Esther Bejarano in Stuttgart
Zum Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust 2014 kommt Esther Bejarano, die im „Mädchenorchester“ des Vernichtungslagers Auschwitz Akkordeon spielte, am 23. Januar nach Stuttgart. Ein sehr guter Grund, mal wieder in die Landeshauptstadt zu fahren.
Esther Bejarano, 1924 in Saarlouis als Esther Loewy geboren, ist Überlebende des Konzentrationslagers Auschwitz, wo sie zu den weiblichen Häftlingen gehörte, die durch Aufnahme in das „Mädchenorchester“ vor der Vernichtung durch Arbeit und vor dem Tod in den Gaskammern bewahrt wurden. Seit Jahrzehnten engagiert sie sich künstlerisch und politisch als Sängerin, als Zeitzeugin und bei Kundgebungen und Veranstaltungen gegen jede Menschenfeindlichkeit, für eine anhaltende Erinnerungskultur. Sie ist Mitgründerin und Vorsitzende des Auschwitzkomitees sowie Ehrenvorsitzende der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes/ Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA). Und seit 2009 rappt sie mit der deutsch-türkisch-italienischen Band „Microphone Mafia“, um der sich ausweitenden neofaschistischen Propaganda auf deutschen Schulhöfen etwas entgegen zu setzen.
Ein Film, ein Gespräch und ein Konzert
Das Programm dieses Abends entstand in Italien: Im Januar 2011 trat Esther Bejarano mit „Microphone Mafia“ zum Holocaust-Gedenktag in Turin auf. Bei einem Zusammentreffen mit der Journalistin Antonella Romeo, die 17 Jahre in Hamburg gelebt und dort u.a. für die ZEIT und Radio Colonia (WDR) gearbeitet hat, entstand die Idee für ein gemeinsames Buch- und Erinnerungsprojekt. Unter dem Titel „La ragazza con la fisarmonica – Dall’orchestra di Auschwitz alla musica Rap“ erschien zwei Jahre später im Turiner Verlag Edizioni SEB 27 das von Antonella Romeo herausgegebene Buch über Esther Bejarano, das im ersten Teil auch einen bereits in den 1980er-Jahren entstandenen Text enthält, den Esther selbst über ihre Kindheit, die Deportation nach Auschwitz und Ravensbrück, über die Befreiung und die anschließende Emigration nach Palästina, die Schwierigkeiten bei der Rückkehr nach Deutschland und ihr politisches Leben geschrieben hat.
Zum Holocaust-Gedenktag 2013 hatten Antonella Romeo und Piero Somaglino vom Verlag Edizioni SEB 27 zusammen mit den Resistenza-Instituten der drei Provinzen Turin, Cuneo und Alessandra ein eindrückliches Programm zusammengestellt: „Esther Bejarano – Un incontro, un concerto, un libro e un film per il giorno della memoria“.
Wir haben Esther Bejarano voriges Jahr in Cuneo erlebt: Begleitet von ihrem Sohn Joram und Gianni Coscia am Akkordeon sang sie Lieder in Jiddisch, Romanes und Russisch und erzählte uns aus ihrem Leben und von ihrer politischen Arbeit, von ihren Besuchen an Schulen und der Zusammenarbeit mit den Rappern von Microphone Mafia.
Am 23. Januar 2014 ist Esther Bejarano nun mit diesem Programm in Stuttgart zu erleben: Mit Ausschnitten aus dem Dokumentarfilm „Esther, die Akkordeonspielerin im Auschwitzorchester“, der rund um die Veranstaltung in Turin 2011 entstanden ist, einem Gespräch zwischen Esther Bejarano und Antonella Romeo und Liedern über den Widerstand, aus den Lagern, die Deportation von Juden, Sinti und Roma mit Esther Bejarano (Gesang), Gianni Coscia (Akkordeon) Jerom Bejarano (Gitarre & Bass).
Musikalische Begegnung mit Esther Bejarano
Eine Veranstaltung der ACLI Baden-Württemberg & Istituto Italiano di Cultura Stuttgart in Zusammenarbeit mit „die AnStifter e.V.“ u. a.
Donnerstag, 23. Januar, 19:00 Uhr, Haus der katholischen Kirche, Königstraße 7, 70173 Stuttgart
der Eintritt ist frei; Anmeldung bei ACLI ist anzuraten: Tel. 0711 9791 137, E-Mail: aclibw@yahoo.de
Esther Bejarano
„Erinnerungen – Vom Mädchenorchester in Auschwitz zur Rap-Band gegen Rechts“.
Herausgegeben von Antonella Romeo, Laika-Verlag Hamburg. 208S. Hardcover mit Schutzumschlag. 21Euro. ISBN:978-3-94233-04-8
Wer die Veranstaltung in Stuttgart verpasst, kann zum Buch greifen: Im Herbst 2013 ist die deutsche Ausgabe von Esther Bejaranos „Erinnerungen“ im Laika Verlag erschienen; ihr ist der Dokumentarfilm als DVD beigelegt.
Text: Sabine Bade
Fotos: Wolfram Mikuteit