Ich lese seemoz …
… wegen seiner in dieser Region einmaligen Inhalte und seines unüblichen Stils: eigenständig, gelegentlich auch eigenwillig, mit ganzem Herzen bei der Sache, so ganz und gar nicht blutrünstig, stets arbeitnehmerinteressiert, nie speichelleckerisch, gern atheistisch (wenn auch noch lange nicht genug!), aus Überzeugung den Menschen zugewandt, auch denen, denen es dreckig geht.
Manchmal haben die Autoren und Autorinnen ein bisschen zu viel Schaum vor dem Mund und trommeln sich zu heftig auf die Brust, aber in den meisten Texten geht’s tatsächlich um etwas – oft lerne ich dann einiges über diese Stadt oder gar über die Welt, wie und durch wessen Einsatz sie funktioniert oder auch nicht, wo sie besser werden müsste, wo oben ist und wo unten, wo außen und wo innen, wer die Fäden zieht und wer den Kürzeren.
Die Stärke von seemoz? Es liefert keine Schnipsel, ich werde nicht mit 150 Bildern von der letzten Party hier, 50 Worten aus dem Polizeibericht dort abgespeist – Hand aufs Herz: wer braucht solchen Blödsinn schon? – sondern kriege Reportagen, Essays, Fakten und anregende Kommentare zu lesen. Ich mag es immer gern, wenn meine linken Vorurteile bestätigt werden, denn dann habe ich das Gefühl, ich hätte so richtig den Durchblick, aber immer bestätigt seemoz meine Vorurteile eben doch nicht.
Und in Wahrheit? In Wahrheit schaue ich jeden Morgen bald nach dem Aufstehen bei seemoz vorbei, damit ich schon beim Frühstück weiß, weshalb mir meine Lieblingsreaktionäre spätestens beim Feierabendbier mal wieder schäumend vor Wut die Ohren vollheulen werden, was für ein Riesenscheiß seemoz doch sei.
Harald Borges, Technischer Redakteur