„Nit möööööglich!“

Charles Adrien Wettach

Mit diesem Ausruf und seinem in allen Tonarten langgezogenen „Waruuuuum?“ verbindet man bis heute einen der weltberühmtesten und erfolgreichsten Clowns. Die Rede ist von Charles Adrien Wettach (1880 – 1959), der als Clown „Grock“ zum international gefeierten Megastar wurde. Er stolperte nicht nur als dummer August durch die Manege und machte dazu ein dämliches Gesicht, über das man irgendwann gar nicht mehr lachen konnte. Der Mann konnte sehr viel mehr als seine blödelnden Kollegen

Grock war ein nahezu genialer Universalkünstler, beherrschte die Pantomime, spielte 15 Instrumente, schrieb Musikstücke und glänzte auch mit akrobatischen Nummern. Dazu sprach er sechs Sprachen fliessend, was ihm vor allem bei seinen Auftritten außerhalb seiner Schweizer Heimat zugute kam.

Aufgewachsen ist Grock in der Nähe von Biel, wo sein Vater später das Restaurant „Paradisli“ bewirtschaftete. Schon in jungen Jahren unterhielt Grock dort mit seiner Schwester die Gäste und schnell war klar: Der Knabe hat Talent, der könnte was werden. Aber nach seiner schulischen Ausbildung verschlug es ihn zuerst nach Budapest, wo er sich als Privatlehrer um den Nachwuchs eines ungarischen Grafen kümmerte. Anschließend verdingte er sich als Violinist bei einer Schrammeltruppe, bis ihn der Clown Alfred Prinz als Partner engagierte. Nun war Grock also da, wo er bis ins hohe Alter weitestgehend auch bleiben sollte: Im Rampenlicht einer Zirkusmanege.

Schnell sprach sich rum, dass Grock so ganz anders war als der Großteil seiner possenreißenden Kollegen. Schlabberhosen und riesige Schuhe wurden zu seinem Markenzeichen. Schon im Alter von dreißig Jahren war Grock ein bekannter Zirkusstar, der Erfolge in Berlin, Paris und London feierte und auch umjubelt wurde in Russland und Nord- und Südamerika. Nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs zog er nach England um, blieb dort neun Jahre lang und feierte große Triumphe in der Music-Hall „Coliseum“. Aufgrund seiner internationalen Beliebtheit bekam Grock Gagen wie kein anderer und wurde ein schwerreicher Mann. Aber er war auch ein ausgesprochener Egozentriker, mit dessen Launen manche ihre liebe Mühe hatten. Sein Großneffe beschrieb ihn in seinen Erinnerungen als „herzlich und jähzornig, selbstverliebt und dickköpfig, aber auch entgegenkommend und liebevoll“.

Freunde und Bekannte nahmen ihm übel, dass er sich nicht frühzeitig öffentlich vom Nationalsozialismus distanziert hatte. Hitler war ein ausgesprochener Fan von Grock und besuchte bei jeder sich bietenden Gelegenheit dessen Auftritte. Grock handelte wohl eher nach einem opportunistischen Prinzip und trat vor allem in Ländern auf, wo er die größten Erfolge hatte und das meiste Geld erhielt. Und so gesehen war für ihn Berlin ein lohnendes Pflaster. Nicht selten verlangte er für einen Auftritt bis zu viermal so viel wie alle anderen Künstler zusammen. Erst als Nazi-Deutschland 1938 von ihm den Ariernachweis verlangte, kühlte sein Verhältnis zu den braunen Machthabern merklich ab.

1951, Grock war schon 71 Jahre alt, gründete er seinen eigenen und sehr erfolgreichen Zirkus. Speziell für seine Show ließ er sich eine Drehmanege bauen, die er selbst entworfen hatte. Am 31.Oktober 1954 stand Grock in Hamburg zum letzten Mal im Scheinwerferlicht, anschließend zog er sich endgültig in seine prachtvolle Villa in Imperia an der italienischen Riviera zurück und starb dort recht einsam am 14.Juli 1959. Doch als der wohl berühmteste Musikclown, den die Welt jemals gesehen hatte, blieb er unvergessen. Charlie Chaplin soll einmal zu ihm gesagt haben: „Wenn ich der beste Komiker auf der Leinwand bin, dann bist du der größte auf der Bühne“.

Wer mehr erfahren will über diesen exzentrischen Bühnenkünstler, dem seien unter anderem seine zwei Autobiographien empfohlen. „Ich lebe gern“ (1930) und „Grock. Ein Leben als Clown – Meine Erinnerungen (1951).

Autor: archiv/hr