Regionalverkehr Bodensee und Oberschwaben: SPD fordert Stopp der Ausschreibung

Das baden-württembergische Verkehrsministerium muss die Neuausschreibung des Schienenverkehrs im Bereich Nordbaden-Oberschwaben unverzüglich stoppen. Dies fordern der verkehrspolitische Sprecher der SPD im Landtag, Hans-Peter Storz, und weitere SPD-Landtagsabgeordnete in einem Antrag. In neu zu erarbeitenden Ausschreibungsunterlagen müsse der Kritik aus der Bodenseeregion an den Vergabebedingungen unbedingt Rechnung getragen werden.

„Der Verkehrsminister des Landes spricht ständig von klimaneutraler Mobilität. Doch das Handeln der Regierung widerspricht diesen Sonntagsreden ständig“, kritisiert Storz. Es sei unglaubwürdig, wenn Minister Winfried Hermann der Bodensee-Oberschwaben-Bahn eine „faire Chance bei der Neuausschreibung“ zusichere und in der tatsächlichen Ausschreibung das Unternehmen faktisch vom Wettbewerb ausschließe.

Norbert Zeller, der Vorsitzende der SPD-Fraktion im Kreistag des Bodenseekreises, betonte die Leistungen der Bodensee-Oberschwaben-Bahn. Das Unternehmen habe die Fahrgastzahlen erheblich gesteigert und sei durch seine Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit ein vorbildlicher Bahnbetrieb. Zeller: „Ich fordere die Abgeordneten der Grünen und der CDU auf, dem Antrag von Hans-Peter Storz zuzustimmen und das unsägliche Ausschreibungsverfahren sofort zu stoppen.“

Die SPD-Abgeordneten verlangen vom Verkehrsministerium eine Stellungnahme zu einem umfangreichen Fragenkatalog. „Wir wollen wissen, wie es zu dieser Ausschreibung gekommen ist und wer die Verantwortung dafür trägt,“ erläutert Storz die Zielsetzung der Fragen. Dabei sei von besonderem Interesse, warum die Regionalverkehre für Nordbaden und Oberschwaben gemeinsam vergeben werden sollen. „Denn für diese Koppelung gibt es keine verkehrliche Begründung.“ Ebenso gebe es keine Begründung, warum ein so großes Netz mit 8,5 Millionen Zug-Kilometern im Jahr auf einen Schlag ausgeschrieben werde.

Für die Neuausschreibung fordern die Sozialdemokraten, dass die Bedingungen für den Bau einer Werkstatt angepasst werden. Es sei vollkommen überzogen, bereits zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe den Nachweis eines Grundstücks für diese Werkstatt zu verlangen. Ebenso müsse die der Kritik an der geforderten Übernahme der SWEG-Bahn Stuttgart berücksichtigt werden.

Die Landesregierung habe nach Angaben von Storz nun drei Wochen Zeit, zum Antrag Stellung zu nehmen.

Hier der Antragstext:

Zukunft der Bodensee-Oberschwaben-Bahn (BOB)

Der Landtag wolle beschließen,
die Landesregierung zu ersuchen

I. zu berichten,

  1. welche Rügen bislang gegen die Ausschreibung beim Verkehrsministerium eingegangen sind;
  2. in welchen Punkten die Geschäftsführung der BOB die Ausschreibung des Landes für falsch hält;
  3. inwiefern sie bereit ist, diesen Rügen und der Bitte um eine Verschiebung der Ausschreibung nachzukommen;
  4. wie sie heute die Äußerungen des Verkehrsministers, anlässlich des 25-jährigen Jubiläums der BOB beurteilt, dass diese eine „faire Chance bei der Neuausschreibung erhalten solle“;
  5. weshalb sie keine Trennung der Ausschreibung zwischen Nordbaden und Oberschwaben vorgenommen hat;
  6. wann die vom Verkehrsminister angekündigten Gespräche mit den Vertretern der Raumschaft mit welcher Zielführung stattfinden sollen;
  7. wer für das Ausschreibungsverfahren die unmittelbare und wer hierfür die politische Verantwortung trägt;
  8. welchen Wert sie generell regionalen Initiativen im öffentlichen Personennahverkehr beimisst;

II.

  1. die Neuausschreibung „Netz 35 Nordbaden-Oberschwaben“ zu stoppen;
  2. den Rügen für die Vergaben bei der Neuausschreibung Rechnung zu tragen und dabei insbesondere die Bedingungen für den Bau einer Werkstatt (Nachweis eines Grundstücks), die Übernahme der Südwestdeutschen Landesverkehrs-GmbH (SWEG) Bahn Stuttgart GmbH und den Zuschnitt der Ausschreibung zu berücksichtigen.

Begründung

Die Bodensee-Oberschwaben-Bahn (BOB) ist als kommunal geführte Bahn ein Erfolgsmodell, deren Fahrgastzahlen weit über den ursprünglich prognostizierten 1.000 Personen täglich inzwischen bei 5.000 Nutzern liegen. Sie ist äußerst beliebt bei den Fahrgästen, pünktlich und zuverlässig. Sie ist wirtschaftlich erfolgreich und steht nun durch die Ausschreibung des Landes Baden-Württemberg für den Schienenverkehr vor dem Aus.

Dies, weil in der Ausschreibung des Landes Bedingungen enthalten sind, die es der BOB nahezu unmöglich machen, diese zu erfüllen. Dazu zählen u. a. der Bau einer Werkstatt und dafür der Nachweis eines Grundstücks sowie die Größe der Einzel-Lose (bis zu 8,5 Mio. Zugkilometer).

Deshalb hat die Ausschreibung der Zugverkehre rund um den Bodensee und in Oberschwaben hohe Wellen geschlagen. Menschen vor Ort fragen sich, was klare Aussagen des Verkehrsministers auf lange Sicht wert sind, der anlässlich des 25-jährigen Jubiläums der BOB in Meckenbeuren dieser „eine faire Chance bei der Neuausschreibung“ zusicherte.

In der Regierungsbefragung am 9. November 2022 hat der Verkehrsminister bereits eingeräumt, die Trennung der Ausschreibung von Nordbaden und Oberschwaben nicht beachtet zu haben.

Deshalb ist die Ausschreibung von Netz 35 Nordbaden-Oberschwaben zu stoppen und den vorgebrachten Rügen Rechnung zu tragen, damit die BOB auch tatsächlich eine „faire Chance“ bekommt.

Text: MM/red, Bild: Franz Jäger, Wikipedia, This file is licensed under the Creative Commons Attribution-Share Alike 4.0 International license.