Jungerhalde West: BAS kritisiert „Alibi-Beteiligung“
Es ist unverkennbar: Etlichen BürgerInnen in Allmannsdorf geht mittlerweile beim Gedanken an die Bebauung Jungerhalde West das Messer im Sack auf. Die Bürgervereinigung Allmannsdorf, Staad, Egg e.V. sieht ihre Mitspracherechte beim Neubauprojekt Jungerhalde West massiv verletzt. Nach ihrer Meinung ist die von der Stadt angebotene Bürgerbeteiligung eine reine Pseudo-Veranstaltung, auf der zuvor gefasste Entscheidungen nicht mehr revidiert werden dürfen. Wird Allmannsdorf verarscht?
Hier die (leicht bearbeitete) Presseerklärung der Bürgervereinigung Allmannsdorf, Staad, Egg e.V. (BAS).
Fakten
19.11.2020 – Gemeinderatsbeschluss: Aufstellung des Bebauungsplans Jungerhalde West
Februar 2021 – Veröffentlichung in der Vorhabenliste der Stadt
März 2021 – Unterschriftensammlung BAS, Ziel Mitwirkung (Stufe 3 der Bürgerbeteiligungsrichtlinien)
24.03.2021 – Fristgerechte Übergabe von 434 Unterschriften an die Stadt
20.05.2021 – Gemeinderatsbeschluss: Mitwirkung der Bürger (Stufe 3 der Bürgerbeteiligungsrichtlinien)
29.06.2021 – Einladung zur Bürgerbeteiligung der Stadt zum Online-Workshop am 24.7.2021 und Preisgericht am 27.9.2021
12.07.2021 – Widerspruch der BAS, betreffend Ziel und Ablauf der geplanten Beteiligung, Eskalation bei OB Burchardt, keine Einigung
13.07.2021 – Südkurier-Artikel Bürgermeister Langensteiner – Einigung mit BAS???!!! Falsch!
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Die von der Stadt geplante „Bürgerbeteiligung“ entspricht weder von den Zielen noch vom Ablauf den Erwartungen der BAS und auch nicht den in den Leitlinien für Bürgerbeteiligung als „Stufe 3 Mitwirkung“ vorgesehenen Instrumenten. Eine Mitwirkung bei Inhalt und Ablauf wurde nicht gewährt. Insofern besteht die Befürchtung einer „Alibi“-Beteiligung.
Inhalt
Die 434 UnterzeichnerInnen [einer Unterschriftenaktion zur BürgerInnenbeteiligung, siehe hier] fordern eine Mitwirkung zu:
- Der Frage nach dem „Ob“ im Rahmen eines Gesamtkonzeptes Wohnungsbau. Wieso reichen die bislang im Handlungsprogramm Wohnen ausgewiesenen Gebiete (7.900 Einheiten) nicht aus? Z.B. mit dem Hafner, auf dem Döbele und in der Bücklestraße gibt es zahlreiche Gebiete, die seit langem in der Planung sind und nicht realisiert werden. Nun soll das Gebiet Jungerhalde West zusätzlich entwickelt werden. Dieses Gebiet ist im Flächennutzungsplan nicht als Bauland vorgesehen, es ist sogar im Freiflächenkonzept von KN enthalten und wurde nur aufgrund der Ausnahmegenehmigung zur Schaffung von Flüchtlingsunterkünften in 2015 als bebaubar eingestuft.
- Der Frage nach dem „Wo“. Wie sieht die städtebauliche Vorstellung der Verwaltung einer weiteren Entwicklung der Ortsteile Allmannsdorf, Staad und Egg aus? Falls es Bedarf für zusätzlichen Wohnraum gibt – Frage 1 – muss zunächst analysiert und diskutiert werden, was geeignete Flächen sind. Hierbei gilt die Maxime Innen- vor Außenentwicklung.
- Der Frage nach dem „Wie“. Wenn der Bürgerdialog die beiden ersten Fragen mit Ja beantwortet, dann kann die Frage nach der konkreten Gestaltung gestellt werden. Was ist der besondere Charakter von Allmannsdorf und Egg? Wie könnte dieser, in diesem hochwertigen Landschaftsraum, unter Erhalt der gewachsenen Eigenheit angemessen weiterentwickelt werden (Stichwort des Bodenseeleitbildes > Erhaltung der Stadt und Ortsteilcharakteristik im Bodenseelandschaftsraum)?
Wie sehen alternative Vorschläge für ein solches Quartier aus?
Wie würde sich ein solches Baugebiet, an diesem Ortsrand, diesem Übergang in den hochwertigen Landschaftsraum (FFH-Gebiet), einfügen?
Wie viele Wohneinheiten verträgt es?
Form
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Die Stadt besteht auf einem Online-Format, im Teil 2 als Hybridveranstaltung. Diese Form der Bürgerbeteiligung entspricht nicht der Erwartung und dem Ablauf vergleichbarer Verfahren am Hafner oder in Litzelstetten.
Die Erfahrungen mit den in den vergangenen Monaten durchgeführten Online-Bürgerinformationen (Jungerhalde West, Radführung Hörnle) sind desaströs.
- Vielen weniger internetaffinen Bürgern blieb der Zugang verwehrt.
- Die Moderation durch Translake war nicht neutral.
- Bürgern wurde ausschließlich erlaubt, sich schriftlich zu äußern.
- Viele Fragen und Anmerkungen wurden nicht berücksichtigt.
- Eine konstruktive Diskussion kam nicht zustande.
- Insgesamt wurden diese Veranstaltungen eher als „Verkaufsveranstaltungen“ der Stadt wahrgenommen.
Deshalb müssen wir auf den Formaten der Vergangenheit in Form von Präsenzveranstaltungen, wie sie auch in den Richtlinien der Stadt vorgesehen sind, bestehen. Dies ist in der aktuellen Corona-Situation durchaus möglich.
Zeitlicher Ablauf
Der zeitliche Ablauf ist extrem gedrängt.
- Das von der Stadt vorgesehene Verfahren erlaubt keinen echten Bürgerdialog und -diskurs. Online-Pinwand/Pinwand im Rathaus 5. OG, Online-„Workshop“ und Ergebnispräsentation, dazwischen die Offenlage der Planung im Rathaus vom 30.6.2021 bis 6.8.2021, als Termin für Einsprüche. Das alles ist sehr gedrängt, vor und nach den Sommerferien.
- Die Stadt besteht auf diesem Zeitplan, um die Fristen des Förderprogramms Holzbauinitiative einzuhalten. Zieltermin ist Ende Sept. 2021.
- Ein sorgfältiger Bürgerdialog mit einer sorgfältigen Bewertung des Gebietes ist insbesondere auch vor dem Hintergrund der aktuellen Hochwasserkatastrophe unabdingbar. – Schnelles Bauen mit weiterer Landschaftsversiegelung steht im Widerspruch zum Klimanotstand und berücksichtigt die langfristigen Folgen der Bodenversiegelung nicht.
Fazit
- Wir (BAS) planen eine (eigene) Präsenz-Bürgerversammlung in der Woche nach den Ferien (Mitte Sept 2021), um über alle drei Fragen zu sprechen.
- Dazu werden wir Vertreter der Stadt einladen, um über die Planungen zu berichten. (Dies ist mit der Stadt vorbesprochen und wird von der Stadt unterstützt – Martin Schröpel).
- Wir als BAS werden nicht an der jetzt stattfindenden „Alibi-Bürgerbeteiligung“ teilnehmen.
- Natürlich steht es jedem Bürger frei, sich als Einzelperson an dem Prozess zu beteiligen.
- Bei Bedarf werden wir weitere Bürgerversammlungen durchführen, um den Prozess konstruktiv zu begleiten.
Gez. Sven Martin
Bürgervereinigung Allmannsdorf Staad (BAS)
Text: MM/red (Bild: O. Pugliese)
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Herr Martin und die BAS setzten sich schon sehr lange für ein Umdenken in der Baupolitik und gegen den ungehemmten Flächenverbrauch ein. Sie jetzt öffentlich so anzugreifen, wie meine Vorkommentatoren, zeigt, dass diese dem OB auf den Leim gegangen sind und seinem Bauwirtschaftsförderungsprogramm.
Ginge es der Stadt darum, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, hätte sie die Möglichkeit gehabt, das Siemensareal zu kaufen und selbst über die Wobak zu entwickeln. Dies wurde aus Kostengründen abgelehnt. Statt dessen sollen Investoren lieber zu einem Anteil an Sozialwohnungen verpflichtet werden. Mit der Konsequenz, dass 3 bis 4 mal so viel Natur verbraucht wird, wie es nötig gewesen wäre. Geldsparen auf Kosten der Natur, ein lang bewährtes Konzept, das sich in Zeiten des Klimawandels doppelt rächt. Die Folgen dieser Politik werden vor allem unsere Kinder und Enkel tragen müssen.
Wenn in Konstanz bezahlbare Wohnungen fehlen, liegt das auch an den exorbitant gestiegenen Herstellungskosten von ca. 5000 Euro pro Qm in Konstanz. Aus dem privaten Neubau werden niemals bezahlbare Mieten entstehen. Denn selbst mit einer minimalen Rücklage, Verwaltungskosten und Abschreibung benötigen die Investoren 3 Prozent Rendite, was ca. 12,50 Euro pro qm entspricht. Wenn man also 7 bis 8 Euro Miete für bezahlbar hält, muss der Steuerzahler 4,50 drauf packen. Bedeutet bei 2000 fehlenden Wohnungen a 100 qm eine Summe von 900 000 Euro pro Monat allein in Konstanz.
Oder die Wobak baut 200000 qm Wohnraum selbst. Das entspricht einem Investitionsvolumen von 1 Mrd Euro. Und dabei sind die Kosten für den Naturverbrauch nicht mal eingerechnet. Denn die kostet ja nichts, jedenfalls so lange der Wind nicht zu doll weht und der Regen nicht allzulange anhält.
Wäre die Zementindustrie ein Staat, wäre er der drittgrößte CO2 Emitent nach USA und China.
Mit diesem Hintergrund sind die vielen Baugebiete für Investoren in Konstanz noch kritischer zu betrachten, denn die 30 Prozent Sozialwohnungen fallen nach 20 Jahren wieder aus der Preisbindung und das Problem stellt dich von Neuem.
Die Lösung kann nur in der Innenentwicklung liegen, dem Nutzbarmachen von bereits versiegelten Flächen, Aufstocken, Zulassen mehrere Wohneinheiten, Senken der Quadratmeterzahl an Wohnfläche pro Kopf., Wohnungtausch usw.
Die Instrumente sind da, werden aber nicht genügend angewandt. Und last but not least sollte man bedenken, dass der Bauboom im Landkreis Konstanz auf Kosten der Nachbarkreise geht, die Wanderungsvetluste und Leerstand zu beklagen haben. Der Zuzug in den Landkreis und nach Konstanz muss gesteuert und begrenzt werden. Konstanz muss nicht wachsen um jeden Preis. Durchaus kritisch ist in diesem Zusammenhang auch das ständige Wachstum der Uni und der HTWG zu sehen, ohne entsprechende Auflagen für mehr Wohnheimplätze.
Die Stadt Konstanz ist mit dem Handlungsprogramm Wohnen auf dem falschen Weg. Auch im Landkreis werden fleißig EFH Baugebiete ausgewiesen ( 102 ha für 2000 EFH) alles mit dem Argument Wohnungsnot, obwohl EFH Wohnraum nun wirklich nicht kostengünstig ist. Kostengünstig ist nur der ersatzlose Verbrauch von Ackerland, Streuobstwiesen und Naturflächen.
Der Verlust gerade an Blühwiesen und anderem Grünland führt zu einem beispiellosen Artensterben in unserer Heimat. 70 Prozent Rückgang von Feldvögeln im Bodenseegebiet hat das MPI in Möggingen ermittelt. 75 Prozent Rückgang bei den Insekten in Deutschland. Der Verlust von Naturflächen ist katastrophal und muss gestoppt werden. Auch in Konstanz.
Wenn trotzdem gebaut wird, dann sollte ausschließlich Zielgruppen orientiert gebaut werden: Studentenwohnheime, Mietwohnungen für Familien durch die Wobak und Genossenschaften, Mietwohnungen für Bediensteteder Stadt. Keine Eigentumswohnungen und EFH, DDH und Reihenäuser mehr und neues Bauland ausschließlich in Erbpacht. Nur so ließe sich der Flächen- Naturverbrauch begrenzen. Es ist Zeit umzudenken.
Ich verstehe nicht, warum Herrn Martin hier regelmäßig so viel Platz eingeräumt wird. Ich vermisse jeglichen konstruktiven Ansatz, es scheint seit Monaten lediglich darum zu gehen, die eigenen Privilegien abzusichern – und der Hinweis auf ökologische Bedenken könnte scheinheiliger nicht sein.
Wollen wir Konstanz ernsthaft zu einem Ort weiterentwickeln, in dem nur noch die Wohlbehüteten den Taktstock schwingen? Dann: Fahrt voraus, BAS. Ich ziehe dann lieber hier weg.
Lieber Herr Martin,
ihr Haltung ist, gelinde gesagt, sehr fragwürdig. Es bleibt der Eindruck, dass bei Ihnen die „überschrift Allmansdorf den Allmonsdorfern“ alles überragt. Wenn diese ausgrenzende, auf sich bezogene Haltung nach dem St. Floriansprinzip überall Schule macht, dann gute Nacht Konstanz. Dieser latente Egoismus, den sie und die BAS unter dem Deckmantel von sozial akzeptierteren Schlagwörtern wie Klimaschutz etc. vertreten, ist an Bigottierie nichtmehr zu überbieten. Würden alle Bürger:innen in den anderen Stadtteilen so handeln, gute Nacht Konstanz für alle – willkommen Konstanz für wenige (mit grossem Geldbeutel)