Gefährliche Taliban- und Terrorismusvergleiche

In den letzten Wochen und Monaten wurde die Bewegung „Letzte Generation“ immer wieder mit Terrorismus gleichgestellt und als eine Gefahr für die Demokratie inszeniert. In einer aktuellen Medienmitteilung erläutert die Bewegung nun, warum diese Vergleiche nicht nur absurd, sondern vor allem gefährlich und geschichtsvergessen sind. Hier der Text mit kleineren redaktionellen Abänderungen.

In Frankreich und Italien wird das Trinkwasser rationiert und auch Kommunen in Deutschland warnen nun vor Konflikten aufgrund von Wasserknappheit[1]. Auf Wasserknappheit folgt Nahrungsknappheit, begleitet von Auseinandersetzungen in unkalkulierbarem Ausmaß, wobei Wasserknappheit nur ein kleiner Teilbereich der Klimakatastrophe ist. Der aktuelle politische Kurs führt in den Kollaps der Zivilisation. Deshalb sehe es die Letzte Generation als ihre Pflicht, als Bürger*innen in einem freien demokratischen Land friedlich gegen eine Regierung aufzubegehren, die die Grundrechte akut gefährdet. Die Aktivist*innen legen den Finger in die Wunde – immer wieder und unignorierbar.

Die Klimakrise ist mittlerweile auch in Europa angekommen.

Dies führt regelmäßig zu einem Aufschrei seitens der Politik – wie erst kürzlich als Reaktion auf den Protest am Grundgesetz-Denkmal in Berlin. Erneut griff man in allen politischen Lagern zu geschichtsvergessenen sowie gewaltverharmlosenden Vergleichen, nannte die Aktivist*innen der Letzten Generation „Abschaum“ oder „Taliban“ und bezichtigte die Bewegung, eine Gefahr für die Demokratie zu sein[2].

UN-Sonderberichterstatter kritisiert Bundespolitik

Dass die Vorwürfe aus der Luft gegriffen sind, stellt nicht nur der Verfassungsschutz fest[3]. Auch Michel Forst, erster UN-Sonderberichterstatter für den Schutz von Umweltschützern, appelliert deutlich an die Bundespolitik: Die verbale Eskalation seitens der Politik gefährde die Demokratie. In einer Gesprächsrunde am 7. März 2023 sagte er: „Auch wenn man mit den Aktionsformen – wie Straßenblockaden, dem Kleben von Händen am Boden, der Unterbrechung von Sportveranstaltungen oder dem Besprühen von Gemälden – nicht einverstanden sein mag, bleibt ziviler Ungehorsam ein wesentlicher Bestandteil des demokratischen Lebens und sollte nicht kriminalisiert werden.“ Ferner betonte er: „Diskurse, die zivilen Ungehorsam mit schwerwiegenden und illegalen Handlungen wie Terrorismus in Verbindung bringen, stellen nicht nur eine Bedrohung für die Sicherheit von Umweltschützern dar, sondern auch für unsere demokratischen Werte.“

Carla Rochel, Sprecherin der Letzten Generation, schließt sich dem an und stellt klar: „Wir können es uns gerade nicht leisten, dass Politiker*innen ihre Zeit damit verschwenden, vulgäre Tweets über uns abzusetzen und bewusst die Stimmung im Land hochkochen zu lassen. Wir müssen als Gesellschaft zur Vernunft zurückkehren. Das einzig Vernünftige in der derzeitigen Notsituation ist es, den Weg aus der Klimakatastrophe zu ebnen und alles darauf auszurichten, dass wir nicht über die Kipppunkte hinweg in den Kollaps rasen.“

Der derzeitige Rechtsbruch der Regierung[4] gefährdet Menschenleben und den Fortbestand einer freiheitlich demokratischen Grundordnung, wie der akute Wassermangel in Frankreich, Italien und Deutschland zeigt. Statt eines Gegeneinanders braucht es ein entschlossenes und mutiges Miteinander. Grundlage hierfür sind offene und ehrliche Kommunikation auf Augenhöhe sowie das Miteinbeziehen der Bürger*innen in demokratische Entscheidungsprozesse.

Autor*in: MM/red
Bildrechte: Pressebilder Letzte Generation

Bildbeschreibung für Menschen mit eingeschränktem Sehvermögen: Das Bild zeigt einige Aktivist*innen der Letzten Generation, die an einem Ampelübergang eine Straße in Oldenburg blockieren. Sie halten einige orangefarbene Banner der Letzten Generation sowie Schilder mit den Aufschriften „Gleichberechtigung heißt Klimaschutz“ und „Klimaschutz heißt Selbstbestimmung“ in den Händen. Im Hintergrund ist ein stillstehender Lastwagen zu sehen.

[1]Nationale Wasserstrategie Kommunen warnen vor Konflikten wegen Wasserknappheit (handelsblatt.com)
[2] Letzte Generation mit Öl-Attacke auf Denkmal: SPD-Politiker vergleicht Aktivisten mit Taliban (rnd.de)
[3]www.zdf.de/nachrichten/politik/letzte-generation-verfassungsschutz-extremistisch-100.html
[4] Rechtsgutachten: Deutschland verstößt gegen Klimaschutzgesetz (handelsblatt.com)