Was tun gegen Rassismus, Fremdenhass und rechte Gewalt?

Am Sonntag fand in Konstanz auf der Marktstätte eine kleine Kundgebung zu einem erneuten muslimfeindlichen Vorfall in Halle, der in den überregionalen deutschen Medien kaum erwähnt wurde, statt. Sie wurde von der Mahnwache Flucht und Asyl, Amnesty International und der Muslimischen Hochschulgruppe organisiert. Dabei hielt Dominik Riedinger (Amnesty) eine bemerkenswerte Rede, die wir hier vollständig wiedergeben.

Hallo Liebe Freund:Innen,

zum heutigen Anlass werde ich für Amnesty International darüber sprechen, warum es wichtig ist, sich auch als nicht betroffene Person gegen rassistische Stammtischparolen und Hass auszusprechen.

Alle Menschen sind „frei und gleich geboren“. Die Realität sieht für viele Menschen in Deutschland anders aus. Sie werden rassistisch diskriminiert, beleidigt und ausgegrenzt – beim Job, in der Schule oder bei der Wohnungssuche.

Damit nicht genug: Manche Politiker*innen äußern rassistische Ansichten, die von Teilen der Medien verbreitet und verstärkt werden. Damit tragen sie zu einem Klima bei, das immer wieder in schockierende Gewalt umschlägt – wie 2019 in Halle oder 2020 in Hanau und nun 2022 wieder in Halle.

Wir alle müssen Rassismus persönlich nehmen

Alle Menschen unserer vielfältigen Gesellschaft sollen sich sicher und frei fühlen. Um das zu erreichen, muss sich jede Person einmischen und gegen Rassismus aktiv werden. Denn das beste Mittel gegen Rassismus – das sind wir selbst. Wir müssen das Problem erkennen, es beim Namen nennen und verurteilen – auch da, wo es weh tut. Das ist nicht immer leicht.

Wir alle müssen Rassismus persönlich nehmen, auch wenn wir nicht direkt betroffen sind.

Wenn Menschen aufgrund ihrer „Hautfarbe“, ihrer angenommenen Herkunft oder anderer Zuschreibungen mit rassistischen Vorurteilen konfrontiert werden, können sie gar nicht anders, als das persönlich zu nehmen. Sie werden verletzt, ausgegrenzt und diskriminiert.

Rassismus ist in Deutschland wieder auf dem Vormarsch.

Wer zur weißen Mehrheit in unserer Gesellschaft gehört, hat dagegen das Privileg, sich entscheiden zu können, diese Diskriminierungen zu ignorieren oder aber sich angesprochen zu fühlen, die eigenen Vorurteile zu hinterfragen, und sich einzumischen. Schutz vor Diskriminierung ist ein Menschenrecht.

Kein Mensch darf wegen seiner Abstammung, seiner Sprache, seiner Herkunft, seines Glaubens oder seiner politischen Anschauungen benachteiligt werden. Dieses absolute Diskriminierungsverbot ist eine der Lehren der Weltgemeinschaft aus den Erfahrungen zweier Weltkriege, den Verbrechen des Nationalsozialismus und des Kolonialismus. Heute ist es mehr denn je notwendig, daran zu erinnern.

Rassismus ist in Deutschland wieder auf dem Vormarsch. Im Jahr 2016 verzeichnete die Bundesregierung nach vorläufigen Zahlen ca. 12.500 rechts-motivierte Straftaten, 2020 waren es ca. 24.000. Die Täter*innen fühlen sich durch ein gesellschaftliches Klima, in dem rassistische Ressentiments immer offener propagiert werden, ermutigt.

Schutz vor Diskriminierung ist ein Menschenrecht.

Wenn zu rassistischen Taten und Worten geschwiegen wird, empfinden das rassistisch Handelnde als Zustimmung. Wer will, dass sich alle Menschen in unserer vielfältigen Gesellschaft sicher und frei fühlen, muss sich einmischen und gegen Rassismus aktiv werden.

Dazu kommt, dass wir unser eigenes Denken über Bord werfen müssen. Über Generationen wurden in unserer Gesellschaft durch Politik, Traditionen, Massenmedien oder Sprachgebrauch rassistische Vorurteile und Stereotype entwickelt, gefestigt und weitergegeben, die sich vielfach in unserem Handeln ausdrücken.

Auch wenn es nicht rassistisch gemeint ist, maßgeblich dafür, ob eine Handlung oder Äußerung rassistisch ist, ist die Sicht der betroffenen Personen. An ihr sollten wir unser Handeln und Sprechen orientieren.

Wenn du Rassismus erlebst, lass ihn nicht einfach so stehen.

Das Wichtigste ist:

– Wir können nichts dafür, dass wir so viel rassistischen Unsinn beigebracht bekommen haben. Wir können ihn jetzt aber loswerden (Noah Sow).

– Wenn du Rassismus erlebst, lass ihn nicht einfach so stehen. Sprich deine Mitmenschen auf rassistische Äußerungen und Rassismus in eurem Alltag an und trag so dazu bei, Rassismus sichtbar zu machen und dein Umfeld zu sensibilisieren. Frag also kritisch nach, aber bleib dabei sachlich und versuche, Verständnis herzustellen. Zeige auch, dass du selbst Witze auf Kosten von Betroffenen nicht lustig findest und dass Rassismus niemals okay ist. Egal, wie er „gemeint“ ist.

– Wenn wir unser Handeln und Denken ändern, treten wir den Brandstiftern entgegen, die Menschen nicht als gleichwertig ansehen.

Erst vor ein paar Tagen, am 27.01., erinnerten wir an die Millionen Opfer des Nationalsozialismus, an ihr Leid und das Leid ihrer Familien und Angehörigen. Die Gräuel, insbesondere das Verbrechen der Shoa, die systematische Verfolgung von Menschen auf Grundlage einer menschenverachtenden Hass-Ideologie, bleiben auch Jahrzehnte danach kaum begreifbar in ihrer Grausamkeit und Systematik.

Es liegt an uns, eine Wiederholung zu verhindern. Wir haben keinen Platz für jegliche Art von Rassismus, Islamfeindlichkeit oder Antisemitismus und werden diese auch niemals tolerieren.

Text: Dominik Riedinger, Symbolbild: Nasir-ol-Molk-Moschee, Schiras, Iran, 2018, Aufnahme O. Pugliese