Alt, männlich, wohlhabend, akademisch – ist das der typische seemoz-Leser?

seemoz-intern-ausrufezeichenWie versprochen präsentieren wir nun Ergebnisse der LeserInnen-Umfrage, mit der die Redaktion Ende letzten Jahres unsere LeserInnen behelligt hatte. Wir haben uns davon vor allem Erkenntnisse darüber versprochen, wer unsere Beiträge eigentlich liest, welche Interessen und Lesegewohnheiten seemoz-NutzerInnen haben und wo Defizite unserer Themenauswahl wahrgenommen werden. Die Ergebnisse haben uns teilweise verblüfft, zumal ein Abgleich mit den statistischen Werten unseres Facebook-Auftritts ein etwas anderes Bild ergibt.

Eine Bemerkung vorab zur Bewertung der folgenden Daten: Es liegt in der Natur solcher Umfragen, dass sie nur bedingt ein repräsentatives Bild vermitteln, hauptsächlich weil sie willkürlich von der Bereitschaft der Gefragten zur Teilnahme (Fachjargon: „Selbstauswahl der Probanden“) abhängen. Und die dürfte gerade in den Milieus, in denen wir unsere LeserInnen vermuten, häufig nicht sehr ausgeprägt sein, Stichwort Datenschutz. Teilgenommen an unserer Umfrage haben übrigens insgesamt 267 seemoz-Leserinnen, wobei nicht alle immer alle Fragen beantwortet haben.

1 | Geschlecht

Frage 01

Dieses Ergebnis verblüfft. Gibt es tatsächlich so viel mehr Männer, die seemoz zur Kenntnis nehmen? Oder könnte dieses Ergebnis daran liegen, dass Frauen schlauer sind und Fragebogen seltener und ungern beantworten? (Quelle der Angaben über die Gesamtbevölkerung: Statistisches Bundesamt.)

2 | Alter

Frage 02

Die Zahl der Jugendlichen, die Seemoz lesen und Fragebögen ausfüllen, ist sehr überschaubar. Das sollte zu denken geben. Wenn man diese Altersgruppe weglässt (weil in der Gruppe der Unter-20-Jährigen viele als Publikum kaum in Frage kommen), zeigt sich folgendes Bild:
Frage 02a

Bei den 20- bis 40-Jährigen liegt Seemoz knapp (jedoch nicht signifikant) unter dem Bevölkerungsdurchschnitt, bei den 40- bis 60-Jährigen aber deutlich darüber. Über 60-Jährige greifen hingegen auf seemoz seltener zu.

3 | Beruflicher Bildungsabschluss

Frage 03

seemoz hat vor allem ein studiertes Publikum. Bei allen höheren Bildungsabschlüssen (Fachhochschule, Hochschule, Promotion) liegen die Ergebnisse weit über dem Durchschnitt. Bei den Gering- und Unqualifizierten sind die Werte deutlich niedriger. Das hat mit Sicherheit nicht allein mit einer schichtenspezisch unterschiedlichen Ausstattung zu tun (heute haben fast alle – außer den seemoz-Machern – Smartphones) und wahrscheinlich auch nicht mit einer unterschiedlich ausgeprägten Nutzung neuer Kommunikationsformen. Auch mag eine Rolle spielen, dass viele LeserInnen in der Hochschulstadt Konstanz leben. Trotzdem bleiben Fragen …

4 | Haushaltsnettoeinkommen pro Monat

Frage 04

Die Seemoz-LeserInnen verfügen über mehr Geld als der Durchschnitt. Ganz deutlich sind die Unterschiede bei Haushaltsnettoeinkommen zwischen 3600 und 5000 Euro. Auch bei noch besser Verdienenden ist eine deutliche Differenz vorhanden. Das überrascht angesichts des Bildungsgrads der UmfrageteilnehmerInnen allerdings wenig. (Quelle Gesamtbevölkerung: Bundeszentrale für politische Bildung, 2011)

5 | Wohnort

Frage 05

seemoz will über Politik und Kultur im Bodenseeraum informieren. Die Antworten auf diese Frage verweisen auf Defizite, an denen die Redaktion arbeiten muss, will sie nicht zur rein lokalen Online-Seite werden.

6 | seemoz-Nutzung

Frage 06

Spricht für eine ziemlich ausgeprägte LeserInnenbindung, drei Viertel der TeilnehmerInnen nutzen seemoz mindestens zwei bis drei Mal wöchentlich, fast die Hälfte greift täglich zu.

7 | Lesegewohnheiten (Mehrfachnennung möglich)

Frage 07

Frage 07a

Frage 07b

Interessant, wie wenige die traditionell linken Printmedien (ND, junge Welt, taz) nutzen. Das gilt auch für das Onlineverhalten. Das heißt: seemoz reicht über den linken Rand hinaus weit in liberal-grün-bürgerliche Schichten hinein. Das zeigt sich auch bei den folgenden Fragen.

8 | Konsumgewohnheiten

Frage 08x

Rund zwei Drittel (66,4 %) der Seemoz-LeserInnen konsumieren sehr oder ziemlich bewusst.

9 | Engagement (Mehrfachnennung möglich)

Frage 09

Unter den seemoz-LeserInnen gibt es offenbar auch viele politische Couch-Potatoes. Allerdings leidet die Umfrage evtuell unter einem verbalen Missgriff. So ist durchaus denkbar, dass viele über den Begriff „aktiv sein“ nachgedacht haben: Einer Gewerkschaft (oder Partei) als Mitglied anzuhören oder dort aktiv zu sein, ist ein erheblicher Unterschied. Vielleicht haben manche einfache Gewerkschaftsmitglieder daher diese Frage nicht beantwortet.

10 | Wie beurteilen Sie die seemoz-Texte (Mehrfachnennungen möglich)?

Frage 10

Über drei Viertel der NutzerInnen halten Seemoz für informativ. Das ist wenig überraschend (warum sonst sollten sie auf die Seite gehen?). Dass rund 37% das Magazin insgesamt für zu einseitig halten, sollte jedoch zu denken geben: Liegt es am Publikum? Liegt es an den Inhalten? Liegt es an Formulierungen? Andererseits: Vielleicht ist das ja auch normal – schließlich gibt es keinen objektiven Journalismus.

11 | Worüber möchten Sie mehr lesen (Mehrfachnennungen möglich)?

Frage 11

Die Lesenden eines Lokal- und Regionalmagazins interessiert vor allem Lokales und Regionales, das ist wenig überraschend. Aber immerhin wollen über ein Viertel des bisherigen Publikums mehr Kommentare, mehr Satirisches, mehr Kultur, mehr Schweiz, mehr Arbeitswelt. Wir nehmen das als Aufgabe …

12 | Könnten Sie sich vorstellen (Mehrfachnennungen möglich) …

Frage 12

Rund die Hälfte derer, die diese Frage beantwortet haben, können sich den Besuch einer Seemoz-Veranstaltung vorstellen. Und ein Viertel würde evtl. dem Verein beitreten. Das stimmt positiv. Die regelmässigen BeitragszahlerInnen (knapp 14 %) sind im Vergleich dazu fast zu vernachlässigen.

Facebook

Insbesondere die schwer männerlastige Schieflage bei der Geschlechterverteilung der seemoz-NutzerInnen hat uns natürlich keine Ruhe gelassen, und so haben wir die Statistiken, die Facebook zur Verfügung stellt, zu Rate gezogen. Und hier ergibt sich dann ein anderes Bild.

Facebook-Statistik

Ein Blick auf die statistischen Werte unseres Facebook-Auftritts erhärtet die Zweifel an der Repräsentativität der Umfrage-Ergebnisse insbesondere bei den Fragen nach Geschlecht und Altersverteilung der LeserInnenschaft. Sowohl bei den „Fans“ unserer Seite, als auch bei den erreichten und den interagierenden Personen („Liken“, Kommentieren, Teilen) liegen wir hier weit näher am Durchschnitt der Online-Community, als die Ergebnisse unserer Umfrage nahelegen. Da die „Grundgesamtmenge“ der Facebook-Statistik sehr viel größer ist, als die der Umfrage (aktuelle Gesamtreichweite mehr als 6300, Interaktionen mehr als 1300), kommen diese Zahlen der Wahrheit über das unbekannte Wesen LeserIn ziemlich sicher näher.

pw/jüg