Abzocke auf Ansage

Noch bevor die quälend langandauernden Bauarbeiten beendet sind, bietet Vonovia jetzt erste Wohnungen in der Konstanzer Schwaketenstraße zur Vermietung feil. Keine wirkliche Überraschung: Der bundesweit für Abzocke bekannte Immobilienkonzern langt bei den Mieten deftig hin.

Was Experten und Mieterverbände von Beginn der Baumaßnahmen an prognostiziert hatten, will der Bochumer Konzern jetzt in den Wohnblöcken Schwaketenstraße 98 bis 108 zügig in die Tat umsetzen. Die von Pfusch, Verzögerungen und Verschlimmbesserung geprägte Modernisierung (seemoz berichtete hier, hier und hier darüber), dient dem Bochumer Konzern als Rechtfertigung für drastische Preissprünge bei Neuvermietungen.

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So offerierte der Vermieter bereits im Januar etwa in Hausnummer 98 eine „tolle, modernisierte 1-Zi.-Wohnung mit Balkon in Uninähe“ für einen Quadratmeterpreis von 14,31 Euro, was sich bei einer Wohnfläche von 34,87 zu einer Kaltmiete von 498,99[!] summiert. Noch mehr soll der/die künftige Mieter/in für so eine Behausung in der Schwaketenstraße 102 berappen, wie aus einem zweiten Vonovia-Exposé aus dem Februar hervorgeht: 34,88 Quadratmeter schlagen in diesem Fall („1-Zi.-Single-Wohnung mit EBK und Balkon“) mit 552,97 Euro kalt zu Buche, plus 50 Euro Nebenkosten. Quadratmeterpreis kalt in diesem Fall: 15,85 Euro.

Selbst im teuren Wohnpflaster Konstanz sind das dreiste Forderungen, zumal für Behausungen in 1971 gebauten Wohnburgen. Ein Blick in den Konstanzer Mietspiegel macht das deutlich. Die lokale Vergleichsmiete beläuft sich demnach für eine Wohnung in gleicher Lage (Schwaketenstraße 98), nur geringfügig abweichender Größe („34 m2“), gleichen Alters („Baujahr 1971“), vergleichbarer Ausstattung („EBK“, „Parket“) und ähnlichem Standard („mehrere Modernisierungsmaßnahmen“) auf einen Quadratmeterpreis von 11,39 Euro. Selbst zentrumsnah pendelt der Mietzins für solche Einzimmerwohnungen um die 11 Euro-Marke, wie ein Angebot für eine 34-Quadratmeter-Unterkunft im Paradies belegt, die ein Maklerbüro aktuell für eine Kaltmiete von 380 Euro (11,17 €/m2) offeriert. Satte Einnahmezuwächse von 25 bis 35 Prozent also, über die man sich in der Bochumer Konzernzentrale die Hände reiben kann.

Alles rechtens?

Mietwucher darf die Vonovia-Abzocke nicht genannt werden. Dieser Tatbestand ist gemäß Rechtsprechung erst erfüllt, wenn die ortsübliche Vergleichsmiete um mehr als 50 Prozent überschritten wird. Und auch die Mietpreisbremse, die den Beteuerungen der bürgerlichen Politik zufolge den Mietenwahnsinn dämpfen soll, hat der Konzern mittels Modernisierungs-Trick ganz legal ausgebremst.

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Dass seine Aktionäre Jahr für Jahr über satte Dividenden jubeln können – um 12 Cent auf 1,69 Euro pro Aktie stiegen sie selbst im Krisenjahr 2020 – ist einer markthörigen Politik geschuldet, die das Grundrecht Wohnen zur Ware gemacht hat. Baden-Württemberg ist da keine Ausnahme. Auch die Gebäude in der Schwaketenstraße gehören zu den zehntausenden Immobilien in öffentlicher Hand, die im Ländle staatlicherseits zur Privatisierung freigegeben wurden. Bis heute bleibt die Landesregierung hingegen bei ihrer Weigerung, den Mietenwahnsinn gesetzlich zu bremsen, und auch der soziale Wohnungsbau führt immer noch ein Schattendasein. Am Sonntag sind die WählerInnen aufgerufen, ein neues Landesparlament zu bestimmen. Keine schlechte Idee, zuvor noch einmal nachzuschauen, wie es die Parteien mit der Wohnungspolitik halten wollen. Ein Hinweis: Das E-Wort sollte schon vorkommen.

jüg (Text und Bild)