Bürgeranhörungen zur möglichen Umbenennung von Straßen
Seit langem schon steht die Umbenennung mehrerer Straßen in Konstanz auf der Agenda. Dabei geht es um Personen, die eng mit dem NS-System verknüpft waren, darunter vor allem Conrad Gröber, Franz Knapp und Paul von Hindenburg. Bevor der Gemeinderat schlußendlich über eine Umbenennung entscheidet, sollen zuerst die AnliegerInnen der jeweiligen Straßen angehört werden. Hier die aktuelle Pressemitteilung der Stadt zum Thema.
Wer eine Adresse in sein Navigationssystem eingibt, denkt normalerweise nicht weiter über den Straßennamen nach, sondern ist froh, wenn er seinen Weg findet und kein Stau auf der Route ist. Ob Goethe- oder Schillerstraße, manche Namen findet man in fast jedem Stadtplan in Deutschland. Manche sind jedoch seltener als andere und hängen oftmals mit Persönlichkeiten zusammen, die eine Stadt besonders geprägt haben. Diese Menschen werden mit einer Straßenbenennung gewürdigt, manchmal werden sie auch zu Ehrenbürgern ihrer Stadt ernannt.
Die Ehrenbürgerauszeichnung ist üblicherweise die höchste Auszeichnung einer Stadt und besteht, wenn sie nicht aberkannt wird, bis zum Lebensende. Ignaz Heinrich Freiherr von Wessenberg, Otto Fürst von Bismarck oder Kurt Georg Kiesinger sind einige der bekannteren Persönlichkeiten, denen in der Stadt Konstanz diese Ehre verliehen wurde.
Auch wenn es sich nur um einen symbolischen Akt handeln kann, wird umstrittenen Persönlichkeiten oft posthum die Ehrenbürgerschaft entzogen. Oberbürgermeister Uli Burchardt beauftragte im Mai 2019 eine Arbeitsgruppe von Historikern, die sich mit der Vergangenheit der drei Ehrenbürger Dr. Conrad Gröber, Paul von Hindenburg und Dr. h.c. Franz Knapp beschäftigen sollte. In seiner Sitzung vom 26. September 2019 folgte der Gemeinderat der Empfehlung der Kommission und erkannte die Ehrenbürgerschaften in den genannten Fällen ab.
Bereits im Jahr 2014 hat der Konstanzer Gemeinderat Richtlinien für die Benennung und Umbenennung von Straßen, Wegen und Plätzen in Konstanz beschlossen. Hiernach kommt insbesondere eine Umbenennung bei Straßen in Betracht, die nach Personen benannt sind, die als Repräsentanten des Nationalsozialismus oder sonstiger Unrechtssysteme zu bewerten sind. Eine Expertenkommission hat auch hier inzwischen alle 190 nach Personen benannten Konstanzer Straßen anhand der Richtlinien überprüft. Um sich dessen sicher zu sein, bedarf es oftmals einer genauen Untersuchung der historischen Quellen, damit der Gemeinderat eine fundierte Entscheidung treffen kann.
Bei sechs Straßen, nämlich der Conrad-Gröber-Straße, der Hindenburgstraße, der Franz-Knapp-Passage, der Otto-Raggenbass-Straße, der Werner-Sombart-Straße und der Felix-Wankel-Straße, wurden die Voraussetzungen für eine Umbenennung durch die Experten grundsätzlich bejaht.
Die Entscheidung, ob eine Straße letztlich umbenannt wird oder nicht obliegt dem Gemeinderat, der dabei das öffentliche Interesse an einer möglichen Umbenennung mit den privaten Interessen der betroffenen Anlieger abwägen muss. Bevor der Gemeinderat diese Entscheidung treffen kann, werden deshalb die Anlieger der zur Umbenennung vorgesehenen Straßen angehört. Sie erhalten dabei nähere Informationen über die namensgebende Person und ihr Wirken aus heutiger Sicht. Außerdem werden ihnen das weitere Verfahren sowie die Auswirkungen einer möglichen Umbenennung ihrer Straße erläutert. Üblicherweise erfolgt dies im Rahmen einer öffentlichen Bürgerinformationsveranstaltung. Aufgrund der Coronakrise kann diese derzeit leider nicht durchgeführt werden. Stattdessen werden die Anwohner, Betriebe und sonstige Einrichtungen mit einer Anschrift in einer dieser Straßen in den nächsten Wochen nach und nach per Briefpost informiert. Sie können dann ebenfalls schriftlich oder per E-Mail ihre Bedenken, Anregungen, Einwendungen, neue Namensvorschläge, etc. beim zuständigen Amt für Liegenschaften und Geoinformation der Stadt Konstanz vorbringen. Dieser Prozess wird im Amtsblatt mit entsprechenden Informationen zu den betroffenen Straßennamen und Personen begleitet.
Eine abschließende Entscheidung über eine mögliche Umbenennung und die dann erforderliche Neubenennung erfolgen voraussichtlich im 2. Halbjahr 2020 durch den Gemeinderat. Hierbei fließen selbstverständlich auch die rückgemeldeten Belange der Straßenanlieger ein. Der Gemeinderat kann dann neben einer Umbenennung auch die Beibehaltung des Straßennamens sowie die zusätzliche Anbringung eines Ergänzungsschildes mit Informationen zu der Person beschließen.
MM Stadt Konstanz
Mehr zum Thema:
06.03.20 | Neues zu Conrad Gröber
27.09.19 | Knapp, Hindenburg und Gröber keine Ehrenbürger mehr
19.03.19 | Verschleppte Straßenumbenennungen
03.11.17 | Keine Ruhe um Bischof Gröber
06.04.17 | Conrad Gröber in Zitaten
15.08.16 | Die Franz-Knapp-Passage muss weg
Dass es in Radolfzell eine Straßenumbenennung gab, sogar mit Video wurde hier leider nie erwähnt. Schade, denn ohne mediale Aufmerksamkeit wird es hier in Radolfzell vermutlich einfach vergessen und nie wieder thematisiert.
https://m.youtube.com/watch?v=VMJtftCtvEI