Julian Assange soll ausgeliefert werden

Vor wenigen Wochen hat „Reporter ohne Grenzen“ eine Petition mit über 64.000 Unterschriften gegen die Auslieferung von Julian Assange übergeben. Nun hat die britische Innenministerin entschieden: Julian Assange soll ausgeliefert werden. Das ist ein schwerer Schlag für die Pressefreiheit. Hier eine Mitteilung der Organisation.

Heute ist ein rabenschwarzer Tag für die Pressefreiheit. Wir sind zutiefst bestürzt, dass die britische Innenministerin Priti Patel einer Auslieferung Julian Assanges an die USA zugestimmt hat. Damit sind unsere schlimmsten Befürchtungen wahr geworden. Wird der Wikileaks-Gründer tatsächlich an die USA überstellt, drohen ihm bis zu 175 Jahre Haft. Schon jetzt ist Assanges physische und psychische Gesundheit so stark angegriffen, dass er weitere Jahre in Haft kaum überstehen dürfte. Auch deshalb fordern wir seine sofortige Freilassung!

Eine Auslieferung Assanges an die USA hätte weitreichende Folgen für die Pressefreiheit weltweit, für Whistleblower und investigativ arbeitende Journalist*Innen. Die Veröffentlichung von hunderttausenden geleakten Dokumenten durch Wikileaks im Jahr 2010 hatte eine umfassende Berichterstattung auf der ganzen Welt zur Folge. Sie lag in höchstem Maße im öffentlichen Interesse, weil dadurch Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen aufgedeckt wurden, für die nie jemand strafrechtlich belangt wurde.

Sollte Assange in den USA vor Gericht gestellt werden, könnte er sich nicht darauf berufen, dass die Veröffentlichung dem öffentlichen Interesse gedient habe, weil das US-Spionagegesetz eine solche Bestimmung schlichtweg nicht enthält. Eine Anklage in den USA würde die ohnehin schon weitreichenden Auswirkungen des Falls auf den Journalismus und die Pressefreiheit auf der ganzen Welt noch verschärfen.

Ein kleines bisschen Hoffnung bleibt uns aber noch: Julian Assange und sein Verteidigerteam haben nun 14 Tage Zeit, gegen die Entscheidung von Innenministerin Priti Patel vorzugehen, und haben auch schon angekündigt, Rechtsmittel einzulegen.

Wir fordern die Bundesregierung dazu auf, sich jetzt entschieden für Julian Assange starkzumachen. Wir erinnern die Grünen, die Partei von Außenministerin Annalena Baerbock, daran, dass sie – damals noch in der Opposition – die Freilassung Assanges gefordert hatten. Unter dem im Koalitionsvertrag festgeschriebenen Stichwort „wertebasierte Außenpolitik“ sollte diese Haltung nun auch die Regierung vertreten. Wertebasierte Außenpolitik schließt mit ein, verbündete Regierungen wie Großbritannien und die USA zu kritisieren.

Mehr als 64.000 Unterstützer*innen weltweit hatten zuletzt mit einer RSF [Reporter ohne Grenzen]-Petition an das britische Innenministerium die Freilassung Assanges gefordert. Wir werden weiter um Gerechtigkeit für Julian Assange kämpfen. Bitte unterstützen Sie uns dabei.

Text: Reporter ohne Grenzen/red., Bild: David-G-Silvers-via-flickr

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