#Druck.Machen. Working Class Heroes
Sie traten bisher in der Zimmerbühne in der Niederburg auf und kommen jetzt eigens für das Festival der Solidarität der Konstanzer Mediengewerkschaft wieder hier her: das US-schweizerische Duo Mat Callahan und Yvonne Moore. Am Freitag präsentieren sie im Bürgersaal alte und neue Lieder der nordamerikanischen und irischen Arbeiter:innen-Bewegung.
„Revolutionäre Songs statt sentimentalem Folk“ – so umriss Mat Callahan einmal in einem Interview mit der Schweizer Wochenzeitung WOZ das Konzept seines Schaffens, denn ohne „poetischen Ausdruck“, ohne das „fröhliche, trotzige Singen revolutionärer Lieder“ sei keine Umwälzung möglich. Zu diesem Schluss, so Callahan, sei schon der irische Arbeiterführer James Connolly (1868–1916) gekommen. Und davon ist der 1951 in San Francisco geborene Singer-Songwriter, Produzent, Buchautor und Aktivist weiterhin überzeugt.
Groß geworden in der US-amerikanischen Bürgerrechts- und Antivietnamkriegsbewegung mit ihrer vielfältigen Widerstandskultur, hatte Callahan früh Protestlieder zu schreiben und zu singen begonnen. Er arbeitete mit dem vielen noch bekannten Sänger Pete Seeger zusammen, gründete in San Francisco mehrere Bands (darunter „Prairie Fire“ und mit „The Looters“ die erste US-Band, die im sandinistischen Nicaragua auftrat). Ab 1986 war Callahan federführend am Kulturkollektiv Komotion International in San Francisco beteiligt, dessen Motto er so formulierte: „Weil wir das Leben und den Kampf feiern / weil wir nicht zufrieden sind / weil es auf uns ankommt / weil wir gern singen und tanzen … / weil es Regierungen gibt und Grenzen und Polizei und Gerichte …“
Aber gibt es diese radikale musikalische Tradition noch, die von den Arbeiterhymnen zur schwarzen Musik, zu den Gospels, zum Blues, zu den Gesängen der Bürgerrechtsbewegung reichte? Der Musikindustrie sei es gelungen, die Protestkultur der sechziger und siebziger Jahre zu kommerzialisieren, sagt Callahan (siehe dazu auch sein Buch „The Trouble With Music“). Diese habe es geschafft, die einst gemeinschaftsstiftende Musik in etwas zu verwandeln, das die Menschen isoliert, weil sie die Stars in den Vordergrund rückte. Andererseits aber gebe es sie noch: die antifaschistischen Songs, die Antikriegs- und Anti-AKW-Lieder, die Resonanz auf Auftritte von Konstantin Wecker und anderen.
Allerdings, so schränkt er ein, ersetze selbst der „beste revolutionäre Song keinen Streikposten“. Musik allein bewirke noch keine Revolution – aber weil sie mitunter mehr Menschen erreichen könne als so manches rationale Argument und Emotionen zu transportieren vermag, „kann sie zu einer besseren Welt beitragen“.
Gemeinsam mit Yvonne Moore
Und so arbeitet Callahan, den es 1999 in die Schweiz verschlug, wo er die (1963 in Schaffhausen geborene) Yvonne Moore kennen und lieben lernte, weiter. Gemeinsam mit der Bandleaderin und großartigen Sängerin gastiert er regelmäßig in den USA, in Irland und Britannien, natürlich auch in der Schweiz. Mit ihr und anderen Musiker:innen nahm er 2013 unter dem Namen „The James Connolly Songs of Freedom Band“ ihr drittes Album mit Liedern der irischen Revolutionärs auf, deren Texte erhalten geblieben waren, die er aber großteils neu vertonte.
2019 folgte mit „Working Class Heroes“ eine Sammlung von US-amerikanischen Arbeiter:innen-Liedern, die Moore in Zuge einer längeren Recherche entdeckt hatte. Im April (2022) veröffentlichten sie die CD und das Buch „Songs of Slavery and Emancipation“, die sie im Juni in New York vorstellen werden. Und demnächst werden die beiden die von einem norwegischen Plattenlabel produzierte Doppel-LP „It’s Right to Rebel“ herausbringen – ein Lied daraus erschien vor kurzem als Single. Titel: „Free Leonhard Peltier“, eine Hommage an den Vorkämpfer des American Indian Movements und Bürgerrechtsaktivisten, der seit 45 Jahren in US-Haft sitzt
Im Bürgersaal, nicht im Kula!
Die Songs ihrer letzten Alben sind auf der Website von Mat und Yvonne zu hören. Wer sie aber mal in der Zimmerbühne erlebt hat, weiß, was er oder sie dann verpasst: Vor Publikum laufen die beiden jeweils zu großer Form auf. Am Freitag, 27. Mai, 20 Uhr. Im Bürgersaal, St. Stephansplatz 17, Konstanz. (Ursprünglich sollte das Konzert im Joseph-Belli-Weg 5 (Kula) stattfinden, wurde aber vom Kulturladen abgesagt. Daraufhin hat das 150-Jahr-Team des Medienortsvereins beschlossen, die Sache in die eigene Hand zu nehmen.) Eintritt: 15 Euro.
PS: Das Konzert ist der letzte große Event des Festivals der Solidarität, das die Mediengewerkschaft:innen des ver.di-Ortsvereins Medien+Kunst Konstanz anlässlich ihres 150-Jahr-Jubiläums in Kooperation mit Kula und dem Zebra-Kino organisierten.
Die Ausstellung zu 150 Jahre Kampf für Demokratie und soziale Rechte in Konstanz ist bis Samstag, den 29. Mai, geöffnet (bis Fr 16–19h, Sa 11–15h, und am Freitag zusätzlich 11–13h).
Die letzte Gelegenheit, sie zu betrachten, besteht am Sonntag, 29. Mai, 11 Uhr bei der Lesung aus Werken Konstanzer Gewerkschafter:innen.
Text: Pit Wuhrer
Fotos: Website Mat&Yvonne
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