Eine weitere Verwandlung der Teestube: künftig als Holzbau, nachhaltig und bunt

Singens OB Bernd Häusler und Mitglieder des Teestube-Vereins auf der Baustelle

Verschwunden ist es, von Baggern plattgemacht – das unverwechselbare alte Haus mit den bunten Graffiti, welches den Singener Jugendtreff „Teestube“ beherbergte. Ende März hatten Abbrucharbeiten seiner Existenz ein Ende gesetzt, nun nimmt die künftige Teestube am neuen Standort an der Bahnhofstraße Gestalt an. Davon konnten sich Interessierte bei der Baustellenbesichtigung anlässlich des „Tags der Städtebauförderung 2023“ am vorletzten Wochenende einen Eindruck verschaffen.

Einen Tag der „Städtebauförderung“? Ja, so was gibt es. An diesem nämlich seien die Kommunen aufgefordert, die Bürgerinnen und Bürger über ihre von Bund und Land geförderten Sanierungsprojekte zu informieren, berichtete Oberbürgermeister Bernd Häusler dem kleinen Kreis Interessierter. In Singen seien aktuell zwei Sanierungsgebiete ausgewiesen: „Innenstadt Ost“ (mit u.a. Herz-Jesu-Platz, Kreuzenstein-Platz, Storchenbrunnen, Parkhaus am Gleis, Neubau Romeia-Straße) zum einen, für das alle Maßnahmen fast abgeschlossen seien, und das „Scheffel-Areal“ zum anderen, wo in den nächsten Jahren ein neues Quartier mit etwa 150 bis 160 Wohnungen entstehen solle.

Die alte Teestube und das Scheffel-Areal

Bereits 2014 wurde das Quartier zwischen Scheffel-, Bahnhof-, Haupt- und Hegau-Straße als Sanierungsgebiet festgelegt. Das Hochhaus „Conti“ musste 2018 als erstes weichen, auch die daneben liegende Gärtnerei Stetter ist inzwischen Vergangenheit. Und seit Anfang Jahr nun auch die Teestube. Auszugstermin für den Verein war im Januar. Das Inventar des Jugendtreffs ist derzeit in einem Lagerraum in der Südstadt untergebracht.

Die alte Teestube

Vom neuen Gebäude ist allerdings noch nicht viel zu sehen: Nur die Fundamentplatte aus nachhaltigem Recyclingmaterial ist bereits fertig. Und für die Skater-Rampe sind die Fundamente vorbereitet. Dennoch: Ein Entwicklungsprozess, der eher konfrontativ begann, befindet sich auf der Zielgeraden zu einem versöhnlichen Abschluss.

Als die Stadt im Rahmen der geplanten Sanierungsmaßnahme das Teestuben-Gebäude in der Hauptstraße dem privaten Eigentümer abgekauft habe, um es abzureißen, sei es ihm und dem Gros des Gemeinderats wichtig gewesen, dem Verein ein Angebot für einen neuen Standort zur Fortführung des selbstverwalteten Jugendtreffs zu machen und im Rahmen des Möglichen Ersatz anzubieten, betonte Oberbürgermeister Häusler. Aber wo und wie und wann? Der Anfang war zäh, die Kommunikation schwierig. Die Fronten schienen verhärtet, zu unterschiedlich die Wünsche der einen und die Vorstellungen beziehungsweise Möglichkeiten der anderen.

Der vorgeschlagene Standort, ein zurückgesetzter Platz am östlichen Ende der Bahnhofstraße im Eigentum der Stadt, nur wenige Minuten von Bahnhof und Bushaltestellen entfernt, wurde schließlich akzeptiert – und Teestuben-Aktive (wie versprochen) in die Planung des Neubaus miteinbezogen. Doch der erste Entwurf fiel im Gemeinderat durch. Mit veranschlagten 1,4 Millionen Euro einfach zu teuer! Also wurde nochmals umgeplant, zwei vorgesehene Gebäude zu einem geschrumpft, so dass diese Konzeption im Frühsommer 2022 mehrheitlich verabschiedet werden konnte.

Das neue Domizil: ökologisch, praktisch, markant

Froh sei er, dass das Ratsgremium diese Investition genehmigt habe, und auch den „Teestublern“ sei er dankbar, dass sie diesen Weg mitgegangen seien, sagte Häusler. Dabei habe nicht allen diese Entscheidung gepasst, und auch wenn es nicht gerade Widerstände gab, so habe es negative Stimmen aus der Bevölkerung gegeben, fügte der er hinzu.

Auf der Bodenplatte wird ein Holzgebäude errichtet werden. Der Fertigstellungstermin sei noch offen, aber im Laufe des Sommers werde es hoffentlich klappen. Auch zu den tatsächlichen Kosten (veranschlagt wurden 860.000 Euro) lasse sich augenblicklich noch nichts sagen. An Details für die Innenräume dürfen die Aktiven des Vereins noch tüfteln. Die Außenfassade wird von ihnen wieder – wie schon die alte Teestube – mit der Spraydose fantasievoll und bunt gestaltet werden. Auch die Fertigstellung der Skater-Rampe, wieder überdacht und eventuell noch etwas höher als die alte, übernehmen die Mitglieder des Vereins selbst. Das Gelände bietet zudem genügend Stellfläche für einen oder zwei Bauwagen, sodass auch der Umsonstladen voraussichtlich wieder eingerichtet werden kann.

Im Namen des Teestube-Vereins dankte Lara Fichtner für die gute Zusammenarbeit der letzten beiden Jahre, die für alle Mitwirkenden „ein Lernprozess war“. Mit diesem Neubau sichere die Stadt Singen das Fortbestehen des Jugendzentrums. Die noch zu überstehende heimatlose Phase bekomme der Verein recht gut hin. Für Arbeitstreffen stellt die Stadt bei Bedarf Räume zur Verfügung (unter anderem bei der Mobilen Jugendarbeit).

Der Ort, der für viele Teestube-BesucherInnen nicht nur Freizeitgestaltung, sondern eigentlicher Lebensmittelpunkt war, fehle zwar, aber man bleibe eben über die Social-Media-Kanäle in Kontakt. Und auch ein Freiluftevent steht an: Am Freitag, 26. Mai, findet auf der Aktionswiese im Stadtgarten ein Folk-Punk-Picknick von 17.00 bis 21.30 Uhr statt.

Auf das Einweihungsfest jedenfalls freuen sich alle an dem Neubauprojekt Beteiligten. Was vor drei Jahren noch so gut wie unmöglich schien, nimmt wohl ein Happy End. Geht doch, man muss es nur – gemeinsam – wollen. Schließlich muss nicht allen alles gefallen und nicht alle Lebensentwürfe können deckungsgleich sein. Vielleicht erkennen das auch noch jene, die bislang mit diesem Jugendtreff hadern.

Text: Uta Preimesser / Fotos: Dieter Heise