Herzklinik: Mit 35 Franken die Stunde fing alles an
Wann immer wir über die Herzkliniken in Konstanz und Kreuzlingen berichten, erreichen uns zusätzliche Informationen, die in ihrem Umfang täglich zunehmen – und bisweilen kaum zu glauben sind. Nicht nur wir mutmaßen, dass in dieser Angelegenheit bald eine Bombe platzt, deren Donnerhall weiter über die Region hinaus zu hören sein wird. Dagegen liest sich die Schmonzette aus dem letzten Jahrtausend wie Schnee von gestern, verdeutlicht aber durchaus ein System, das sich über Jahrzehnte hinweg aufgebaut hat
Ein uns bekannter seemoz-Leser schreibt: „Ich habe vor ca. 25 Jahren als Aushilfe in den Semesterferien im Herzzentrum Kreuzlingen gearbeitet. Die Klinik trug damals unter den Angestellten den Beinamen „Schwanzklinik“. Warum, das habe ich schnell begriffen. Im Aufenthaltsraum herrschte eine sehr ungezwungene Stimmung. Während der Arbeit soffen die Chirurgen Champagner mit den Schwestern. Sogar während der Operationen gab es Champagnerpausen. Die Fluktuation unter den OP- und Intensivschwestern war entsprechend groß. Ich habe damals als Aushilfe ein Schweinegeld verdient. 35 SrF. in der Stunde plus Nachtzuschläge und Sonntagszuschläge. Da kamen manchmal knapp 50 SfR. in der Stunde zusammen. Das Ganze wurde natürlich schwarz ausbezahlt. Man durfte sich an der Grenze nicht erwischen lassen und uns wurde gesagt, wir sollten eben immer einen anderen Übergang benutzen. Das war eine Wahnsinnszeit und ich unterhalte mich noch immer mit ehemaligen Arbeitskollegen staunend darüber, wie es damals dort zuging“.
Soweit die noch halbwegs amüsanten Erinnerungen eines früheren studentischen Mitarbeiters der Herzklinik. Der Schnee von heute aber hat eine andere Qualität. Von nicht zugelassenen Herzklappen ist die Rede, von Ärzten ohne die nötige Zulassung, von undurchsichtigen Geschäften und auch davon, dass hier eventuell Millionen Euro in dunklen Kanälen verschwunden sind oder Gelder verschoben wurden. MitarbeiterInnen sollen unter Druck gesetzt worden sein und die Stimmung unter der Belegschaft sei völlig im Keller. Langjährige Mitarbeiter werden entsorgt, andere denken an Kündigung oder haben die Klinik bereits verlassen. Die Staatsanwaltschaft Konstanz ermittelt – und lässt sich viel Zeit. Anfragen werden abgeblockt oder nur sehr zurückhaltend beantwortet. Und in steter Regelmäßigkeit wird darauf verwiesen, dass es sich eben um „ein laufendes Verfahren“ handele und man nichts Genaues sagen könne oder dürfe, um die Ermittlungen nicht zu erschweren.
Das geht nun schon seit Monaten so. Kein Wunder, dass in diesem Gestrüpp auch grenzübergreifende Spekulationen wuchern und blühen. Hinter vorgehaltener Hand werden Fragen in Konstanz und Kreuzlingen gestellt: Gibt es personelle Verflechtungen, die dazu führen, dass es allem Anschein nach nicht so richtig vorangehen mag mit der Aufklärung? Will man bekannte Persönlichkeiten nicht mit hineinziehen in diesen Sumpf, der viel tiefer zu sein scheint als anfangs vermutet? Fasst man im Thurgau die Betreiber der Klinik mit Samthandschuhen an, weil in Münsterlingen für rund 50 Millionen Franken ein neuer Klinikbau entstehen soll? Dass nun auch die baden-württembergische Gesundheitsministerin Katrin Altpeter „Konsequenzen“ in Sachen Herzklinik von deutschen Krankenkassen fordert, sollte ehemaligen und gegenwärtigen Krankenkassen-Bossen wie den ermittelnden Behörden Anlass genug sein, die Karten auf den Tisch zu legen.
Seit Tagen melden sich ehemalige und noch in den Kliniken tätige MitarbeiterInnen und versorgen uns mit aktuellen Informationen. Meist tun sie das anonym. Dafür haben wir grundsätzlich Verständnis, denn viele haben Angst um ihren Arbeitsplatz, fürchten Schikanen von Arbeitgeberseite oder sorgen sich um ihre berufliche Zukunft. Dennoch bitten wir all jene, die uns bislang informierten und auch jene, die es in Zukunft zu tun gedenken: Treten Sie mit uns direkt in Kontakt und wir versichern hiermit öffentlich: Alle Hinweise werden von uns streng vertraulich behandelt und wir garantieren Informantenschutz.
Autor: HP Koch und Holger Reile
Geschätzter, unbekannter Insider: Dann machen wir mit dem Namenspuzzle weiter! Rechtsanwalt Besuden hat heute die Presseerklärung für die Klinik abgegeben. Demnach ist alles aus der Luft gegriffen. Da die Staatsanwaltschaft klare Position bezogen hat, sind diese Fronten zumindest geklärt. Das mit den Herzklappen ist ja auch nicht ganz neu. Liegt das Urheberrecht dafür nicht irgendwo bei irgendjemandem in Tuttlingen?
Und mit der Barmer auch der damalige CDU-Landtagsabgeordnete Andreas Hoffmann, der sich sehr für die Kassenzulassung einsetzte und sich liebend gern mit Costa ablichten liess. Wer weiss, was da alles gemauschelt wurde…
Kompliment für das Öffentlich-Machen dieses Klinik-Komplexes! Und seit heute wissen wir auch, dass eine bestimmte Tageszeitung immer schon alles wusste und akribisch recherchierte! Ich kann mich sehr gut an die Anfangszeiten erinnern, als es um das Placet der deutschen Krankenkassen ging. Da war die Barmer auf mehreren Ebenen Vorreiter. Und da gab es einen Dr. Hansen, der seine besondere Liebe für die Investoren der Herzklinik entdeckt hatte. Ich hatte damals die NZZ um Hilfe gebeten. Bei den Inhabern landeten wir bei einer westschweizer Bank in Genf, die 48 Prozent halten sollte.
Zuletzt habe ich mich nur gewundert, welche Patienten in der Herzklinik landeten, wo man doch am Anfang ganz andere hehre Ziele hatte! Vor den Folgen der Herzklink für die ganze Krankenhauslandschaft habe ich damals gewarnt. Doch plötzlich gab es nur noch Jubelstimmung um Costa und Co.