Schmähpreis „Goldene Abrissbirne“ für Karl Lauterbach

Anlässlich der Gesundheitsministerkonferenz (GMK) 2023 in Friedrichshafen protestierten am 6. Juli das „Bündnis Klinikrettung“ und mehrere Initiativen sowie Gruppierungen wie „Bunte Kittel“, „Pro KKH Schongau“, „Aktionsbündnis Geislinger Krankenhaus muss bleiben“ und Attac gegen die geplante Krankenhausreform. Karl Lauterbach wurde für den Schmähpreis „Goldene Abrissbirne“ auserwählt, konnte oder wollte seine Trophäe aber nicht entgegennehmen.

Der Bundesgesundheitsminister wird als Klinikschließer in die Geschichte eingehen. „Noch im Jahr 2019 befürwortete er Krankenhausschließungen, dann leugnete und verharmloste er sie. Jetzt versucht er, Schließungen als unausweichlich darzustellen. Dabei treibt er sie maßgeblich voran, indem er die Krankenhäuser trotz inflationsbedingter Hilferufe finanziell verhungern lässt und mit seiner Reform den flächendeckenden Kahlschlag in ein Gesetz gießt. Dieses Spiel ist eines Ministers unwürdig. Die ‚Goldene Abrissbirne‘ soll Lauterbach eine Warnung sein, dass die Menschen in diesem Land seine Täuschungsmanöver durchschauen und ablehnen“, meint Laura Valentukeviciute vom „Bündnis Klinikrettung“. Die satirische Laudatio, die für den Gesundheitsminister trotz seiner Abwesenheit gehalten wurde, steht hier zum Nachlesen bereit.

Kritik an der geplanten Krankenhausreform

Das Bündnis, das sich seit Anfang 2020 gegen den massenhaften flächendeckenden Abbau von Krankenhäusern engagiert, warnt in einer Pressemitteilung davor, dass mit der geplanten Reform rund 20 Prozent der Krankenhäuser zu ambulanten Gesundheitszentren degradiert werden. Ebenfalls 20 Prozent sind schon heute reine Fachkliniken, die keine Notfallversorgung anbieten und beispielsweise in der Pandemie keine Covid-Patient*innen aufgenommen haben. Der Abbau der Krankenhausversorgung in der Fläche wird weiter vorangetrieben und die Lage in ländlichen Räumen beim Eintreten eines Notfalls zunehmend lebensbedrohlich.

Joachim Flämig, Facharzt für Allgemeinmedizin und Vorstandsmitglied der Initiative „Rettet unsere Krankenhäuser Rosmann Breisach“ meint dazu: „In vielen Notfällen ist eine Versorgung innerhalb von 30 Minuten lebensentscheidend. Sei es, weil nur die schnelle Erstversorgung das Überleben sichern kann, wie bei inneren Blutungen oder Herzinfarkt. […] Nur wohnortnahe, rund um die Uhr geöffnete Allgemeinkrankenhäuser bieten hierfür das Notwendige: Erfahrung, technische Ausstattung, Rettungswagen, Notaufnahmestation und Intensivmedizin. Ambulante Einrichtungen können das nicht ersetzen.“

Mit einer Verringerung klinischer Leistungen oder verordneten Schließungen von Klinikstandorten gehen laut Klaus Emmerich, Klinikvorstand i. R., Knowhow, Personal und Ausbildungsstätten verloren. Und das sture Festhalten am DRG-System bedeutet ein Weiter-So bei Fehlanreizen und der Unterfinanzierung der allerwichtigsten Versorgung wie Geburtsstationen oder Kinderkliniken. Die Vorhaltepauschalen, welche die Fallpauschalen erst 2025 anteilig ersetzen sollen, sind eine Mogelpackung. Emmerich weiter: „Solche großen Reformen finden nur alle 20 Jahre statt. Wenn wir jetzt nicht die richtigen Weichen stellen – weg von der Kommerzialisierung und Privatisierung des Krankenhauswesens hin zur Begrenzung der Profite der privaten Klinikketten und der Private Equity Fonds –, werden wir unser Krankenhaussystem in den nächsten 20 Jahren völlig gegen die Wand fahren“.

Die aktuellen Reformvorschläge jedenfalls werden die vorherrschenden Probleme nicht lösen. Um die Debatte wieder auf den Kern zurückzuführen, weist das „Bündnis Klinikrettung“ erneut auf die Ursachen der Finanzierungsprobleme der Krankenhäuser hin und schlägt folgende Reformschritte vor:

1. Fehlende Finanzierung der Bundesländer beenden – die Länder müssen ab sofort ausreichende Mittel bereitstellen.

2. DRG-Fallpauschalensystem abschaffen – Einführung der Selbstkostendeckung.

3. Renditeabfluss durch die privaten Klinikträger verbieten – Wiedereinführung der Gemeinnützigkeit der Krankenhäuser.

4. Die parallelen Strukturen bei der privaten und öffentlichen Krankenversicherung sowie die problematisch hohe Zahl der Kassen zugunsten einer eine öffentlichen Krankenversicherung beseitigen.

Wichtig sei auch, Lösungen für das kranke Gesundheitssystem zusammen mit den Betroffenen auszuarbeiten. Die jetzige Regierungskommission sei dafür nicht geeignet und müsse neu zusammengesetzt werden. Bis dahin müsse der Bund die Gelder für den Inflationsausgleich bereitstellen und weitere Kliniken vor der Schließung retten.

MM/ans; Bild: © Lena Reiner

Siehe auch GMK: Protestaktionen von ver.di und dem „Bündnis Klinikrettung“