„Es gibt keine Flüchtlingskrise, das ist die Klimakrise“
Am zweiten Tag der offenen Tür in den Bundesministerien vergangenes Wochenende in Berlin machten Aktivist*innen der Klimabewegung und der No Border Bewegung gemeinsam auf den Zusammenhang von Klimakrise und Flucht aufmerksam. Sie nutzten die offenen Türen der Ministerien, um auf die Klimakrise als Fluchtursache hinzuweisen.
Während vor dem Innenministerium eine angemeldete Kundgebung stattfand, setzten sich mehrere Aktivist*innen mit Zitaten von Menschen mit Fluchterfahrung auf den Boden des Ministeriums. Auf einem Schild war zu lesen „Es gibt keine Flüchtlingskrise, das ist die Klimakrise!“
Unter den Teilnehmenden waren Aktivist*innen von International Women Space, No Border Assembly, Seebrücke, Extiction Rebellion und der Letzten Generation. Zeitgleich protestierten Aktivist*innen von Debt for Climate im Finanzministerium und Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung für eine Schuldenstreichung der Länder des Globalen Südens. Der Zugang für Besuchende wurde laut der Aktivist*innen in keinem Ministerium behindert.
[the_ad id=“94028″]„Der Tag der offenen Tür soll die Arbeit der Ministerien für Bürger*innen transparent machen. Wir wollen Transparenz über die tödlichen Folgen der derzeitigen Politik! Deutschland ist in der EU hauptverantwortlich für Fluchtursachen. Durch die Ausbeutung von Umwelt und Menschen sowie den höchsten CO2-Ausstoss EU-weit. Deutschland muss Verantwortung übernehmen und sichere Fluchtwege, Bleiberecht und Bildung für alle schaffen.“, sagt Castroya Nara (31) aus Berlin im Innenministerium auf dem Boden sitzend.
Die Klimakrise sollte als Fluchtursache anerkannt werden, da die Auswirkungen der Klimakrise ebenso lebensbedrohlich seien wie direkte Verfolgung, erklärten die Aktivist*innen. Die Klimakrise sei nicht nur ein umweltpolitisches Problem, sondern auch eine treibende Kraft für die erzwungene Migration von Millionen Menschen.
Steigende Meeresspiegel, extreme Wetterereignisse und schwindende Ressourcen machen Regionen unbewohnbar. Der Globale Norden trage die wesentliche Verantwortung für Klima- und Umweltkrise und für ihre Folgen, während der Globale Süden den Preis dafür zahlen muss.
Sulti Niba (28) aus Kurdistan erklärt: „Statt Reparationen für die Zerstörung zu zahlen, die der Westen für die globale Mehrheit verursacht, sehen wir jeden Tag, dass Millionen für Grenzerweiterung, Waffenproduktion, Vergiftung, grünen und pinken Kapitalismus ausgegeben werden.“ Und weiter: „Es geht nicht um kleine Reformen oder nettere Grenzbeamt*innen, sondern um die Abschaffung tödlicher Grenzen!“
Bestehende Asylgesetze müssten laut der Aktivist*innen sofort überarbeitet werden. Konventionelle Definitionen von Asyl konzentrierten sich in der Regel auf Verfolgung aufgrund von Faktoren wie ethnischer Herkunft, Religion oder politischer Zugehörigkeit. Die Klimakrise führe jedoch eine neue Dimension der Vertreibung durch ökologische Faktoren ein, die eine Neubewertung der Kriterien für die Beantragung von Asyl erforderlich mache. Die Vertreibung aufgrund der Klimakrise sei ebenso unfreiwillig und schutzwürdig wie jede andere Form der erzwungenen Migration.
„Wir sind einfach junge Menschen, die vor dem Krieg fliehen und davon träumen, eine Gesellschaft zu erreichen, die uns schützt und in der wir uns sicher fühlen. Macht uns das zu Terroristen?“, fragt sich Ahmed (25) aus dem Yemen.
Die 34-jährige Napuli Paul aus dem Sudan erläutert: „Die EU tut besorgt, wenn sie über die Klimakrise spricht, während sie diese gleichzeitig weiter befeuert. Genauso wird mit Menschen auf der Flucht umgegangen.“
Text und Bild: Letzte Generation