisiko ist das nicht akzeptabel“, betonte die Landesgeschäftsführerin. Um die geforderten 150 Unterschriften pro Wahlkreis zu sammeln, sei eine um das Vielfache höhere Zahl von Kontakten nötig. Haydt warnt: „Die Vorbereitung zur Landtagswahl mit 100.000 zusätzlichen Sozialkontakten birgt die konkrete Gefahr, zu einem Superspreader-Ereignis zu werden.“ Die Parteieninitiative verlangt deshalb, die Unterschriften auf maximal 50 pro Wahlkreis zu beschränken und ergänzend eine digitale Unterschriftensammlung möglich zu machen.

Kritik übte die Linke-Geschäftsführerin überdies am bisherigen Verhalten der Landesregierung. Obwohl die an der Klage beteiligten Parteien frühzeitig den Kontakt mit den Autoritäten suchten, habe das zuständige Innenministerium keinerlei Gesprächsbereitschaft gezeigt. Seitens der Linken bat der Bundesvorsitzende Bernd Riexinger schon Anfang Juni Innenminister Thomas Strobl brieflich um einen Gesprächstermin. „Diese Bitte blieb bisher unbeantwortet“, beklagt Haydt, „Strobl teilte stattdessen in einem langen Brief lapidar mit, wir hätten ja noch bis Januar Zeit, die Unterschriften zu sammeln“.

Die Linke-Politikerin unterstrich auf der Pressekonferenz, unter Corona-Bedingungen stelle das Landtagswahlgesetz eine Einschränkung sowohl des passiven als auch des aktiven Wahlrechts dar. „Die Chancengleichheit wird durch die hohe Anzahl von Unterstützungsunterschriften untergraben“. Andere Bundesländer hätten ihr Wahlrecht bereits angepasst, um Corona nicht auch zu einer Gefahr für die Demokratie werden zu lassen. „Die Landesregierung in Baden-Württemberg bewegt sich bisher allerdings keinen Millimeter“. Die Parteien-Initiative sehe sich deshalb gezwungen, den Rechtsweg einzuschlagen in der Hoffnung, „dass das Verfassungsgericht in einem Eilverfahren für die Demokratie und unsere Gesundheit entscheidet.“

jüg (Foto: Die Linke Ba-Wü)