Das wahre Ostermärchen (III)
Was ist Ostern eigentlich wirklich geschehen? Ist Jesus nach seinem Tod am Kreuz wirklich wieder auferstanden? Was berichten die Augenzeugen? Ein Essay über die Macht des Faktischen und des Glaubens sowie die Kunst des Glauben-Machens und Glauben-Wollens.
Teil 3/3, Teil 1 finden Sie hier, Teil 2 lesen Sie hier
Die Betrugshypothese wäre bis zu einem gewissen Grad psychologisch nachvollziehbar und würde auch das leere Grab und die Auferstehungserscheinungen auf natürliche Weise erklären. Dennoch wird diese These heute kaum noch von Historikern vertreten und soll deshalb auch hier nicht befürwortet werden. Sie ist natürlich Spekulation, und selbst ein Auferstehungskritiker wie der Theologe Lüdemann hält die Jünger nach der Kreuzigung für viel zu enttäuscht, sie wären zu einem solchen Betrug „sehr wahrscheinlich nicht mehr in der Lage gewesen.“ (Gerd Lüdemann, Die Auferweckung Jesu von den Toten, S. 85f.) Aber auch dies ist natürlich Spekulation. Der häufig gehörte Einwand, Betrüger hätten wohl kaum später zu Märtyrern werden können, überzeugt nicht ganz, denn es waren nur wenige Jünger, die (lässt man die zumeist völlig unhistorischen und blutigen Märtyrerakten beiseite) ein Martyrium erlitten (sicher scheint dies nur bei den Jüngern Johannes und Jakobus zu sein, selbst das Martyrium des Petrus in Rom ist unsicher), so wie es offenbar auch nur wenige Jünger waren, die überhaupt die Sache Jesu weiterführten. Dass alle Jünger in die Mission gingen, ist christliche Erfindung. Warum nicht alle Jünger mit der Mission begannen, ist übrigens eine interessante Frage. Haben Sie dem Auferstehungszeugnis nicht geglaubt? Die wenigen halbwegs sicheren Martyrien der missionierenden Jünger lagen zeitlich lange nach dem Tode Jesu. Bis dahin hätten sich erfindungsreiche Jünger einer Mittelpunktstellung und eines hohen Ansehens in ihrem frühchristlichen sozialen Umfeld sicher sein können. Die Scheintodhypothese geistert zuweilen ebenfalls durch die Literatur. Auch diese These kann sich auf biblische Argumente berufen, nämlich auf die Verwunderung des Pilatus darüber, dass Jesus schon gestorben sei (Joseph von Arimathia hatte ihn um den toten Leib Jesu gebeten; Mk 15,43–45). Nach dem Zeugnis der Evangelien hing Jesus nur sechs Stunden am Kreuz, was für eine Hinrichtung auf diese Weise außergewöhnlich kurz ist. Das Sterben derart Verurteilter hat sonst Tage gedauert.
Am bedeutsamsten aber ist der Umstand, dass es für die Auferstehung Jesu keine neutralen Zeugen gibt. All jene, die seine Auferstehung bezeugen, waren seine Anhänger und Jünger. Diese mangelnde Beglaubigung ist schon in der Antike aufgefallen. So bemerkt Porphyrius, der wohl bedeutendste Christentumskritiker der Antike: „Wenn der auferstandene Christus sich angesehenen Männern offenbart hätte, dann wären durch sie alle zum Glauben gelangt, und kein Richter hätte die Jünger als Erfinder absonderlicher Märchen verurteilt.“(Makarios II, 14, nach der Harnack’schen Zählung). Man mache sich klar: Geschehen ist hier die nach Meinung der Christenheit entscheidende Wende der Weltgeschichte, und was geschieht? – Der auferstandene Gottessohn macht sich (nach Lukas noch am gleichen Tag) wie ein Dieb in der Nacht davon (nachdem er sich nur einigen seiner engsten Jünger gezeigt haben soll).
Text: Heinz-Werner Kubitza, Bilder: Bild von Ryan McGuire auf Pixabay; Bild von congerdesign auf Pixabay
Auszüge aus: Heinz-Werner Kubitza, Der Jesuswahn. Wie die Christen sich ihren Gott erschufen. Die Entzauberung einer Weltreligion durch die wissenschaftliche Forschung, 380 Seiten, Hardcover 19,90 Euro, Tectum Verlag, ISBN 978-3-8288-2435-5.