Leerstehendes Haus in Konstanz besetzt
In den frühen Morgenstunden des 18. Juli haben AktivistInnen ein seit Jahren leerstehendes Reihenhaus in der Konstanzer Markgrafenstraße besetzt. Laut einer Erklärung wollen die HausbesetzerInnen damit zum Ausdruck bringen, dass sie immer weiter steigende Mieten und zunehmende Verdrängung nicht hinnehmen. In dem mehrstöckigen Gebäude mit der Hausnummer 10 könnten, so ihre Pläne, neben erschwinglichen Wohnungen auch soziokulturelle Einrichtungen entstehen.
Wörtlich heißt es in der Mitteilung der BesetzerInnen weiter:
Das Haus bietet eine Menge Wohnraum und Platz zum Zusammenkommen. Der vermeintliche Eigentümer K.-H. Schafheutle, der zuletzt noch ein Büro im Erdgeschoss betrieb, lässt das Haus jedoch seit Jahren verfallen. Das ist nicht nur den Besetzer*innen oder der Stadt, sondern auch den Anwohner*innen ein Dorn im Auge. Durch den Verfall werden nämlich auch die Nachbarhäuser in Mitleidenschaft gezogen, da beispielsweise Wasser aus dem überschwemmten Keller zu ihnen herüber läuft.
Obwohl die Stadt des Öfteren Bußgelder wegen des Leerstandes verhängte, führte dies nicht dazu, dass der Eigentümer das Gebäude wieder als Wohnraum zur Verfügung stellt.
So Lisa, eine der Hausbesetzer*innen: „Insbesondere in einer Stadt, in der kaum günstiger Wohnraum zur Verfügung steht und die mit die höchsten Mietpreise in ganz Deutschland hat, finden wir so etwas nicht akzeptabel. Da die Stadt nicht fähig zu sein scheint etwas gegen den Leerstand, trotz Wohnungsknappheit, zu unternehmen, haben wir beschlossen hier selbst aktiv zu werden.“
Markus, einer der neuen Bewohner*innen erklärt: „Wir sind gekommen um zu bleiben! Im Erdgeschoss wollen wir ein offenes, solidarisches und selbstverwaltetes Café mit einem Infoladen schaffen. In den oberen Räumen sollen Wohnbereiche für alle Menschen, die sich dem Mietwahnsinn entziehen wollen oder es sich nicht leisten können, entstehen.“
Die Besetzer*innen wollen das Haus wieder instand(be)setzen und interessierten Menschen ein alternatives Leben in der Stadt Konstanz ermöglichen. Sie fordern, dass das Haus wieder als Wohnraum genutzt werden kann, und die Stadt Konstanz das Projekt unterstützt, fördert und sich klar gegen den Leerstand positioniert.
Zudem ist jede*r eingeladen, vorbeizukommen, mitzumachen und sich gegen die steigenden Mieten zur Wehr zu setzen!
MM/red (Fotos: grafi.noblogs.org)
Mehr Informationen: Die BesetzerInnen haben eine Website eingerichtet, auf der sie über die aktuellen Entwicklungen informieren.
Weitere Informationen auf seemoz:
19.07.20 | Sie sind gekommen, um zu bleiben
20.07.20 | Die Häuser denen, die drin wohnen
21.07.20 | Hausbesetzung: Drei OB-Kandidaten nehmen Stellung
21.07.20 | Stadtverwaltung: Zweckentfremdungssatzung greift
22.07.20 | Rathauschef schaut bei HausbesetzerInnen rein
22.07.20 | Besetztes Haus geräumt
22.07.20 | „Friedliche und beliebte Hausbesetzung gewaltsam beendet“
23.07.20 | Trotz Räumung – Grafi10 bleibt
Vermutlich sind die Besitzverhältnisse komplizierter als sie offiziell dargestellt werden können. Die Adresse wird immer noch als Sitz eines Versicherungsbüros angegeben und der Inhaber ist auf dem Papier auch Eigentümer der Liegenschaft. Es ist aber davon auszugehen, dass die Eigentumsinteressen inzwischen anderweitig vertreten werden. In so einer rechtlich komplizierten Lage, kommt es dann zu solchen Konstrukten. Das wurde ja auch mit „in diesem besonderen Fall, ist der Zugang zum Eigentümer schwierig“ angedeutet. Auf der anderen Seite sind natürlich die Persönlichkeitsrechte zu schützen. Ein Eiertanz, den aber eine kluge Stadtverwaltung diskret lösen könnte.
Die Situation ist doch die normale Folge unseres Gesellschafts-systems der sogenannten „sozialen Marktwirtschaft“. Es ist keine „soziale“ Marktwirtschaft. Es ist Kapitalismus pur, wie er von den konservativen Parteien CDU/CSU und FDP vertreten und in den Parlamenten beschlossen und verteidigt wird. Aus den kapital-kräftigen Kreisen kommen dann ja auch die meisten Spenden an diese Parteien. Sollen doch die Wähler mal endlich durchblicken und diese Parteien nicht mehr wählen. (Aber auch nicht die AfD).
Es gilt: Hinschauen und konsequent handeln.
Weiter so. Das braucht Eier. Die habt ihr!
Fragt man sich: Warum hat die Stadt nicht schon längst Frist gesetzt um das Gebäude wieder bewohnbar zu machen und nach Ablauf nicht enteignet?
Tolle Aktion! Wir kommen nachher mal vorbei!
Derzeit stellt die Polizei die Personalien aller Anwesenden fest und filmt alles, was Puls hat. Angedroht ist auch eine Räumung.
Wäre wahrscheinlich hilfreich, wenn möglichst viele Leute in die Markgrafenstr. 10 kommen, um die BesetzerInnen zu unterstützen. Auch benachbarte AnwohnerInnen zeigen sich offensichtlich solidarisch.