Erinnern wir uns an Fritz Besnecker
Am 24. März 2011 starb Fritz Besnecker. 15 Tage vor seinem 82. Geburtstag, zwei Tage vor der Veröffentlichung seiner Autobiografie. Weit über Singen hinaus wird man sich an ihn erinnern als unermüdlichen Antifaschisten und Friedensstreiter, als den roten Großvater und das Singener Urgestein. Am 8. April findet um 14.30 Uhr eine Gedenkfeier für Fritz Besnecker in der Halle des Singener Waldfriedhofes statt.
Vor zwei Wochen noch erzählte er feixend, wie er einmal zwei Verfassungsschützer, die ihn sogar beim Schwimmen beschatteten, im Freiband von Iznang an der Nase rumführte. Darüber konnte er noch 40 Jahre später herzhaft lachen. Ja, lachen konnte der Fritz; und nicht nur beim guten Wein. Und menschelnd erzählen – von der Frau Beck zum Beispiel, „einer konservativen Christin durch und durch“ und Nachbarin der Besneckers, die sich tapfer der Anwerbung als Schlapphut-Spitzel verweigerte und stattdessen Fritz und Roswitha regelmäßig über die Aktivitäten der Polizei informierte. „So“, sagte Fritz, „entstehen Freundschaften unter anständigen Leuten“.
Freunde hatte er viele, der Friedrich B., wie er sich selber in seinem, zwei Tage nach seinem Tod veröffentlichtem Buch nannte. Nicht nur unter den Genossinnen und Genossen aus KPD, DKP und der Linken, nicht nur bei der VVN-BdA, deren Landesgeschäftsführer er lange Jahre war, sondern auch unter Campern und Seglern, die mit ihm seinen größten Freizeitspaß teilten. Auch einen CDU-Bürgermeister zählte er zu seinen Freunden.
Nur eines war Fritz Besnecker nie: Parteibeamter. Zu den muntersten Passagen seiner Autobiografie zählen dann auch die Schilderungen seiner Streitgespräche mit eingefleischten Stalinisten in Parteien und Gewerkschaften. Er ließ sich halt nicht verbiegen – von Arbeitgebern nicht und nicht von opportunistischen Kollegen, nicht von Karriere-Genossen und von Konservativen schon gar nicht. Manchmal artete solche Unbeugsamkeit sogar in Sturheit aus, doch: „Wie willst Du konsequent sein, wenn Du nicht auch stur sein kannst?“ Und stur-konsequent folgte er zeitlebens seinem Lebensmotto: „Nichts erfordert mehr Charakter als im offenen Gegensatz zu seiner Zeit laut zu sagen: Nein“.
Bloß bei Roswitha gab er nach. Die über 50jährige Ehe mit der „einst überzeugten Katholikin“ machte aus Fritz einen überzeugten Familienmenschen. Wohl nichts charakterisiert die auch antifaschistische Zweisamkeit der beiden besser als diese Anekdote: An ihrem Hochzeitstag 1956 fuhren die beiden Jungvermählten zur KZ-Gedenkstätte Birnau auf der anderen Bodenseeseite und widmeten ihr Brautbouquet den KZ-Opfern. 50 Jahre später wiederholten sie diese würdige Geste – ohne Aufsehen, bescheiden eben. Und noch am Vorabend seines Todes sah man Roswitha und Fritz noch einträchtig nebeneinander sitzen auf einer Wahlveranstaltung seiner Partei.
„80 Jahre deutsche Geschichte – von unten erlebt und aufgeschrieben von Fritz Besnecker, Antifaschist und Kommunist in Baden-Württemberg“ (so der Untertitel seiner Autobiografie) – der Fritz hat wahrlich viel erlebt und manches gestaltet: Krieg in Singen, Aufbau der KPD, FDJ im Ländle, Studium in Moskau, Berufsverbote, Organisation der Ostermärsche, Kampf gegen die Raketenstationierung, Widerstand gegen Alt- und Neu-Nazis, Arbeit in der Geschichtswerkstatt, Organisation der Partei Die Linke – ein Leben voller Kampf und gegen Widerstände. Zweimal saß er monatelang im Gefängnis, ohne Anklage und – nach seiner Freilassung – auch ohne Entschädigung. Selbst zu einer Entschuldigung mochten sich die Singener Juristen nicht durchringen.
Die Vorstellung seines Buches „Das widerständige Leben des Fritz B.“ (Pahl-Rugenstein-Verlag, 2011, 19.90 Euro, info@pahl-rugenstein.de), für den 30.3. in der Konstanzer Volkshochschule vorgesehen, wird verschoben. Die Beerdigung findet am 8.4. auf dem Waldfriedhof in Singen statt.
Autor: H.-P. Koch