Vonovia: Neuer Ärger um Trinkwasserfilter

Am heutigen Freitag geht die Haupt­ver­samm­lung des Immobilienkonzerns Vonovia über die Bühne. Für die AktionärInnen, die sich corona-bedingt virtuell treffen, gibt es gleich doppelten Grund zur Freude. Mit Genugtuung dürfte einerseits die Entscheidung des Bundes­ver­fassungs­gerichts zur Kenntnis genommen werden, den Berliner Mietendeckel zu kippen. Vor allem aber können sich die Aktien­besitzerInnen über eine um rund 8 Prozent höhere Dividende die Hände reiben. Die Zeche dafür zahlen MieterInnen etwa in der Schwaketenstraße, die sich mit schäbigsten Abrechnungstricks herumschlagen müssen.

Rund 1,35 Milliarden Euro hat das Geschäft rund um die Vermietung und Verwaltung von etwa 400.00 Immobilien dem Bochumer Konzern im vergangenen Jahr eingebracht. Wie die satten Gewinnzahlen zustande gekommen sind, die der Vorstandsvorsitzende Rolf Buch heute vorstellen wird, davon können die MieterInnen der Vonovia-Immobilien etwa in der Konstanzer Schwaketenstraße ein trauriges Lied singen. Die dort nach mehreren Jahren zu Ende gehenden Modernisierungsmaßnahmen dienen dem Konzern nicht allein als Rechtfertigung für die Anhebung der Mieten, sie waren für die Betroffenen auch buchstäblich ein Leidensweg.

„Bekannt sind ja inzwischen die unterschiedlichen Gefährdungen, welche durch die Baustelle der Vonvoia Häuser in der Schwaketenstraße ausgingen“, sagt Matthias Oehlschläger von der lokalen MieterInnen-Initiative. „Man erinnert sich an die Bauzäune, die auf Autos und den Geh- und Radweg gekracht sind. Die nicht gesicherten und unzureichend beleuchteten Wege. Die mit falschen Abdeckungen verschlossenen Elektrokanäle, welche im Brandfall ein Inferno angerichtet hätten und die BewohnerInnen über Monate hinweg gefährdet haben. Alles geschuldet der Tatsache, dass die Bauleiter, wenn sie denn einmal vor Ort waren, eben nichts kontrolliert haben.“

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Der Filtertrick

Derweil gibt es schon neuen Verdruss wegen der Nachrüstung der Gebäude mit Filtern, die mehr als 400 BewohnerInnen in der Schwaketenstraße mit sauberem Trinkwasser versorgen sollen. Der Vermieter lege bei der Wartung dieser Geräte „die gleiche Schlamperei an den Tag“, die auch die „sonstige Bewirtschaftung der Häuser 98 bis 108 in der Schwaketenstraße“ kennzeichne, beklagt Oehlschläger.

Hintergrund: Im Zuge der Modernisierung wurden die Häuser mit sogenannten Rückspül-Schutzfiltern ausgestattet, die grobe Partikel aus dem Trinkwasser filtern und so die Qualität erhöhen sollen. Die Geräte bedürfen ständiger Kontrolle und Wartung, gerade der regelmäßige Tausch von Filtern ist wichtig, da sonst das Trinkwasser mit Mikroorganismen kontaminiert werden kann. Für Vonovia ein willkommener Anlass, den Nebenkostenabrechnungen einen weiteren Posten hinzuzufügen. Seit 2018 stellt der Vermieter so monatliche Filterkontrollen durch den Hauswart in Rechnung.

In einem der Nebenkostenabrechnung für 2018 beigefügten Schreiben begründet der Konzern die Filteraufrüstung mit dem Anliegen, „für Sie die bestmögliche Wasserqualität gewährleisten zu können“. Häufige Inspektionen seien dafür nötig: „Es ist unser Bestreben uns um Ihr Wohlergehen zu kümmern und für Sie einen Servive anzubieten, mit dem Sie voll und ganz zufrieden sind.“ Die Katze ließen die Bochumer Abzocker am Ende des Schreibens aus dem Sack: „Da es sich bei der Wartung von Wasserfiltern um umlagefähige Betriebskosten handelt, haben wir uns dazu entschieden, diese Kosten ab dem Jahr 2018 in Ihrer Betriebskostenabrechnung anzusetzen.“

Offenbar, berichtet Oehlschläger, sei Vonovia indes die Umlage von Kontrollkosten für die Wasserfilter noch nicht genug gewesen, oder beim Konzern habe man erst nachträglich realisiert, dass der regelmäßige Filtertausch ja ebenfalls koste. Jedenfalls flatterte den BewohnerInnen letzten November ein weiteres Schreiben ins Haus, das – wieder garniert mit dem Hinweis auf das hohe Gut Trinkwasser – ankündigt, ab der Betriebskostenabrechnung 2021 müssten die MieterInnen zusätzlich auch die halbjährlich anfallenden Kosten für die Wartung und den Tausch der Wasserfilter in Höhe von 140 Euro berappen.

Ungereimtheiten bei Wartung

Zusammen mit Matthias Oehlschläger begaben sich daraufhin einige BewohnerInnen, die ein Lied von der kreativen Abrechnungspraxis ihres Vermieters singen können, auf die Suche nach diesen Trinkwasserfiltern, für deren monatliche Kontrollen sie seit 2018 bezahlen. Fündig wurden sie an der Hauptwasserzufuhr. Was sie dort entdeckten, war ernüchternd.

„Das elektrische Filtergerät war noch über und über mit dem Baustaub der vergangenen Jahre bedeckt“, erzählt Oehlschläger. Auf dem Gerät habe eine Prüfmarke geklebt: „Trinkwasserfilter gewartet 12/2019“, auf dem Display des Geräts leuchtete die Anzeige „Wartung/Service“. Laut Hersteller-Handbuch der Hinweis, dass der Filter seit einem Jahr nicht mehr gewartet wurde. „Der Filtereinsatz wies eine braune Färbung auf, neue Filtereinsätze sind laut Hersteller hellgrau“, so Oehlschläger, „somit dürfte der aktuelle Filter schon einiges auf dem Buckel haben und man fragt sich, was sich schon so alles darin tummelt“.

Ein klares Indiz also, dass Vonovia seit mehr als einem Jahr keine Wartung und keinen Tausch der Trinkwasserfilter vorgenommen hat, trotz halbjährlicher Wartungs- und Austauschpflicht, für die man die BewohnerInnen zur Kasse bittet. Der Vermieter nehme billigend „eine Gefährdung ihrer MieterInnen durch möglicherweis mit Mikroorganismen kontaminiertes Wasser in Kauf“, empört sich Oehlschläger. Die Frage stelle sich, „wollte die Vonovia vielleicht mit dem Tausch der Filter warten, bis sie diese mit der Betriebskostenabrechnung 2021 auf die Mieter umlegen kann oder ist es nur wieder einer dieser bedauerlichen Fehler?“

Die Reaktion der schriftlich von diesem Missstand unterrichteten Vonovia-Führungsspitze – darunter Vorstand, Regionalgeschäftsführung Süd und Regionalleiter –, zeugt von der ausgesuchten Dreistigkeit, die der Konzern im Umgang mit seinen „Kunden“ an den Tag legt. Mit Schreiben vom 11.03.2021 teilten die Verantwortlichen den BewohnerInnen unverfroren mit:

Es ist richtig, dass durch das Fehlen des Aufklebers der Eindruck erweckt wird, dass die Wartung im letzten Jahr nicht ordnungsgemäß durchgeführt wurde. Wir können Sie jedoch beruhigen, die Wartung der Filter wurde am 03.02.2020 durchgeführt. Diesbezüglich haben wir diesem Schreiben den unterschriebenen Wartungsbericht beigefügt.“

Damit bestätige Vonovia selbst also, was die MieterInnen vermutet hatten: Über ein Jahr blieben die Filter unkontrolliert. Und an dieser Praxis will man offenbar festhalten, ist in dem Schreiben doch die Rede davon, „dass die diesjährige Wartung diesen März durchgeführt wird“.

Dabei war in der Vonovia-Mitteilung vom November 2020 die Rede davon, eine halbjährliche Wartung sei für eine gute Wasserqualität unerlässlich. Um die MieterInnen zu beschwichtigen, hat der Konzern jetzt immerhin eine Trinkwasseranalyse angekündigt, deren Ergebnisse man den MieterInnen vorlegen wolle.

Neue Fragen

Die im Schreiben angekündigte März-Wartung hat der Konzern inzwischen wohl vornehmen lassen. Aus Sicht der BewohnerInnen wirft diese Wartung aber neue Fragen auf. So wurde das Gerät zwar von Baustellenschmutz gereinigt und es klebt eine neue Marke darauf, die auf eine nächste Wartung im September 2021 hinweist (jetzt also doch ein halbjährlicher Turnus?). Der Filtereinsatz ist indes immer noch braun gefärbt und das Display zeigt unverändert die Meldung „Wartung/Service“. „Wurde hier nur das Gerät gereinigt und eine neue Marke angebracht, um den Anschein zu waren?“, fragt sich Matthias Oehlschläger. Ein neuer Filter, mutmaßt er, „wäre sicherlich in so kurzer Zeit nicht schon wieder so gefärbt von den Schmutzpartikeln im Wasser“.

Grund genug für die BewohnerInnen, ihrem Vermieter weitere Fragen zu stellen und ihn aufzufordern, entsprechende Belege wie Tätigkeitsnachweise und Materialabrechnungen über die Wartung im März vorzulegen. „Man darf gespannt sein, ob Vonovia die entsprechenden Belege vorlegen wird“, sagt Oehlschläger, der sich überdies fragt, „ob die Vonovia die Frechheit besitzt, in Anbetracht der vorliegenden Fakten in der Betriebskostenabrechnung 2020 die monatlichen Kontrollen der Wasserfilter abzurechnen. Zuzutrauen wäre es der Vonovia allemal.“

J. Geiger (Bild: M. Oehlschläger)

Bundesweites VoNO!via-MieterInnenBündnis gegründet

Der Immobilienkonzern Vonovia ist für seinen „kreativen“ Umgang mit Nebenkostenabrechnungen gefürchtet. Dabei werden schon einmal Kontrollmaßnahmen von Dingen in Rechnung gestellt, die nicht existieren, oder Leistungen abgerechnet, die nie erbracht wurden. Nun hat sich bundesweit ein Bündnis aus MieterInnen-Initiativen und -Vereinen gegründet, um sich im Kampf gegen die Vonovia besser zu vernetzen und gegenseitig zu unterstützen. Mit dabei ist auch die Konstanzer Initiative. Zur Website des Bündnisses geht es hier.

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