Die Provinz lebt (46): Extinction Rebellion Konstanz
Wie sehr wir alle von der Natur abhängen, demonstriert gerade die aktuelle Krise. Dies sollte uns zu denken geben. Denn die menschlichen Lebensgrundlagen auf der Erde kollabieren im Zuge der Klimaerhitzung – und die Regierungen schauen zu. Dieser Politik widersetzen sich viele Initiativen und Gruppen unserer Serie „Die Provinz lebt“, in der noch Platz für die Selbstdarstellung weiterer basisnaher Organisationen ist. Heute stellt sich die Konstanzer Gruppe von Extinction Rebellion vor.
Name: Extinction Rebellion Konstanz (XR Konstanz)
Unser Anliegen: Extinction Rebellion (XR) heißt übersetzt etwa: Aufstand gegen das Aussterben. Wir sind eine internationale, gesellschaftspolitische Bewegung. Unser Ziel ist es, den umfassenden und tiefgreifenden Wandel herbeizuführen, der notwendig ist, um unsere Lebensgrundlage auch für künftige Generationen zu sichern. Wir wollen erreichen, dass die Klimakrise und andere ökologische Krisen wie der Verlust der Artenvielfalt als die existenziellen Krisen, die sie sind, angesehen werden. Mit friedlichem zivilem Widerstand wollen wir unsere Regierungen dazu bewegen, den ökologischen Notstand zu erklären und den gesetzlichen Rahmen zu schaffen, damit jetzt sofort gehandelt wird, um bis 2025 klimaneutral zu werden und das Artensterben zu stoppen. Die Regierung soll dazu eine BürgerInnenversammlung einberufen, die über die notwendigen Maßnahmen gegen die ökologische Katastrophe und für Klimagerechtigkeit berät und mehrheitsfähige Lösungen findet.
Wie wir arbeiten: Aktionen in Konstanz, Aufklärungsarbeit sowie Mobilisierung für Massenaktionen des friedlichen zivilen Ungehorsams.
Uns gibt es seit: Januar 2019
Wir sind derzeit: Etwa 50 Menschen aus Konstanz und Umgebung.
Wir finanzieren uns durch: Wir machen alles ehrenamtlich in unserer Freizeit, neben Beruf, Studium und/oder Familie. Es fallen Kosten für Raummieten, Flyer, Plakate, Farben und ähnliches an. Diese Kosten decken wir durch Spenden.
Wir wünschen uns: Viele, viele Menschen, die für Klima- und Artenschutz aktiv werden. Erica Chenoweth, eine US-amerikanische Politikwissenschaftlerin, hat 323 Proteste der letzten 100 Jahre untersucht und kam zu dem Ergebnis, dass alle Protestbewegungen, die einen Schwellenwert von 3,5 Prozent der Bevölkerung mobilisieren konnten, erfolgreich waren. Das sollte doch zu schaffen sein.
Das waren bisher unsere größten Erfolge: In Konstanz die Erstreitung einer Parkplatz-Rückeroberungs-Aktion des Stephanplatzes gegen die Stadt. Für einen Tag verwandelten wir den Stephansplatz in einen Lebensraum. Höhepunkt war aber die Rebellionswelle in Berlin im Oktober 2019, für die wir über 30 Menschen aus Konstanz mobilisieren konnten. Als Reaktion auf das unzureichende Klimapaket der Regierung blockierten wir mehrere Tage lang den großen Stern und andere wichtige Plätze und Straßen in Berlin.
Aber es gibt auch Probleme: Die Klimakrise und das Artensterben sind für viele Menschen abstrakte Themen. So stößt unser Anliegen bei manchen auch auf Unverständnis oder Ablehnung. Auch die Wahl unserer Aktionsformen, wie Straßenblockaden, sind nicht für alle nachvollziehbar. Aber die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass Demonstrationen und Petitionen alleine nicht ausreichen, um die politische Untätigkeit in Sachen Klimakrise zu überwinden.
Wir würden uns über MitstreiterInnen freuen, und zwar: Alle, die unseren Prinzipien und Werten zustimmen und diesen folgen, können im Namen von Extinction Rebellion aktiv werden. Ihr braucht keine Erlaubnis, um teilzunehmen oder Aktionen durchzuführen. Wir sind dezentral – in Arbeits- und Ortsgruppen – organisiert. Wir freuen uns über jede Person, die mitmacht!
Uns kann man hier erreichen: Wöchentliches Plenum mittwochs 19 Uhr. In der Coronakrise findet dieses als online-Plenum statt. Kontakt per E-Mail: konstanz@extinctionrebellion.de
Was es sonst zu sagen gibt: Die Entscheidungen und Handlungen unserer Regierungen stehen in keinem Verhältnis zu der elementaren Bedrohung und der fortschreitenden Zerstörung unseres Lebensraums und unserer Verpflichtung gegenüber nachfolgenden Generationen. Daher rufen wir zur gewaltfreien Rebellion auf, um gemeinsam die Klimakatastrophe abzuwenden. Die Coronakrise zeigt, wie entschlossen Regierungen handeln können, wenn es um so etwas Existenzielles wie das Leben selbst geht.
Wir sind auch online präsent: Am besten über uns informiert bleibt man in unserem Telegram Info-Kanal. Wir haben aber auch eine Website mit Newsletter und sind auf Facebook, Twitter und Instagram zu finden.
Die Reihe wird am kommenden Donnerstag fortgesetzt mit der Initiative 83 Konstanz integriert.
Wer sich an unserer Reihe „Die Provinz lebt“ beteiligen möchte: Eine E-Mail an info[AT]pit-wuhrer.de genügt.
Bisher sind erschienen:
11.03.19 | Solidarity City
18.03.19 | Stolpersteine Konstanz
21.03.19 | Arbeitskreis Müll
25.03.19 | Animal Pride
28.03.19 | VVN-BdA
01.04.19 | OAT Konstanz
04.04.19 | Solibündnis Rojava
08.04.19 | Foodsharing Konstanz
11.04.19 | Seebrücke Konstanz
15.04.19 | Zukunft Zoffingen
18.04.19 | Terre des Femmes
23.04.19 | Gemeinwohlökonomie Konstanz
25.03.19 | inSi – Integration in Singen
29.04.19 | StadtPlanZukunft
02.05.19 | Café Mondial
06.05.19 | Good Grapes for a Better Life
09.05.19 | Aufstehen Ravensburg
13.05.19 | Trampolin Bodensee
16.05.19 | Buchladen Zur Schwarzen Geiß
23.05.19 | Jugendkultur Contrast
27.05.19 | Unterseeschule Radolfzell
03.06.19 | Solidarische Landwirtschaft Konstanz
06.06.19 | WohnWerkstatt
13.06.19 | Aktionsbündnis Ciclo
17.06.19 | Frauen helfen Frauen in Not
24.06.19 | Weltladen Konstanz
27.06.19 | Foodsharing Singen
01.07.19 | Konstanzer Bündnis für gerechten Welthandel
04.07.19 | Greenpeace Bodensee
08.07.19 | Verein Bürgerpark Büdingen
11.07.19 | Freundeskreis Asyl Radolfzell
15.07.19 | Cradle to Cradle Bodensee
18.07.19 | Keine Waffen vom Bodensee
22.07.19 | attac Tettnang
25.07.19 | seemoz e.v.
05.03.20 | Fridays For Future Konstanz
09.03.20 | Initiative Bodensee-S-Bahn
12.03.20 | Deutsch-Äthiopischer Verein Bodensee
16.03.20 | Antirassismus Treff CaBi, St.Gallen
19.03.20 | Refugee Law Clinic Konstanz
23.03.20 | Miteinander in Konstanz e.V.
26.03.20 | Netzwerk Bürger-Engagement
30.03.20 | Mittelbau-Initiative Konstanz
02.04.20 | Fridays for Future Singen
Zweifelsohne sind die Ziele von „Extinction Rebellion“ ehrenwert. Und es ist in Zeiten, in denen uns die Dramatik des Klimawandels eindrücklich vor Augen geführt wird, sicherlich notwendig, mit Nachdruck darauf zu beharren, endlich mehr gegen die Emission von Treibhausgasen, mehr für den Naturschutz und gegen die Ausbeutung der Schöpfung zu tun. Dennoch habe ich vor allem mit der Vorgehensweise der Bewegung arge Probleme: Man kann sich darüber streiten, inwieweit Formen des Ungehorsams nützlich, hilfreich und nötig sind, um die Aufmerksamkeit von Politik und Bevölkerung für die eigenen Forderungen zu gewinnen. Ich halte es in einer Demokratie allerdings für unangebracht, die Bürger für die persönliche Zielsetzung in Geiselhaft zu nehmen. Eingriffe in das öffentliche Leben, in die Sicherheit und Ordnung einer ganzen Stadt, erscheinen nach meinem Dafürhalten völlig unverhältnismäßig und dienen eher dem Selbstzweck als einem Fokus auf bestimmte Anliegen.
Zudem fehlt mir in der Formulierung der Positionen bei „Extinction Rebellion“ der soziale Aspekt: Ich bin überzeugt, dass wir die Klimakatstrophe nur dann abwenden können, wenn wir alle Menschen mitnehmen. Dazu bedarf es einer Gerechtigkeitsdebatte. Sich lediglich für Verbote, Gesetzesverschärfungen und radikales Umdenken einzusetzen, das scheint aus meiner Sicht unzureichend. Wir müssen gerade die mitnehmen, die kein Geld für eine neue Heizung haben, nicht auf das Auto verzichten können und finanziell keine großen Sprünge machen können, um den Alltag nachhaltiger zu gestalten. Eine Wende kann es für mich nur dann geben, wenn wir unser gesellschaftliches System auf den Prüfstand stellen. Nein, ich befürworte keinen DDR-Sozialismus, jedoch massive Einschnitte für die, die in Geld und Vermögen baden und sich von allen Auflagen freikaufen können. Zum Klimastreik muss sich ein hörbares Zeichen gegen den Kapitalismus gesellen. Davon höre ich vonseiten der Umweltaktivisten definitiv zu wenig.