Zentrale Forderungen von BUND und NABU zur Landtagswahl

Am 14. März 2021 wird in Baden-Württemberg eine neue Landesregierung gewählt. Auf einer Pressekonferenz vergangenen Montag forderten BUND-Landesgeschäftsführerin Sylvia Pilarsky-Grosch und NABU-Landes­vor­sitzen­der Johannes Enssle die kommende Landesregierung auf, beim Klima-, Umwelt- und Naturschutz deutlich Gas zu geben. Unter dem Motto „Umwelt- und Naturschutz ins Zentrum rücken“, formulierten sie mehrere Kernforderungen, denn trotz einiger Erfolge der grün-schwarzen Landesregierung müsse sich die Landespolitik „noch stärker anstrengen als bisher“.

Hier die Forderungen im Einzelnen:

Klimaschutzgesetz noch in den ersten 100 Tagen korrigieren

Ein zentraler Punkt ist der Klimaschutz: „Die kommenden Jahre entscheiden darüber, ob wir die Klimakrise in den Griff bekommen oder nicht. Damit wir die Klimaziele von Paris einhalten und die Erderhitzung auf ein gerade noch erträgliches Maß von 1,5 Grad begrenzen, muss die neue Landesregierung gleich in den ersten hundert Tagen das Klimaschutzgesetz korrigieren. Bis 2030 sind die CO2-Emissionen um 90 Prozent zu reduzieren, bis 2035 muss Baden-Württemberg klimaneutral sein“, fordert BUND-Chefin Pilarsky-Grosch. Das jetzt im Klimaschutzgesetz verankerte Reduktionsziel von gerade einmal minus 42 Prozent im Vergleich zum Basisjahr 1990 reiche bei weitem nicht aus, um die Pariser Klimaziele zu erreichen.

Ausbau der Wind- und Solarenergie beschleunigen

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Neben Energie-Einsparungen im Gebäude- und Verkehrssektor fordern NABU und BUND einen schnelleren Ausbau der erneuerbaren Energien: „Wir müssen beim Ausbau der erneuerbaren Energien viel schneller vorankommen als bisher“, steht für NABU-Landeschef Enssle fest. „Das neue Klimaschutzgesetz muss die Ausbauziele für Wind- und Sonnenenergie auf regionaler Ebene verbindlich festschreiben“. Für die Windenergie fordern die Verbände einen Systemwechsel: Weg von der komplizierten Einzelfallplanung, hin zu einer landesweiten Umsetzung mit Vorranggebieten – jeweils für die Windenergie einerseits und für den Schutz windenergiesensibler Vogel- und Fledermausarten andererseits. Großes Potenzial für die Energiewende sehen die beiden Verbände in der Nutzung der Solarenergie. „Die im aktuellen Klimaschutzgesetz verankerte Photovoltaik-Pflicht für Nicht-Wohngebäude ist ein guter erster Schritt, aber noch lange nicht ausreichend. Das Potenzial der Sonnenenergie ist enorm. Landauf, landab bauen wir immer noch Häuser mit dunklen Dächern, die sich im Sommer besonders stark aufheizen, ohne dass dort bisher die Energie der Sonne sinnvoll genutzt wird. Wir brauchen eine konsequente Nutzung auch dieser Dachflächen und eine Solarpflicht bei Dachsanierungen, damit wir eine Chance haben, die Erderwärmung einzudämmen“, so die BUND-Geschäftsführerin.

Mobilität neu denken

Der Verkehr auf den Straßen ist ein großes Sorgenkind des Klimaschutzes. Baden-Württemberg kann hier keine Fortschritte bei der Senkung der CO2-Emissionen vorweisen. Im Gegenteil: Autos und Lastwagen stoßen so viele Treibhausgase aus wie nie zuvor. Die CO2-Emissionen aus dem Straßenverkehr lagen 2017 um zwölf Prozent höher als 1990. Pilarsky-Grosch fordert daher, zukünftig nur noch in eine Reduzierung des motorisierten Individualverkehrs zu investieren und keine neuen Straßen mehr zu bauen. Außerdem soll das Land mit der Einführung einer Nahverkehrsabgabe den ÖPNV in den Kommunen finanziell stärken.

Flächen gewinnen statt verbrauchen

„Jedes Jahr 2490 Fußballplätze – das ist die Fläche, die in Baden-Württemberg neu bebaut, zubetoniert oder überteert wird, täglich in Summe 4,8 Hektar. Der Flächenverbrauch schreitet damit ungebremst voran. Vom Ziel der Netto-Null bis 2030, wie es im aktuellen Koalitionsvertrag steht, sind wir meilenweit entfernt,“ so Enssle und Pilarsky-Grosch. Die Landesregierung sei gefordert, die Reduzierung des Flächenverbrauchs und den Freiraumschutz auszubauen.

Erfolge im Naturschutz finanziell hinterlegen

Trotz der Kritik beim Klimaschutz, beim Verkehr und Flächenverbrauch, sehen die Verbände auch Erfolge, insbesondere beim Naturschutz, für den Grün-Schwarz mehr Finanzmittel und dringend benötigtes Personal bereitgestellt hat. „Das neue Biodiversitätsstärkungsgesetz war und ist ein Meilenstein in der Naturschutzpolitik des Landes und hat bundesweite Strahlkraft“, erklärt Enssle. „Mehr Ökolandbau, weniger Pestizide und gemeinsam mit Landwirt*innen, Land und Kommunen im Einsatz für mehr Artenvielfalt – das ist das Rezept dieses Gesetzes“. Damit diese Ziele rechtzeitig und umfassend erreicht werden, müssten die Parteien nach der Wahl Kurs halten und die notwendigen Mittel bereitstellen. Sechs Millionen Euro pro Jahr im Naturschutzhaushalt und Investitionen in die landwirtschaftlichen Förderprogramme seien dafür zwingend erforderlich.

In die Artenvielfalt der Agrarlandschaft investieren

Gerade im Landwirtschaftssektor besteht für BUND und NABU immer noch Alarmstufe Rot für die Artenvielfalt. „Ehemals häufige Arten wie Rebhuhn und Feldhamster drohen auszusterben. Wir können das Artensterben nur stoppen, wenn wir in diesem Bereich mehr tun“, fordert Enssle. Etwa 225 Millionen Euro zusätzlich für die ökologische Ausrichtung der Agrarförderprogramme des Landes seien nötig, wie die Verbände in ihrer Studie „Kulturlandschaft 2030“ vergangenen Oktober vorgerechnet haben. Den Zukunftsdialog zwischen Naturschutz, Landwirtschaft, Landesregierung und Kommunen für die Artenvielfalt gelte es in der kommenden Legislaturperiode unbedingt fortzusetzen und zu intensivieren – unabhängig von der Farbe der Parteien in der Landesregierung.

Die Erde so erhalten, wie wir sie kennen

Die beiden Verbandsspitzen von NABU und BUND erwarten von den Parteien, die zur Landtagswahl antreten, sich intensiv mit den Forderungen der beiden größten Umwelt- und Naturschutzverbände im Land zu befassen sowie den Natur- und Umweltschutz ins Zentrum ihrer Wahlprogramme zu rücken. „Wir haben nur eine Erde und müssen uns beeilen, sie so zu erhalten, wie wir sie kennen“, warnen Pilarsky-Grosch und Enssle.

MM/ans