Das war’s dann (35)

aus: Nebelhorn Nr. 58, März 1986, von Jochen Kelter

Dieses Mal hab‘ ich lange gewartet und gebangt. Die 35. und letzte Ausgabe meiner Presseschau für die gebildeten Stände wollte ich nach drei Jahren und drei Monaten doch nicht einfach in Druck geben, ohne einen wegweisenden Satz aus dem“Südkurier“ zu zitieren. Es konnte doch wohl nicht sein, daß keiner der verantwortlichen Redakteure ein Sterbenswörtchen über Duvalier, Marcos & Co. verlöre. Es konnte. Fastnacht stand vor der Tür und dann in derselben.

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Schreibtischtäter (34)

aus: Nebelhorn Nr. 57, Februar 1986, von Jochen Kelter

Franz Oexle, nach wie vor Chefredakteur des „Südkurier“, ist ein vorsichtiger Mann. Ganz besonders auf der Titelseite desselben. Und oberbesonders am 14. Januar. „Es ist ein erfreuliches Zeichen, daß sich so gut wie alle politischen Richtungen … darin einig zu sein scheinen: Gewalt darf kein Mittel der deutschen Politik werden.“ …weiterlesen »

Sternflimmern (33)

aus: Nebelhorn Nr. 56, Januar 1986, von Jochen Kelter

Vorweihnachtszeit – erwartungsfrohe Zeit. Man sitzt rum, kippt noch einen und zählt’s an den Knöpfen ab: Ich krieg‘ den Duden geschenkt, ich krieg‘ ihn nicht geschenkt. Stummes Bangen, stilles Hoffen – der Weihnachtsbaum ist schon versoffen. …weiterlesen »

0² = 1 Hauch Wärme (32)

aus: Nebelhorn Nr. 55, Dezember 1985, von Jochen Kelter

Die Kameras sind abgeschaltet, die Werbezeiten im US-Fernsehen verhökert. Nun ist es an den Kaffeesatzdeutern der Gazetten, ihren Lesern die heiße Luft von Genf als Friedensbotschaft zu verkaufen. Bei den derzeitigen Außentemperaturen braucht schließlich auch das vorweihnachtliche Anzeigengeschäftt ein Minimum an Sinnstiftung. …weiterlesen »

Jungbürger und Jahrmarktsredner (31)

aus: Nebelhorn Nr. 54, November 1985, von Jochen Kelter

Weil sich beim „Südkurier“, wie die Geschäftsleitung unterstreicht, nichts ändern wird, wenn am 1. Januar ’86 der Holtzbrinck-Konzern die Anteilsmehrheit übernimmt, hat Chefredakteur Franz Oexle probeweise schon mal auf eine andere Branche umgesattelt. Ich seh‘ schon den Titel seines nächsten Buchs: ‚Vom Redaktions- zum Rednerpult. …weiterlesen »

Wanzenplage (30)

aus: Nebelhorn Nr. 53, Oktober 1985, von Jochen Kelter

Seit Wochen schwirren Sekretärinnen, Regierungsbeamte, Kassenboten und Flüchtlingsvorzimmerdamen nach Ostberlin ab. Ziehen sich noch einen Spanien-Urlaub von Neckermann rein und machen die Fliege. Die Mädels und Jungs, die Kaugummiautomaten, Minister und Cruise Missiles belauchen, hat das Reisefieber gepackt. …weiterlesen »

Gorbatschow hetzt die Neger auf! (29)

aus: Nebelhorn Nr. 52, September 1985, von Jochen Kelter

Schlimm geht’s in diesem Sommer zu in der Welt. Die Franzosen können in ihrem eigenen Hoheitsgebiet im Südpazifik nicht einmal mehr Bomben zünden, ohne von Greenpeace-Banden behelligt zu werden. In Brasilien, so berichtet der brave General Figuerdo, Bruder des früheren Staatspräsidenten, hetzen „sozialistische Bischöfe Arm in Arm mit den Kommunisten“ die Bauern zur Besetzung von Land auf, das ihnen überhaupt nicht gehört. …weiterlesen »

Böll frikassiert (28)

aus: Nebelhorn Nr. 51, August 1985, von Jochen Kelter

Der Zürcher „Tages Anzeiger“ meldete den Tod Heinrich Bölls am 17. Juli auf der Titelseite und kommentierte ihn an gleicher Stelle: „‚Böllschewismus‘ hieß es süffisant in sogenannt besserer Gesellschaft, die dem Deserteur nicht  gewachsen war, weil er ihre Moral als doppelte attackierte. Diese Gesellschaft wird ihn jetzt öffentlich betrauern – Heinrich Bölls sanfte Radikalität hat sie zu oft nicht ertragen.“ …weiterlesen »

Die Presse war schuld (27)

aus: Nebelhorn Nr. 49, Juni 1985, von Jochen Kelter

Das Thema „8. Mai“ ist so abgelutscht, daß man gar nicht umhin kann, noch einmal darauf zurückzukommen. So siehts’s auch der „Südkurier“. In dieser Meinung wohl bestärkt durch die eigene Berichterstattung, die die treue Leserschaft seltsam ratlos zurückließ (der geneigte Leser möge dazu meine Fußnoten aus dem Mai vergleichen), fährt unser unabhängiges Magenblatt am 10. Mai zum Beweis gleich zwei auswärtige Kommentatoren auf. Die „schließen das Thema jetzt ab“. Merke: Geister, die man rief, lassen sich selten durch einen Tritt in den Hintern verjagen. …weiterlesen »

Dieser unser Feiertag (26)

aus: Nebelhorn Nr. 48, Mai 1985, von Jochen Kelter

Ein Festtag steht bevor, ein Feiertag ins Haus: der 8. Mai. An diesem Tag wurde vor vierzig Jahren in diesem unseren Lande der Grundstein für eine glückliche Zukunft ohne Juden, Zigeuner, Kommunisten und Emigranten gelegt. An diesem Tag ging die Rechtsnachfolge des 3. Reichs in die Hände unserer amerikanischen Freunde und aus diesen schon bald in andere Hände über. …weiterlesen »

Winterwetter (25)

aus: Nebelhorn Nr. 47, April 1985, von Jochen Kelter

Der „Südkurier“ hat mir am 19. März aus der Seele gesprochen. Ich will mich erklären: Am Vortag hatte mich auf schneebedekter Autobahn ein Fahrzeug überholt, war dabei ins Schleudern geraten und 50 Meter vor mir in die Leitplanken geknallt. Ich weiß jetzt noch nicht, wie ich die Kurve gekriegt habe. Aber als es vorbei war, hätte ich aussteigen und dem Kerl (oder – Gott bewahre! – der Frau?) eine knallen mögen. …weiterlesen »

Es liegt was in der Luft (24)

aus: Nebelhorn Nr. 46, März 1985, von Jochen Kelter

Es liegt was in der Luft am Ende dieses kalten Winters. Ein ganz besonderer Duft. Nicht der von verbrannten Fastnachtswürsten. Eher wie von faulen Eiern. Es riecht nach Kapitulation. Der 8. Mai rückt näher. Der 40. Jahrestag. Und der Franz prophezeit schlechtes Wetter. Beckenbauer? Kenn‘ ich nicht. Nein, Franz. Franz Oexle. Schon am 2. Februar hat er seine Prognose geliefert: „Das Ende des Zweiten Weltkriegs wirft lange Schatten“. …weiterlesen »

Essen für den Hunger (23)

aus: Nebelhorn Nr. 45, Februar 1985, von Jochen Kelter

Diesmal wurde nicht für den Frieden gefastet, diesmal wurde für den Hunger gegessen. Die Kirchenglocken läuteten dazu, und alle, alle gaben ihr Scherflein. Es gab sowieso kein unerkanntes Durchkommen zwischen den Spendenbüchsen und ein großes Gerangel zwischen Caritas, Rotem Kreuz, Diakonischem Werk und all den vielen anderen selbstlosen Hilfsorganisationen. 23. Januar: „Ein Tag für Afrika“. Wie weiland in der Schule als vorn auf dem Lehrerpult der Mohr brav mit dem Kopf nickte, …weiterlesen »

1984 wartet schon (22)

aus: Nebelhorn Nr. 44, Januar 1985, von Jochen Kelter

Zwischen 15 und 20 Pfennige dürfte eine Druckzeile im „Südkurier“ ihrem Verfasser eintragen, wenn dieser nicht bestallter Redakteur, sondern freier Mitarbeiter ist. Da muß sich auch Thilo Koch, abgehalfteter TV-Star, Altmeister der journalistischen Imitation und seit Jahr und Tag Gastkommentator im „Südkurier“, ranhalten, will er sich die Butter aufs Brot verdienen. …weiterlesen »

Barzel und das Semikolon (21)

aus: Nebelhorn Nr. 21, Dezember 1984, von Jochen Kelter

„Südkurier“-Chefredakteur Franz Oexle singt im Männerchor. Im einstimmigen. Er hat den Part eines Refrain-Wiederholers übernommen. Aber so richtig sitzt die Rolle noch nicht. Schauen wir uns seinen Text an. Der steht am 26. Oktober auf der Titelseite und geht so: …weiterlesen »

Prost Bundeswehr! (20)

aus: Nebelhorn Nr. 42, November 1984, von Jochen Kelter

H. Willauer wird im Impressum des „Südkurier“ mit der in Klammern gesetzten Bemerkung „Seite 3“ geführt. Sie wissen schon, dieser Bauchladen aus Politik und Gesellschaft, das  Meldungs- und Meinungsgrab im „Südkurier“, das Kurzwarenschaufenster aus zusammengeleimten Agenturberichten. Da ich bei meiner Lektüre selten bis auf Seite 3 vorstoße, kannte ich H. Willauer bislang nicht. …weiterlesen »

Deutschland erwache! (19)

aus: Nebelhorn Nr. 41, Oktober 1984, von Jochen Kelter

Um Deutschland ist es schlimm bestellt. Und immer, wenn es um Deutschland schlimm bestellt ist, also fast immer, finden sich Männer, die Deutschland vor dem Bösen bewahren wollen. Und da solche Männer in Deutschland nachwachsen wie die Pilze im Regen, wird Deutschland dauernd wachgerüttelt. Ganze Männerchöre sind damit beschäftigt, die wahren Schuldigen und die Drahtzieher auszurufen. Und da entschlüpft so einem welschen Teufel das böse Wort vom ‚Pangermanismus‘. Da sieht man’s. Deutschland ist umzingelt. …weiterlesen »