Was die wahre Liebe mit Klimaschutz zu tun hat (II)

Vor den Toren der Stromfabrik trafen sich die Wasserkraft-Interessierten

Im zweiten Teil des Textes über Exkursionen zu umweltbewussten Stätten geht es zu einem Wasserkraftwerk, in eine Imkerei sowie in eine Brauerei, die sich nicht nur der Umwelt, sondern auch der Bewahrung der traditionellen Bierkultur verschrieben hat.

Dies ist der zweite und letzte Teil dieses Textes, Teil 1 finden Sie hier.

Wasserkraft aus Bad Ems

Weiter ging es nach Bad Ems. Per Regionalzug besuchten wir das örtliche Wasserkraftwerk, eine weitere Möglichkeit zur Gewinnung klimafreundlicher und regionsgebundener erneuerbarer Energie. Dr. Steinhoff, Leiter des Kraftwerks, empfing uns vor der Anlage Kalkspitze mit einem kurzen Einführungsvortrag über dessen Historie.

Da in der Gegend früher viel Erz abgebaut wurde, sind die Berge in dieser Gegend noch heute durchtunnelt. Über diese Tunnel wurde schon damals das Wasser für den Bergbau in die Stollen transportiert. Denn die industrielle Nutzung von Wasserkraft sei im Berg damals unerlässlich gewesen. Überreste der damaligen Wasserkraft-Verarbeitung seien genutzt worden, um die heutige öffentlich genutzte und im Zuge dessen auch zentralisierte Wasserkraftanlage in Bad Ems zu errichten.

Als Unternehmen von fünf Personen gegründet, gab es gleich zu Beginn Streit mit dem örtlichen Umweltverband. Laut Gesetz besteht nämlich die Pflicht, den Zustand eines Gewässers nicht nur nicht zu verschlechtern, sondern eine Verbesserung der Verhältnisse herbeizuführen. Durch eine Fischrampe nach den neuesten Standards konnte dies Ziel schließlich erreicht und vor Gericht belegt werden. So konnte die Anlage schon bald ihren Betrieb starten.

Hier müssen Sie gegen die Strömung schwimmen – der Fischaufstieg

Bei einer Stromgewinnung biete Wasserkraft den höchsten Wirkungsgrad, erzählt Dr. Ronald Steinhoff. Bis zu 3000 Haushalte im Jahr könne die Wasserkraftanlage in Bad Ems versorgen. Ein Vorteil: Die Anlage laufe nahezu immer. Umwelteinflüsse wie Wetterwechsel oder Umweltkatastrophen hätten auf die Stromgewinnung einen weit geringeren Einfluss, als das zum Beispiel bei Solarenergie der Fall sei. Aber er bemerkte auch: „Mit Wasser allein können wir die Energiewende in Deutschland nicht machen.“ Im Folgenden wurden wir quer über die Anlage geführt. Zwischen die Besichtigung der Fischwege und der in einem Gitterkäfig flott rotierenden Motorblätter, mischte sich so auch das ein oder andere „Behalten Sie ihre Finger lieber bei sich!“.

Einem Rückbau der Wehre, wie in letzter Zeit manchmal gefordert, steht Dr. Steinhoff dagegen negativ gegenüber. „Die Landschaft ist vom Menschen so geprägt, wir müssen es mit technischen Mitteln so gestalten, dass auch die Tiere dort gut leben können.“ Ein Rückbau der Wehre würde, ihm zufolge, die Überschwemmung tausender Siedlungsgebiete bedeuten. Zehntausende Menschen müssten sich ein neues Zuhause suchen. Schon allein organisatorisch sei das in keinem Fall zu schaffen. Klima- und Umweltschutz bedeute in diesem Fall also keine Rückkehr zu einem früheren Umgang mit Ressourcen, sondern viel mehr eine Weiterentwicklung technischer Errungenschaften, die den Einfluss des Menschen korrigieren sollten.

Neben der Energiegewinnung betreibt das Wasserkraftwerk Bad Ems direkt vor den Fabriktüren eine der größten Elektroladesäulen für E-Autos in der Region. Benjamin Schramm, Autor des Ratgebers „Der Elektrospaßvogel – Das lustige Lexikon zur Elektromobilität“ merkte hierbei jedoch an: „Das klimafreundlichste Fahrzeug ist immer noch das, was gar nicht gebaut wird.“ „Auf mein E-Auto will ich jetzt aber nicht auch noch verzichten“, protestiert ein Senior in der letzten Reihe. Der gute Wille sei doch bei allen vorhanden, einigt man sich. Das verbindende Element, so die Klimaschutzmanagerin des Rhein-Lahn-Kreises, sei der Wille zur Bewahrung der Schöpfung.

Imkerei

Am folgenden Dienstag geht es zur Imkerei der Familie Nengel in Dahlheim (Rheinland-Pfalz). Für den Familienbetrieb in zweiter Generation ist naturfreundlich produzierter Honig, der frei von Zusatzstoffen ist, ein fester Teil der Philosophie. Neben Honig vermarkten die Nengels Haushaltsprodukte, Kerzen, Kosmetik und Superfood wie Blütenpollen. Sie vertreiben ihre Produkte in diversen Hofläden, über Einzelhändler sowie auf den Wochenmärkten in Bad Ems, Wiesbaden und Koblenz. Auch hier erhielten die Teilnehmer*innen Einblick in die Herstellung dieses nachhaltigen Produkts, in die Entstehungsgeschichte des Betriebs und die Abläufe in der Imkerei.

Mit den Bierbrauer*innen in Dausenau

Zum Schluss der Aktion trafen wir uns in der Bierbrauerei in Dausenau. Diese Veranstaltung war weniger besucht als die vorigen Events. Dennoch wurden alle Besucher*innen bestens mit regionalen und selbst hergestellten, alkoholischen wie alkoholfreien Genüssen versorgt. Wir wurden eingeführt in die Entstehung des Vereins Braukultur Duzenowe e.V. und die dortige historische Bierherstellung. Vorher bereits als Gesellschaft bürgerlichen Rechts gegründet, rentierte sich das Unternehmen aufgrund verschärfter amtlicher Auflagen irgendwann nicht mehr.

Anstatt jedoch die Bierbrauer-Schürze an den Nagel zu hängen, brauten die Bierbrüder, die später auch dekorationsbegeisterte und -begabte Bierschwestern in ihren Reihen begrüßen durften, in einer Scheune weiter. Schließlich gründeten sie einen Verein zur Lehre und Bewahrung traditioneller Braukultur. Sie veranstalteten Verkostungen, Vorträge und die sogenannten „Brautage“, die sich in Dausenau anhaltender Beliebtheit erfreuen. Nicht nur die Bewahrung der Tradition und die Herstellung nachhaltigen und regionalen Biers treibt die Dausenauer Bierbrauer*innen an. In ihrer Scheune möchten sie in den kommenden Jahren möglichst auch der regionalen Kultur eine Bühne bieten. Buchstäblich, denn die benötigte Bühne muss erst noch gebaut werden.

Matthias Metzmacher und Vereinsvorstand Hans-Peter Hütter

Auch hier gibt es zum Schluss der Veranstaltung wieder ein Geschenk vom Pfarrer. „Weil ihr euer Licht hier leuchten lasst“, sagt Metzmacher glücklich und überreicht Vereinsvorstand Hans-Peter Hütter eine Kerze aus der Herstellung der Stiftung Scheuern. Gesellschaftliche Verantwortung, das sei ein ganz wesentlicher Baustein der Christenheit. In diesem Rahmen stellt es für ihn auch keine Besonderheit mehr dar, dass es in der Evangelischen Kirche Hessen und Nassau, per Synode beschlossen, ein Zentrum für gesellschaftliche Verantwortung und Dekanate mit regionalen Beauftragten wie ihm gibt. Für Social Media gäbe es in der Kirche schließlich auch Beauftragte, Gremien und Expert*innen. Dennoch ist er dankbar für seine Stelle. Die Verantwortung für seine Mitmenschen und die Umwelt geht ihm als Christ über alles. So findet er das Engagement der „Letzten Generation“ zwar extrem, aber auch beachtlich. Vielleicht bewundert er diesen Mut und die Radikalität fast ein wenig. Bis er sich jedoch selbst mit auf die Straße klebt, müsse noch einiges passieren, verrät er mir in unserem Interview. Bis jetzt versuche er lieber mit Aktionen wie „7 Wochen regional, fair, klimafreundlich“ den Wandel vor Ort zu unterstützen, in der Hoffnung, dass dieses Engagement die nationale und internationale Wirtschaft positiv beeinflusst.

Text und Bilder: Lena Rapp

Bildbeschreibungen für Menschen mit eingeschränktem Sehvermögen:

Bild 1: Vor einem Backsteinhaus mit hölzernen Dachbalken stehen die Veranstaltungsbesucher*innen in zwei Grüppchen. Am Backsteinhaus fließt links die Lahn, ein regionaler Fluss, vorbei. Links in dem Backsteinhaus befindet sich eine halb geöffnete Garage, hinter welcher sich die Kraftwerksanlage befindet. Die Personengrüppchen stehen vor dem Garagentor. Die anwesenden Personen sind circa 50 bis 70 Jahre alt, einige von ihnen haben bereits weiße Haare. Es sind mehr Männer als Frauen vor Ort.

Bild 2: Über eine Wasserrampe strömt das Wasser mit schneller Geschwindigkeit auf uns zu, nach unten. Rechts und links von der Wasserrampe befinden sich hohe Betonwände, die links an ein Metallgeländer, rechts an ein Gitter anschließen. Die Wasserrampe ist von Stufen durchzogen, über welche das Wasser fließt. An der rechten Seite ist jede Stufe abgeschnitten, eine kleinere Stufe befindet sich dafür an der rechten Seite in versetztem Abstand davor.

Bild 3: Vor einem Aufsteller der Braukultur Duzenowe e.V. stehen zwei Männer mit gefüllten Biergläsern in den Händen. Sie stoßen miteinander an. Der Mann links, Pfarrer Matthias Metzmacher, ist zwischen 60 und 70 Jahre alt, trägt eine schwarze Softshell-Jacke und hat eine Glatze, die nur noch von wenigen weißen Haaren umrahmt wird. Der Mann rechts, Vereinsvorstand Hans-Peter Hütter, trägt ein schwarzes Käppi sowie eine schwarze Vliesjacke der Braukultur Duzenowe e.V. Er trägt eine Brille und hat eine Glatze. Beide Männer lachen in die Kamera.